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Seine Vertretungsbefugnis richtet sich
nach dem Gesetz, vgl Z 754 und hierzu
Gaupp-Steina.a O. 754 Il.
Entsprechend seiner Doppelstellung haf-
tet der Gerichtsvollzieher für fahrlässige
Pflichtverletzung gegenüber dem Auftrag-
geber nach B 675, gegenüber dem Gegner
und Dritten nach B 839. Lindemann.
Geringes Versehen s. Verschulden.
Geringstes Gebot. In der Grund-
stückszwangsversteigerung besteht nach
dem Reichsgesetz vom 24. März 1897
— im Anschluß an das frühere preußische
Gesetz vom 13. Juli 1883 — das sog
Deckungsprinzip: Das Befriedigungsrecht
des Antragstellers der Zwangsversteige-
rung (des betreibenden Gläubigers) darf
nur zur Verwirklichung gelangen ohne
Beschädigung der dem Rechte jenes Gläu-
bigers vorgehenden Rechte und An-
sprüche ; soweit die letztgedachten Rechte
an dem Grundstück — es sei infolge Ein-
tragung oder ausnahmsweise ohne diese —
bestehen, bleiben sie deshalb, der Ver-
steigerung ungeachtet, auch ferner fortbe-
stehen; soweit die vorgedachten An-
sprüche auf Barzahlung gerichtet, müssen
sie durch Zahlung gedeckt werden; nur
ein Gebot, das diese Voraussetzungen er-
füllt, ist zulässig.
Die Feststellung dieser durch die Zg
44, 49, 52 aufgestellten gesetzlichen Ver-
steigerungsbedingung bildet den Zweck
und den Inhalt des g(eringsten) G(ebots).
1. Die Bezifferung des „gG“. |
Das preußische Gesetz vom 13. Juli
1883 umfaßte unter gG die Summe sämt-
licher Beträge der bestehen bleibenden
Rechte -+- der Summe der bar zu zahlen-
den Ansprüche und stellte dann fest, daß
von dieser Gesamtsumme die erstge-
dachte Summe zu übernehmen ist (sog
Anrechnungsprinzip) und nur die zweit-
gedachte Summe bar zu zahlen ist.
Das Reichsgesetz beziffert und begreift
terminologisch (ungeschickterweise) mit
den Worten „gG‘ nur dieSummeder (wie
erwähnt dem Rechte des betreibenden
Gläubigers bevorrechtigten und deshalb
unbedingt) bar zu zahlenden Anspruchs-
beträge. Die zweite — das Deckungs-
prinzip erfüllende — Voraussetzung des
ferneren Bestehenbleibens der dem Rechte
des betreibenden Gläubigers vorgehen-
den, an dem Grundstück bestehenden
Rechte — die überhaupt nicht (z. B.
Grundgerechtigkeiten) oder zurzeit nicht
Gerichtsvollzieher — Geringstes Gebot.
(z. B. ungekündigte Hypotheken) auf Zah-
lung gerichtet sind — wird ausgeführt
durch die Festsetzung einer jenes Beste-
henbleiben aussprechenden Versteige-
rungsbedingung.
Terminologisch drückt diese Feststel-
lung des Bestehenbleibens des einzelnen
Rechts Zg 52 dahin aus: „Ein Recht bleibt
insoweit bestehen, als es bei der Feststel-
lung des gG berücksichtigt und nicht
durch Zahlung zu decken ist.‘
Auf Grund des ebengedachten Zg 52
und der Zg 37%, 64 und im Anschluß an
das vorbildliche preußische Gesetz und
endlich zwecks übersichtlicher Systematik
ist von dem Verfasser dieser Zeilen in
seinem Handbuch 8 9 unter teilweiser
Zustimmung in der Praxis vorgeschlagen
worden, für das Reichsgesetz terminolo-
gisch zu unterscheiden:
GG im weiten Sinne: umfassend: a. ein-
mal die an dem Grundstücke bestehenden
und, da dem Recht des betreibenden Gläu-
bigers vorgehend, bestehen bleibenden
Rechte; und ferner ß. die Ansprüche be-
greifend, welche dem Rechte des betrei-
benden Gläubigers vorgehen und durch
Zahlung aus dem Grundstücke zu befrie-
digen sind.
GG im engen Sinne, also im regel-
mäßigen Sprachgebrauch des Reichs-
gesetzes: nur die soeben unter ß aufge-
führten Ansprüche umfassend.
2. Die Grundlagen für die Feststellung
des gG (im weiten Sinne) bilden:
a. Anmeldungen: Diese sind bis zu dem
Moment, wo im Versteigerungstermin
zum Bieten aufgefordert wird, vorzuneh-
men und ferner glaubhaft zu machen, so-
fern der betreibende Gläubiger (nur die-
ser, anders im Falle Zg 9, der nur die
aktive Teilnahmebefugnis in dem Ver-
fahren bis zur Versteigerung betrifft)
widerspricht.
Der Anmeldung bedürftig sind alle
Rechte, welche überhaupt nicht oder
wenigstens zur Zeit der Eintragung des
Versteigerungsvermerks nicht aus dem
Grundbuch hervorgehen (Ausnahmen
unten); ferner Rechte, die zwar im Grund-
buch eingetragen, deren Umfang und In-
halt aber aus dem Grundbuch nicht er-
hellt. (Ausnahmen Ziff. 3.)
b. Eintragungen im Grundbuch: Diese
betreffen vor allem Hypotheken, Grund-
und Rentenschulden. Solche eingetrage-
; nen Rechte sind von Amts wegen nach