Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

Gesandte — Geschäftsfähigkeit. 
schließlich bei einer Gesandtschaft ad hoc, 
wenn ihr Auftrag erledigt ist. 
VIl. Die vier Rangklassen der charak- 
terisierten G sind: außerordentliche und 
bevollmächtigte Botschafter, — außer- 
ordentliche G und bevollmächtigte Mi- 
nister, — Ministerresidenten, — ständige 
Geschäftsträger. In bezug auf den Rang 
geht die höhere Klasse der niederen vor; 
innerhalb der Klasse entscheidet die lo- 
kale Anziennität. 
1. Der Botschafter ist beim Oberhaupte 
des Empfangsstaates beglaubigt und ver- 
tritt den Absendestaat und zugleich des- 
sen Herrscher. Der Botschafter hat di- 
rekten Verkehr mit dem Oberhaupte des. 
Empfangsstaates und kann jederzeit die 
Gewährung einer Privataudienz ohne Ver- 
mittelung des Auswärtigen Amtes be- 
anspruchen;; dieser völkerrechtliche Satz 
wird allerdings für konstitutionelle Staa- 
ten bestritten. Dem Botschafter kommt 
der Titel Exzellenz zu; er wird in feier- 
licher Antrittsaudienz beim Staatsober- 
haupte und dessen Gemahlin empfangen ; 
er hat das Bedeckungsrecht, d. h. er darf 
in der Antrittsaudienz den Hut aufsetzen 
zum Zeichen der Gleichheit mit dem 
Staatshaupte; er hat ferner das Recht 
auf die erste Visite seitens der Mitglieder 
des diplomatischen Korps und der Hof- 
gesellschaft (besondere Hofansage), er 
hat das Recht auf Baldachin mit Thron- 
sessel in seinem eigenen Empfangssaale, 
seine Auffahrt bei feierlichen Gelegenhei- 
ten erfolgt sechsspännig (die Köpfe der 
Pferde werden mit rotseidenen Quasten 
dekoriert), die Frau des Botschafters hat 
einen Ehrensitz auf einem Sessel ohne 
Lehne in der Gegenwart der Frau des 
Herrschers (droit de tabouret). 
2. Außerordentliche G und bevollmäch- 
tigte Minister sind G zweiter Klasse; sie 
werden beim Oberhaupte des Empfangs- 
staates beglaubigt, vertreten aber nicht die 
Person ihres Herrschers, sondern nur die 
Staatsregierung. 
3. Die Ministerresidenten waren (nach 
dem Wiener Reglement) in gleicher Stel- 
lung mit der heutigen vierten Klasse, bil- 
den aber auf Grund des Aachener Proto- 
kolls eine besondere dritte Klasse, wenn 
sie beim Oberhaupte des Empfangsstaa- 
tes beglaubigt werden. 
4. Ständige Geschäftsträger (charges 
d’affaires) sind G vierter Klasse und nur 
  
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beim Auswärtigen Amte, nicht beim Herr- 
scher beglaubigt. 
VIl. Halbdiplomaten. Wenn ein G 
nicht entsendet werden darf (z. B. an 
einen halbsouveränen Staat) oder zu kost- 
spielig ist, oder wenn Bedenken gegen 
die Absendung bestehen, werden Halbdi- 
plomaten entsandt, d. h. Personen ohne 
vollen diplomatischen Charakter. Man 
unterscheidet: 1. Agenten und Kommis- 
säre, welche mit offizieller Vollmacht aus- 
gestattet werden und sich eines offiziellen 
Empfanges erfreuen; sie dienen als Unter- 
händler bei Geschäften, wo besondere 
technische Kenntnisse erforderlich sind ; — 
2. Agenten und Kommissäre mit offizieller 
Beglaubigung, deren Empfang nur in be- 
sonderer Audienz stattfindet; — 3. ge- 
heime Agenten, negociateurs secrets, de- 
nen halbe Exterritorialität zugestanden 
wird. 
IX. Nicht zu den Halbdiplomaten ge- 
hören: 1. Privatagenten mit Beglaubigung 
und mit Empfang, welche nur Privatge- 
schäfte des Souveräns oder des Fiskus be- 
sorgen, z. B. Heiratsvermittler, Geldver- 
mittler; — 2. zeitweilig auf fremdem 
Staatsgebiete tätige Grenzbeamte, welche 
nicht verhaftet werden dürfen, wenn sie 
auf Grund bestehender Verabredungen 
die Grenze überschreiten; — 3. heim- 
liche Agenten, die als politische De- 
tektivs zur Überwachung verdächtiger 
Staatsangehöriger im Auslande geduldet 
werden. — Dagegen sind die agents pro- 
vocateurs (s. d.) Emissäre für unerlaubte 
politische Zwecke; sie sind strafrechtlich 
zu behandeln. 
Gentilis de legationibus, 1585; Krauske Ent- 
wickelung der ständigen Diplomatie, ‚von Holtzen- 
dozit t Apndb VölkerB 1 380; 8 867; 8 641, 667, 673; 
ber die G des Papstes siehe logatl. P. 
Geschäftsfähigkeit (BürgR). I. Die 
körperlichen und geistigen Verschieden- 
heiten beeinflussen die Verkehrsstellung 
der natürlichen Person. Das B unter- 
scheidet drei Altersstufen: 1. wer das 
7. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, 
ist ein Kind; — 2. wer das 7., aber noch 
nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, 
ist ein Minderjähriger; — 3. wer das 
21. Lebensjahr vollendet hat, ist ein Voll- 
jähriger. — Die Rechtsstellung eines Voll- 
jährigen hat auch derjenige, welcher für 
volljährig erklärt ist. 
Hierfür bestehen drei Mußvoraus- 
setzungen: 1. der Minderjährige muß 
18 Jahre alt sein, — 2. er muß selbst ein-
	        
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