Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

Geschäftsfähigkeit — Geschäftsherr. 
erklärt, dann gilt sie als verweigert. — 
3. Minderjährige können von 16 Jahren 
an ein mündliches öffentliches Testament 
(s. d.) errichten; ein Entmündigter kann 
ein Testament nicht errichten. 
Ausnahmen von der Beschränkung der 
G: 1. Taschengeld: mit Mitteln, die dem 
beschränkt Geschäftsfähigen nach B 110 
zu freier Verfügung überlassen sind, kann 
der Minderjährige selbst abgeschlossene 
Verträge erfüllen. — 2. Selbständiger Be- 
trieb eines Erwerbsgeschäftes mit Er- 
mächtigugg des gesetzlichen Vertreters 
und Genehmigung des Vormundschafts- 
gerichtes; jedoch keine Fähigkeit, Wech- 
sel zu zeichnen. — 3. Arbeits- oder Dienst- 
verhältnis mit Ermächtigung des gesetz- 
lichen Vertreters. P. 
Geschäftsführung ohne Auftrag ist 
die Besorgung eines Geschäftes für einen 
anderen, ohne von ihm beauftragt oder 
ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu 
sein, B 677. 
I. Bei der echten G ist das Geschäft so 
zu führen, wie das Interesse des Ge- 
schäftsherrn mit Rücksicht auf dessen 
wirklichen oder mutmaßlichen Willen es 
erfordert. 1. G in Kenntnis des entgegen- 
stehenden Willens des Herrn macht den 
Geschäftsführer schadensersatzpflichtig ; 
nur dann kommt ein entgegenstehender 
Wille nicht in Betracht, wenn ohne die 
G eine im öffentlichen Interesse liegende 
Pflicht oder eine gesetzliche Unterhalts- 
pflicht des Herrn nicht rechtzeitig erfüllt 
werden würde. — 2. Der Geschäftsführer 
hat jede Fahrlässigkeit zu vertreten, bei 
Gefahrabwendung nur Vorsatz und grobe 
Fahrlässigkeit. Er hat Anzeigepflicht. — 
3. Der Geschäftsherr hat, wenn die G 
seinem Willen entspricht, dem Geschäfts- 
führer die Aufwendungen zu ersetzen; 
ebenso wenn sie auch gegen seinen Wil- 
len zulässig war oder von ihm genehmigt 
wird. Hat der Geschäftsführer keinen An- 
spruch auf Verwendungen, so steht ihm 
ein Bereicherungsanspruch gegen den 
Herrn zu. — 4. G ohne Verpflichtungs- 
willen: dem Geschäftsführer steht ein 
Anspruch nicht zu, wenn er nicht die Ab- 
sicht hatte, von dem Geschäftsherrn Er- 
satz zu verlangen. Gewähren Eltern oder 
Voreltern ihren Abkömmlingen oder diese 
jenen Unterhalt, so ist im Zweifel anzu- 
nehmen, daß die Absicht fehlt, von dem 
Empfänger Ersatz zu verlangen. 
II. Unechte G liegt vor, wenn jemand 
  
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ein fremdes Geschäft als sein eigenes be- 
handelt, obwohl er weiß, daß er nicht 
dazu berechtigt ist, B 687 Abs 2. — S. 
auch negotiorum gestio. P. 
Geschäftsherr. Das B kennt wede 
eine allgemeine Haftung des Hausherrn 
für Personen seines Hausstandes noch 
eine allgemeine Haftung für Angestellte 
oder Kinder. Nach B 831 haftet aber, wer 
einen anderen zu einer Verrichtung be- 
stellt, für den Schaden, den der andere 
in Ausführung der Verrichtung einem 
Dritten widerrechtlich zufügt. Die Haf- 
tung dieses „G(e)s(chäftsherrn)‘ hat ihren 
Grund jedoch allein in dessen eigenem 
Verschulden. B 831 enthält somit eine 
Anwendung des Schuldprinzips, keine 
Ausnahme von demselben. Wer andere 
zu Verrichtungen bestellt, welche ihn 
selbst angehen, bringt Dritte in die Ge- 
fahr, von dem Bestellten, der in Ausfüh- 
rung nicht eigener, sondern fremder In- 
teressen tätig wird, geschädigt zu werden. 
Das Gesetz stellt demgemäß die Vermu- 
tung auf, daß den Gs in bestimmten Rich- 
tungen ein Verschulden treffe, und daß der 
Schaden auf diesem Verschulden beruhe. 
In Abweichung von der sonst geltenden 
Regel, daß, wer Schadensersatz bean- 
sprucht, das Verschulden des Ersatzpflich- 
tigen und den ursächlichen Zusammen- 
hang des Schadens mit dem Verschulden 
nachzuweisen hat, behandelt daher B 831 
Satz 2 den Fall, daß ein solches Ver- 
schulden oder der ursächliche Zusammen- 
hang fehlt, als die von dem Gs zu be- 
weisende Ausnahme: Die Ersatzpflicht 
tritt nicht ein, wenn der Gs bei der Aus- 
wahl der bestellten Person und, sofern er 
Vorrichtungen und Gerätschafien zu 
beschaffen oder die Ausführung der Ver- 
richtung zu leiten hat, bei der Beschaffung 
oder der Leitung die im Verkehr erforder- 
liche Sorgfalt beobachtet oder wenn der 
Schaden auch bei Anwendung dieser Sorg- 
falt entstanden sein würde. In dieser Um- 
kehrung der Beweislast, RG 50 409, ma- 
chen sich das Prinzip des aktiven Inter- 
esses (Merkel) und das Gefährdungs- 
prinzip (M. Rümelin) geltend. 
Zur Verrichtung bestellt ist jeder, der 
für einen anderen etwas tun soll. Bei der 
Allgemeinheit der Fassung des Gesetzes. 
ist es gleichgültig, ob die Verrichtung 
rechtsgeschäftlicher oder nur tatsächlicher 
Art ist, ob der Bestellte Vertretungsmacht 
hat oder nicht, ob die Bestellung nach
	        
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