Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

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zierten Person oder auf andere Weise 
(Benutzung unreiner Handtücher oder 
Becken) akquirierte. In einem von mir be- 
obachteten Falle hatte ein kleiner dreijäh- 
riger Knabe seine Gonorrhoe durch das 
Dienstmädchen, das gonorrhoisch infiziert 
war und die üble Angewohnheit hatte, das 
Kind in sein Bett zu nehmen, erworben. 
Die Untersuchung auf Gonokokken bei 
dem Knaben und die gleiche Untersu- 
chung mit gleichem Befund bei dem 
Dienstmädchen hellte den Tatbestand auf; 
nicht weniger aber das Geständnis der 
Magd, daß sie an dem Geschlechtsteile 
des Kindes gespielt habe! Die Infektion 
durch Syphilis kann in ähnlicher Weise zu- 
stande kommen, und auch bei ihr wird 
man zwecks Überführung des Täters in 
analoger Art vorgehen. Cohn. 
Geschlechtsorgane. Über die Ent- 
wickelung der G(e)sch(lechtsorgane) ist 
das Nötigste unter Geschlecht bereits er- 
wähnt. Das Fehlen oder die Mißbildung 
oder die Verstümmelung von Gsch ist in 
den einschlägigen, vorhergehenden Arti- 
keln gleichfalls berührt, z. B. in dem des 
Aspermatismus, der Fortpflanzung, der 
Eichelhypospadie u. ä Wichtig wird die 
Beschaffenheit der Gsch in Ehesachen,' 
bei denen häufig die absurdesten Behaup- 
tungen von seiten der Parteien aufgestellt 
werden und zur Prüfung stehen. Die 
Größe des Penis z. B. wird häufig als ein 
Grund dafür angeführt, der dem Zweck 
der Ehe hinderlich sei. Mit Unrecht; denn 
ein erigiertes Glied ist nie so lang wie die 
normale Länge des Scheidenkanals, und 
Insultationen der Scheidenportion des 
Uterus durch dasselbe sind daher sehr 
selten. Große, nicht zurückbringbare Vor- 
fälle der Gebärmutter, besonders wenn 
sie veraltet sind, machen die Frau aller- 
dings beischlafsunfähig und können als 
Ehescheidungsgrund recht wohl gelten. 
Dagegen werden Hindernisse wie z. B. 
große polypöse oder andere Geschwülste, 
die den Scheidenkanal oder auch den 
Scheideneingang verlegen, sich meist ope- 
rativ entfernen lassen und somit auch das 
angeschuldigte Unvermögen beseitigen 
können. 
Um das Geschlecht einer aufgefundenen 
und bereits in vorgeschrittener Fäulnis be- 
findlichen Leiche zu bestimmen, genügen 
die Verhältnisse des knöchernen Beckens. 
Gebärmutter und Vorsteherdrüse (beim 
Manne) bleiben allerdings noch sehr lange 
  
Geschlechtskrankheit — Geschlechtsteile. 
erhalten ; sind sie aber auch geschwunden, 
so kann noch aus der Tatsache, daß z. B. 
das Kreuzbein des Weibes breiter ist als 
das des Mannes, auf das Geschlecht ge- 
schlossen werden; ferner kommt in Be- 
tracht, daß der Beckeneingang des Man- 
nes kartenherzförmig, das ganze Becken 
trichterförmig ist und sich nach unten hin 
verengt. Der Beckeneingang des Weibes 
ist fast elliptischh die Beckenhöhlung 
gleicht einem Zylinder, — der Scham- 
fugenwinkel des Mannes ist spitz, der des 
Weibes weit und nähert sich einem Kreis- 
bogen. Ferner sind die Maße heranzu- 
ziehen, die beim weiblichen Becken durch- 
schnittlich größere sind als beim männ- 
lichen. Ä 
Beim weiblichen Geschlechte können 
Erkrankungen und Veränderungen der 
Lage der Gsch, z. B. Knickungen der Ge- 
bärmutter, Senkungen und Vorfall der- 
selben, zu nervösen, gemütlichen, selbst 
psychischen Anomalien Veranlassung ge- 
ben, zumal ja die aus jenen resultierende 
Sterilität (Unfruchtbarkeit) schon gemüt- 
liche Depressionen hervorzubringen ver- 
mag. Bei Männern hat eine Erkrankung 
der Gsch nicht die gleiche ursächliche Be- 
deutung, wenn sie auch nicht völlig sich 
ausschalten läßt, z. B. bei neuropathi- 
schen, durch sexuelle Prozesse ge- 
schwächten Individuen, die zuweilen an- 
läßlich eines gewöhnlichen Trippers oder 
auch einer völlig unschuldigen Hautab- 
schürfung des Gliedes an hypochondri- 
scher Melancholie mit der Wahnvorstel- 
lung, syphilitisch zu sein, erkrankten. 
Casper-Liman GerMedizin. Cobn. 
Geschlechtsteile. Mangel der äuße- 
ren oder inneren Geschlechtsteile. beim 
Weibe (Vagina, Uterus) verursacht Steri- 
lität. Das gleiche ist der Fall, sobald die 
Anhänge der Gebärmutter (Eileiter, Eier- 
stöcke) erkrankt oder miteinander ver- 
wachsen sind. Vornehmlich sind hierfür 
gonorrhoische Infektionen anzuschuldi- 
gen. Stenosen (Verengerungen) des inne- 
ren Muttermunds, weniger die des äuße- 
ren hindern gleichfalls häufig die Schwän- 
gerung, nicht minder Muskelgeschwülste 
der Gebärmutter, Polypen, Rückwärts- 
knickungen (Retroflexionen). Der Vaginis- 
mus wurde bereits in dem Artikel ‚‚Fort- 
pflanzungsfähigkeit‘ erwähnt. Ursprüng- 
lich wurde darunter ein Krampf der Mus- 
kulatur des Beckenbodens, speziell des Le- 
vator ani, verstanden; es ist dies die
	        
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