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ten Gesetzentwurf, auch wenn derselbe
z. B. unverändert vom Landtage angenom-
men worden ist, zu sanktionieren, er
braucht ihn nicht zu vollziehen und als
Gesetz zu publizieren. Sein Wille schafft
das Gesetz. Der König kann die Sanktion
erteilen, wann er will; diesbezüglich wäre
er zeitlich nur insofern gebunden, als mit
der Wahl eines neuen Abgeordnetenhau-
ses nach richtiger Ansicht wohl auch die
Möglichkeit der Sanktion eines durch die
frühere II. Kammer angenommenen Ge-
setzes entfällt.
Ein Gesetz erhält seine verbindliche
Kraft durch Bekanntmachung in der vom
Gesetze vorgeschriebenen Form, prV 106.
Die prVerfassung bestimmt selbst diese
Form, indem sie, prV 45, dem Könige die
Verkündigung der Gesetze zuweist. Min-
destens ein Staatsminister muß das Ge-
setz gegenzeichnen. Publikationsorgan ist
die PrGesetzsammlung in Berlin; die
Wirksamkeit eines prGesetzes beginnt
— mangels anderweitiger Bestimmung —
mit dem 14. Tage nach Ablauf desjenigen
Tages, an welchem die Ausgabe des be-
treffenden Stückes der Gesetzsammlung
in Berlin stattgefunden hat, prGes vom
16. Febr 1874. Die Publikationsformel
lautet: „Wir usw verordnen unter Zu-
stimmung der beiden Häuser des Land-
tages der Monarchie, was folgt:“
Die Lehrbücher des preußischen Staatsrechts, insbe-
sondere v. Rönne, Bornhak, Schulze, Meyer.
chwarz.
Gesetzliche Eigentumsbeschrän-
kungen s. Immission, Nachbarrecht.
Gesetzliche Erbfolge. Wenn ein
Mensch stirbt — oder für tot erklärt wird,
B 18 — geht sein Vermögen auf ein an-
deres Rechtssubjekt über. Im älteren deut-
schen Rechte zerfiel der Nachlaß in ver-
schiedene Massen, die nach ihrer Be-
schaffenheit auf die verschiedenen Erben
übertragen wurden; so fielen z. B. die
Lehnsgüter an den Lehnsfolger, die Heer-
geräte an den nächsten männlichen Ver-
wandten, an die überlebende Ehefrau das
Mußteil (Spezialsukzession). Anders im
römischen und gemeinen Recht, denen
sich die neueren Gesetzgebungen — auch
das ALR — sowie das B angeschlossen
haben. Nach diesen Rechten geht das ge-
samte Vermögen — Rechte und Pflich-
ten —, soweit es überhaupt vererblich ist,
als Einheit auf den Erben über. Werden
mehrere Personen zur Erbschaft berufen,
so stellt sich ihr Erbteil als ein Anteil an
Gesetzgebung in Preußen — Gesetzliche Erbfolge.
der Erbschaft als Ganzem dar, nicht etwa
als Recht auf einzelne Nachlaßgegen-
stände (Universalsukzession, vgl B
1922).
Die Auswahl seiner künftigen Erben
kann der Erblasser selbst durch Testament
oder Erbvertrag treffen, B 1937, 1941.
Unterläßt er es oder ist die errichtete
Verfügung von Todes wegen unwirksam,
vgl auch B 2028, oder kommt es aus an-
deren Gründen — etwa weil der einge-
setzte Erbe die Erbschaft ausschlägt oder
auf sie verzichtet oder für erbunwürdig er-
klärt ist, B 1953, 2344, 2352 — nicht zur
gewillkürten Erbfolge, so tritt die gesetz-
liche Erbfolge (die Intestaterbfolge des ge-
meinen Rechts) ein, d. h. das Gesetz be-
stimmt die zur Nachfolge berufenen Per-
sonen, vgl auch B 2066—2069. Aber auch
wenn dem Erwerb der Erbschaft durch
die eingesetzten Erben nichts entgegen-
steht, ist unter Umständen daneben auf
die Bestimmungen über die gesetzliche
Erbfolge zurückzugreifen, nämlich hin-
sichtlich des freigebliebenen Teils des
Nachlasses, wenn die Bruchteile, auf
welche die Erben eingesetzt sind, die
ganze Erbschaft nicht erschöpfen, B
2088 — Abweichung vom römischrecht-
lichen Grundsatz: nemo pro parte testa-
tus, pro parte intestatus decedere potest
—, sowie hinsichtlich der Zeit vor Eintritt
der Nacherbfolge (s. d.) im Falle des B
2105.
Die im B 1924—1936 geregelte gesetz-
liche Erbfolge betrifft nur die Vererbung
von Privatrechten, während öffentliche
Rechte, soweit sie überhaupt vererblich
sind, nach den Bestimmungen des Staats-
und Völkerrechts vererbt werden.
Die erbrechtlichen Vorschriften des B
müssen aber nach Einf-B 57 auch den
Landesgesetzen und Hausverfassungen
weichen, soweit es sich um landesherr-
liche und ihnen gleichgestellte Familien
handelt; das gleiche gilt für den in Einf-
B 58 erwähnten Adel. Unberührt bleiben
ferner die landesrechtlichen Bestimmun-
gen über Familienfideikommisse, Lehen
und Stammgüter, Einf-B 59; über Renten--
güter, Einf-B 62; über die im Einf-B 63
erwähnten Erbpachtrechte und über das
Anerbenrecht, ebd 64.
Im übrigen wird jeder seit dem 1. Jan
1900 verstorbene Erblasser nach den Vor-
schriften des B berbt, wenn er ein Deut-
scher oder heimatlos war, oder wenn das