Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

Gesetzliche Erbfolge. 
der ersten Ordnung geltenden Vorschrif- 
ten, B 1924 Abs 2—4, Anwendung. 
Von der vierten Ordnung an ist die 
Scheidung in Linien nach der Vaterseite 
und der -Mutterseite sowie die Erbfolge 
nach Stämmen aufgegeben; innerhalb 
einer Ordnung wird vielmehr der dem 
Grade nach nächste Verwandte berufen. 
Gesetzliche Erben der vierten Ordnung 
sind die Urgroßeltern und ihre Nachkom- 
men; lebt auch nur ein Urgroßelternteil, 
so erbt er, mehrere zu gleichen Teilen; 
nur wenn keiner von ihnen vorhanden ist, 
erbt der nächste Verwandte, gleichnahe 
teilen die Erbschaft, B 1928. Ebenso in 
der fünften und in den folgenden Ordnun- 
gen, B 1929. Eine Grenze für das Ver- 
wandtenerbrecht besteht nicht. 
II. Gattenerbrecht. Während im 
gemeinen Recht, abgesehen von dem An- 
spruch der armen Witwe auf einen Teil 
der Erbschaft, der überlebende Ehegatte 
erst hinter sämtlichen erbberechtigtenVer- 
wandten zur Erfolge berufen wurde, ha- 
ben deutschrechtlichen Anschauungen ent- 
sprechend die neueren Gesetzgebungen, 
insbesondere auch das ALR (II 621 ff), 
dem Ehegatten ein — abgestuftes — Erb- 
recht gewährt, durch welches das der Ver- 
wandten beschränkt, unter Umständen 
ausgeschlossen wird, vgl Dernburg 
Lehrbuch des preuß Privatrechts 3 190 ff. 
Ebenso das B 1931—1934, vgl Denkschr 
z. Entw-B. Voraussetzung für das Erb- 
recht des überlebenden Ehegatten ist eine 
gültige Ehe (s. Nichtigkeit, Anfechtung 
der Ehe) und ihr Bestehen bis zum Tode 
des erstversterbenden Gatten. Zu erwäh- 
nen ist, daß der Ehegatte einer sog Puta- 
tivehe, vgl B 1345, nicht erbberechtigt ist, 
auch wenn er in gutem Glauben war. 
(Anderer Ansicht nur Frommhold 
Erbrecht 15.) Von einem Erbrecht kann 
ferner keine Rede sein, wenn die Ehe 
rechtskräftig geschieden ist. Das gleiche 
muß für den Fall gelten, daß gemäß B 1575 
statt auf Scheidung nur auf Aufhebung der 
ehelichen Gemeinschaft erkannt ist, falls 
nicht vor dem Tode des Erblassers die 
Gemeinschaft wiederhergestellt ist. (An- 
derer Ansicht Staudinger B 5 34ff.) 
Nach B 1933 ist aber das Erbrecht des 
überlebenden Gatten schon dann ausge- 
schlossen, wenn der Erblasser zur Zeit 
seines Todes auf Scheidung wegen Ver- 
schuldens des andern Ehegatten, B 1565 
bis 1568, nicht 1569, zu klagen berechtigt 
  
639 
war, vgl B 1570 f, und die Klage auf Schei- 
dung oder auf Aufhebung der ehelichen 
Gemeinschaft bereits erhoben hatte; die 
Ladung zum Sühnetermin genügt nicht. 
(Anderer Ansicht Strohal Deutsches 
Erbrecht 53 Anm 6.) 
Die Höhe des Erbteils des überleben- 
den Ehegatten richtet sich danach, neben 
wem er zur Erbschaft gelangt. Neben Ver- 
wandten der ersten Ordnung — Kindern 
und weiteren Nachkommen des Erblas- 
sers — beträgt der Erbteil ein Viertel 
der Erbschaft. Die Hälfte fällt dem Ehe- 
gatten neben gesetzlichen Erben der zwei- 
ten Ordnung zu. Gehört er übrigens 
selbst zu diesen Erben, ist er also Nichte 
oder Neffe des Verstorbenen, so erhält er 
zugleich den ihm auf Grund der Verwandt- 
schaft gebührenden Erbteil, der gegen- 
über dem Gattenerbteil in jeder Be- 
ziehung als besonderer Erbteil anzusehen 
ist (B 1934, vgl B 1927). 
Auch neben Großeltern wird der Ehe- 
gatte zur Hälfte der Erbschaft berufen. 
Würden ohne sein Erbrecht neben Groß- 
eltern nach den für die dritte Ordnung gel- 
tenden Grundsätzen, B 1926, Nachkom- 
men von Großeltern zur Erbschaft ge- 
langen, so erhält der Ehegatte, außer sei- 
ner Hälfte, auch noch den auf diese Nach- 
kommen entfallenden Anteil an der andern 
Hälfte; er schließt also Oheime, Tanten, 
Vettern und Basen des Erblassers aus. 
Treffen beispielsweise mit dem Ehegatten 
die Großmutter mütterlicherseits und Ge- 
schwister beider Eltern des Erblassers zu- 
sammen, so fällt auf den Ehegatten zu- 
nächst die Hälfte der Erbschaft; verteilt 
man die andere Hälfte gemäß B 1926, so 
fällt ein Viertel davon — also ein Achtel 
der ganzen Erbschaft — auf die Groß- 
mutter, während der Rest — drei Ach- 
tel — für die Geschwister der Eltern aus- 
zuwerfen ist; dieser Teil gebührt dem 
Ehegatten außer seiner Hälfte. Würden in 
dem angegebenen Falle Geschwister der 
Mutter fehlen, so würde der Ehegatte die 
Hälfte und ein Viertel, die Großmutter ein 
Viertel erhalten, vgl B 1926 Abs 3 Satz 2 
und 1931 Abs 1 Satz 2. 
Gelangen schließlich weder Verwandte 
der beiden ersten Ordnungen noch Oroß- 
eltern zur Erbfolge, so ist der überlebende 
Ehegatte Alleinerbe. 
Wird er neben Verwandten der zweiten 
Ordnung oder neben Großeltern berufen, 
so gebühren ihm außer seinem Erbteile
	        
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