Gesindedienstvertrag.
vorpommern und Rügen, vom 19. Aug
1844 nebst Verordnung vom 21. Sept
1847 für die Rheinprovinz, wurden spä-
ter gegeben, diese können hier nicht be-
rücksichtigt werden, ebensowenig außer-
preußisches Recht. Das B läßt die
Landesgesetze über Gesinderecht unbe-
rührt, Einf-B 95. Nur setzt es fest, daß
B 104—115, 131, 278, 617—619, 624, 831,
840 Abs 2 und 1358 Anwendung finden,
8 617 aber nur insoweit, als die Landes-
gesetze dem Gesinde nicht weiterge-
hende Ansprüche gewähren, und daß dem
Dienstberechtigten kein Züchtigungsrecht
zusteht. Vgl auch prAusf-B 14 vom
20. Sept 1899.
Gesinde oder Dienstboten sind die zur
Leistung gewisser niederer häuslicher
oder wirtschaftlicher Dienste auf be-
stimmte Zeit gegen bestimmte Beloh-
nung gemieteten und in die häusliche
Gemeinschaft aufgenommenen Personen,
$ 1. Sind die Dienste höherer, mehr
geistiger und selbständiger Art, so ge-
hört der Dienstverpflichtete nicht zum
Gesinde, sondern er ist Hausoffiziant, wie
sich das ALR ausdrückt. Sind die Dienste
teils häusliche oder wirtschaftliche, teils
gewerbliche, so liegt Gesindedienst nur
dann vor, wenn die letzteren bloß neben-
sächlich sind, wie bei Kutschern und
Hausdienern von Kaufleuten. Aufsicht
über Mitarbeiter neben eigener Arbeit,
wie bei Großknechten, schließt die Zuge-
hörigkeit zum Gesinde nicht aus. Zum
Gesinde zählen z. B. bei dem Dienstherrn
wohnende Forsthüter und unselbständige
Kunstgärtner. Nicht zum Gesinde gehö-
ren z. B. Instleute, Einlieger. Bei Inst-
leuten in der Provinz Preußen hatte die
Polizei nach Kabinettsorder vom 8. Aug
1837 dieselben Rechte wie bei Gesinde,
und für Stromschiffer galt nach Kabinetts-
order vom 23. Sept 1835, Art 61 Nr I
Einf-G zum alten H, die Gesindeord-
nung, diese Vorschriften gelten nicht mehr
(Kommissionsbericht zum B 51).
Weibliche Dienstboten kann auch die
Frau selbständig mieten, der Mann kann
dann aber auch innerhalb der Vertragszeit
mit der gesetzlichen Frist kündigen, 8$ 3,
4. Männliche Dienstboten kann nur der
Mann mieten, $ 2.
Die Vermietung Minderjähriger unter-
liegt den allgemeinen Bestimmungen des
B 104 ff. Hat eine Ehefrau sich vermietet,
so kann der Mann mit Ermächtigung des
Posener Rechtslexikon I.
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Vormundschaftsgerichts im Falle der Be-
einträchtigung der ehelichen Interessen
ohne Frist kündigen, es sei denn, daß er
der Vermietung zugestimmt hat, oder daß
seine Zustimmung wegen Krankheit, Ab-
wesenheit oder Mißbrauchs seines Rech-
tes vom Vormundschaftsgericht ersetzt
worden ist, oder daß die häusliche Ge-
meinschaft aufgehoben ist, B 1358.
Bei Antritt eines neuen Dienstes muß
der Dienstbote den Entlassungsschein der
alten Herrschaft und bei Antritt des er-
sten Dienstes ein polizeiliches Zeugnis,
daß er sich vermieten dürfe, vorzeigen,
88 9, 10. Nimmt jemand einen Dienst-
boten ohne einen dieser Nachweise an, so
hat er 3-30 M Strafe verwirkt und muß
demjenigen weichen, der ein Recht auf
die Dienste hat, 88 12, 11. Um sicher zu
gehen, muß man also schon vor dem Mie-
ten sich Gewißheit darüber verschaffen,
daß der Dienstbote frei ist.
Gesindevermieter oder Stellenvermittler
bedürfen der Konzession, ReichsGw 34.
Vgl auch Gw 38, 40, 53, 143, Verordnung
des Handelsministers vom 5. März 1907
über Rechte, Pflichten und Geschäftsbe-
trieb und vom 27. März 1907 über neue
Gesindedienstbücher.
Der Vertrag muß entweder schriftlich
oder unter Hingabe von Mietsgeld ge-
schlossen werden, 88 22, 23, deren jetzige
Gültigkeit aber bestritten ist, so vom Kam-
mergericht in DJZ 03 575, sonst ist er
ungültig, ObTrib 80 259. Wenn aber
Lohn, Kost, Wohnung und sonstige Be-
züge zusammen den Wert von 150 M nicht
übersteigen, was allerdings kaum mehr
vorkommen wird, ist weder Schriftlichkeit
noch Mietsgeld erforderlich. Das Miets-
geld wird in Ermangelung anderer Verein-
barung auf Lohn verrechnet, $ 25; ebenso
trotz Vereinbarung, wenn das Gesinde aus
eigener Schuld vorzeitig abgeht, $ 26. Das
Mietsgeld ist Angeld, kein Reugeld, Ge-
sindeO 46. Hat sich ein Dienstbote bei
mehreren Herrschaften zugleich vermietet,
so gebührt derjenigen, von der er das
Mietsgeld zuerst angenommen hat, der
Vorzug, 8 27. Diese Herrschaft muß
auf Verlangen den Betrag des Schadens
der anderen Herrschaften vom Lohn ab-
ziehen und den anderen zustellen, $ 30;
der Dienstbote wird außerdem bestraft,
8 31.
Wenn über Lohn und Kost nichts ver-
einbart ist, ist das Ortsübliche nach Be-
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