642
stimmung der Polizei zu gewähren, $ 33,
wogegen kein Rechtsmittel gegeben ist.
Streit über die Kost entscheidet die
Polizei. Die Livree fällt männlichen Be-
dienten nach Ablauf der Vertragszeit als
Eigentum zu; ist keine Vertragszeit be-
stimmt, so entscheidet die Polizei, $ 37.
Auf besondere Staatslivreen, Mäntel, Kut-
scherpelze und dergleichen hat der Be-
diente keinen Anspruch, 88 38, 39. Weih-
nachts-, Neujahrs- und andere dergleichen
Geschenke kann das Gesinde auch auf
Grund eines Versprechens niemals ge-
richtlich einklagen, $ 34. Schon gegebene
Geschenke kann die Herrschaft auf Lohn
anrechnen, wenn der Vertrag im Laufe
desselben Dienstjahres durch Schuld des
Gesindes aufgehoben wird, $ 36.
Ist die Dauer der Dienstzeit nicht nach
Zeit oder Kündigung bestimmt, so ist ein-
jährige Kündigung zulässig, $ 40. Min-
derjährige haben nach erreichter Volljäh-
rigkeit unbedingt die gesetzliche Kündi-
gung (s. unten) von 6 Wochen oder 3 Mo-
naten. Ist das Dienstverhältnis für Le-
benszeit oder länger als 5 Jahre einge-
gangen, so hat der Verpflichtete nach Ab-
lauf von 5 Jahren sechsmonatliche Kün-
digung, B 624. Ist nichts vereinbart, so
gilt die Miete bei städtischem Gesinde als
auf ein Vierteljahr, bei Landgesinde als
auf ein Jahr geschlossen, $ 41. Städti-
sches Gesinde ist nach ObTrib 17 510 das
in der Stadt dienende, Landgesinde das
auf dem Lande dienende; diese Ansicht
ist aber allgemein verworfen und für Land-
gesinde das vorwiegend zur Landwirt-
schaft gebrauchte, für städtisches Gesinde
alles übrige erklärt, ohne Rücksicht auf
den Dienstort.
Die Antrittszeit und die Abzugszeit, falls
nichts anderes vereinbart ist, ist für städti-
sches Gesinde der 2. Januar, April, Juli
und Oktober, für Landgesinde der
2. April; oder, falls einer dieser Tage ein
Sonn- oder Festtag ist, der vorhergehende
Werktag, 88 42ff. Für Schlesien, die
Marken Brandenburg und Niederlausitz
und Teile von Sachsen ist aber später der
2. Januar als Umzugstermin für Landge-
sinde festgesetzt worden (Schles Land-
tagsabschied vom 2. Juni 1827, Kabinetts-
orders vom 28. Juli 1842 und 20. Febr
1846). Für Schäfer s. Ges vom 17. Mai
1882,
Weigert sich die Herrschaft, das Ge-
sinde anzunehmen, so verliert sie das
Gesindedienstvertrag.
Mietsgeld und muß das Gesinde ebenso
entschädigen, wie wenn sie es unter der
Zeit ohne rechtlichen Grund entläßt,
88 45 ff, s. später; das Gesinde muß aber,
ehe es Entschädigung fordern kann, poli-
zeiliche Vermittlung nachsuchen, Ober-
trib 14 82, 59 256. Doch kann die Herr-
schaft von dem Vertrage aus den Grün-
den abgehen, die sie berechtigen würden,
das Gesinde vorzeitig zu entlassen, $ 48,
s. unten; desgleichen, wenn das Gesinde
zuerst den Dienst anzutreten sich gewei-
gert hat, $ 49. In beiden Fällen kann sie
das Mietsgeld zurückfordern, $ 50. —
Weigert sich das Gesinde, den Dienst an-
zutreten, so muß es polizeilich gestellt
werden; bleibt dies fruchtlos, so muß es
der Herrschaft den Schaden erstatten und
das Mietsgeld ersetzen, wird auch bestraft,
8 51. Kann es jedoch nachweisen, daß die
Herrschaft im letztverflossenen Dienst-
jahre Handlungen begangen hat, wodurch
es zur Verlassung des Dienstes ohne Kün-
digung berechtigt werden würde, so kann
es nicht zum Dienstantritt gezwungen
werden, sondern muß nur das Mietsgeld
zurückzahlen; ebenso, wenn es durch Zu-
fall ohne seine Schuld den Dienst anzu-
treten verhindert wird, 8$ 52f. Erhält weib-
liches Gesinde vor Antritt Gelegenheit zu
heiraten, so steht es ihm frei, für Ersatz zu
sorgen oder den Dienst in Städten auf ein
Vierteljahr, bei Landwirtschaften auf ein
halbes Jahr anzutreten, $$ 54f.
Der Dienstbote ist der Zucht und Haus-
ordnung des Dienstherrn unterworfen.
Diesem Grundsatze gemäß regelt die Ge-
sindeOÖ seine Pflichten im einzelnen,
88 56—81. Wird ein Dienstbote schadens-
ersatzpflichtig, so kann sich die Herrschaft
an den Lohn halten, Ges vom 20. Sept
1899 Art 14 $ 1 Abs 3; ist der Schadens-
ersatzanspruch größer als der fällige
Lohn, so hat sie ein Zurückbehaltungs-
recht an den Habseligkeiten des Dienst-
boten. Reizt das Gesinde die Herrschaft
durch ungebührliches Betragen zum Zorn,
und wird in selbigem von ihr mit Schelt-
worten oder geringen Tätlichkeiten be-
handelt, so kann es dafür keine gericht-
liche Genugtuung fordern, $ 77. Ein
Züchtigungsrecht liegt darin nicht, die
Vorschrift ist daher nicht durch Einf-B 95
Abs 3 aufgehoben, vgl Verf d. Min des
Innern vom 11. Aug 1898. Über die Pflich-
ten der Herrschaft bestimmen 88 82—98
und B 617—619. Zieht ein Dienstbote sich