Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

Gesindedienstvertrag. 
durch den Dienst oder bei Gelegenheit 
desselben eine Krankheit zu, so ist die 
Herrschaft schuldig, für seine Kur und 
Verpflegung zu sorgen; es sei denn, daß 
er die Krankheit selbst durch Vorsatz oder 
grobe Fahrlässigkeit verschuldet hat. 
Diese Verpflichtung erlischt mit dem Ende 
der Dienstzeit, es sei denn, daß die Herr- 
schaft ein Verschulden trifft oder daß zwar 
Zufall vorliegt, aber das Gesinde die be- 
stimmte Vorschrift der Herrschaft nicht 
hat befolgen können, ohne sich der Ge- 
fahr einer solchen Beschädigung auszu- 
setzen, vgl ObTrib 46 228; in diesem Falle 
sind aber nur Kurkosten und der notdürf- 
tige Unterhalt des Gesindes, bis es sich 
sein Brot wieder verdienen kann, zu tra- 
gen. Zieht sich ein Dienstbote eine Krank- 
heit zu, die nicht durch den Dienst oder 
bei Gelegenheit desselben entstanden ist, 
so gilt dasselbe, indessen kann die Herr- 
schaft die Kurkosten vom Lohn abziehen, 
falls nicht die Voraussetzungen des B 616 
vorliegen, Art 14 $ 1 Abs 1 Ges vom 
20. Sept 1899. Bei jeder Art von Krank- 
heit muß sich das Gesinde seine Un- 
terbringung in ein Öffentliches Kran- 
kenhaus gefallen lassen. S. auch $$ 4 
Abs 2, 57 Krankenversicherungsges vom 
10. April 1902, wonach Dienstboten be- 
rechtigt sind, der Gemeindekranken- 
versicherung beizutreten, und dann ihr 
Anspruch gegen die Herrschaft auf die 
Versicherung übergeht. Vgl auch $ 133 
Ges betr Unfall- und Krankenversiche- 
rung der in land- und forstwirtschaft- 
lichen Betrieben beschäftigten Personen 
vom 5 Mai 1886; $$ 146f Unfallver- 
sicherungsges für Land- und Forstwirt- 
schaft vom 5. Juli 1900; $8$ 1 Nr 1, 
27 Abs 3 Invalidenversicherungsges 
vom 13. Juli 1899; 88 11 Abs 3, 23 Abs 3, 
29, 61, 62 Ges über den Unterstützungs- 
wohnsitz vom 30. Mai 1908; $ 65 pr 
Ausf-Ges vom 11. Juli 1891. 
Der Vertrag wird aufgehoben nach all- 
gemeinen Grundsätzen, insbesondere 
durch Tod des Dienstboten, dessen Erbert 
Lohn und Kostgeld nur für die Zeit bis 
zum Krankenlager fordern können, $ 99. 
Begräbniskosten braucht die Herrschaft 
nicht zu bezahlen, $ 100. Stirbt das Fa- 
milienhaupt oder das Familienmitglied, zu 
dessen besonderer Bedienung der 
Dienstbote angenommen ist, Ss» 
brauchen die Erben das Gesinde nur bis 
zur mächsten gesetzlichen Ziehzeit zu be- 
  
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halten, $$ 101, 103. Tritt jedoch der Tod 
nach dem Kündigungstermin ein, so erhält 
das bloß zu häuslichen Verrichtungen be- 
stimmte Gesinde ferner den baren Lohn, 
ohne Kost oder Kostgeld, für das folgende 
Vierteljahr; zur Landwirtschaft gebrauch- 
tes Gesinde muß noch für das nächstfol- 
gende Jahr behalten werden, 88 102. Ist 
die Anstellung auf Lebenszeit erfolgt, so 
müssen die Erben den Dienstvertrag er- 
füllen oder Entschädigung leisten, vgl 
ObTrib 34 260, Striethorst Archiv 35 131. 
Wegen der Livree s. $$ 104, 105. Ein nur 
monatsweise gemieteter Bedienter erhält 
Lohn und Kostgeld, wenn die Herrschaft 
vor dem 15. stirbt, nur für den laufenden, 
sonst auch für den folgenden Monat, 
$S 106. Für den Fall des Konkurses s. 
K 19, 54 Nr 1, 52 Nr 2, vgl auch $$ 10 
Nr 2, 146, 172, 176, 180 Ges über 
Zwangsversteigerung und Zwangsverwal- 
tung vom 20. Mai 1898. 
Wird der Vertrag nicht gekündigt, so 
gilt er als stillschweigend verlängert: bei 
städtischem Gesinde auf ein Vierteljahr, 
bei Landgesinde auf ein Jahr, bei monat- 
weise gemietetem Gesinde aber immer 
nur auf einen Monat, $$ 114 ff. Die Kün- 
digungsfrist beträgt in Ermangelung einer 
Vereinbarung bei städtischem Gesinde 
6 Wochen, bei Landgesinde 3 Monate, 
bei monatsweise gemieteten Dienstboten 
aber ist die Kündigung noch am 15. zu- 
lässig, 88 112f. 
Aus 19 Gründen, $$ 117—135, kann die 
Herrschaft ein Gesinde sofort ohne Kün- 
digung entlassen. Z. B. wegen beharr- 
lichen Ungehorsams und Widerspenstig- 
keit; vorausgesetzt wird Wiederholung 
des Befehls und der Nichtbefolgung, bei 
derselben oder anderer Gelegenheit. Fer- 
ner, wenn das Gesinde wiederholt ohne 
Vorwissen und Erlaubnis der Herrschaft 
über Nacht aus dem Hause geblieben ist. 
Oder wenn es ohne Erlaubnis ausläuft 
oder ohne Not über die erlaubte oder er- 
forderliche Zeit ausbleibt oder sonst den 
Dienst mutwillig vernachlässigt und von 
allen diesen Fehlern auf wiederholte Ver- 
warnung nicht absteht. Ferner, wenn dem 
Dienstboten diejenige Geschicklichkeit 
gänzlich mangelt, die er auf Befragen 
bei der Vermietung zu besitzen ausdrück- 
lich vorgegeben hat. Aus 7 Gründen 
kann das Gesinde den Dienst ohne Kün- 
digung verlassen, 88 136—142, z. B. we- 
gen lebens- oder gesundheitsgefährlicher 
41°
	        
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