Gewere — Gewerkvereine.
d. h. er kann den Erwerb des Gutes durch
Eid erhärten.
Wer von einem anderen eigenmächtig
aus der Ge gesetzt (‚‚entwert‘‘) wird, kann
nur auf Grund der Behauptung eines Be-
sitzrechtes die Ge wiedererlangen. Da er
in diesem Prozesse Kläger ist, also eigent-
lich nicht die Vorteile der Beklagtenrolle
genießt, so wird er, sobald er in einem
Vorverfahren die gewaltsame Entsetzung
nachweist, in die Ge zunächst wieder ein-
gewiesen bzw im Prozesse so behandelt,
als habe er sie nie verloren.
Erst im Mittelalter ermöglichten die auf
Grund des Canon Redintegranda (c. 3
C.3 qu1)) geschaffene exceptio spolii und
die auf Grund des Canon Saepe (c. 18 X
2, 13) geschaffene actio spolii dem mit Ge-
walt Entwerten die Wiederherstellung des
früheren Zustandes, ohne daß er ein Recht
zum Besitze zu behaupten brauchte.
Die Ge kann nur durch Urteil, nicht
durch Selbsthilfe beseitigt werden. Wer
die Ge hat, ist durch das Recht in ihr ge-
schützt, bis ein Besserberechtigter sie ihm
im Prozesse abnimmt.
Albrecht Die Gewere als Grundlage des älteren deut-
schen Sachenrechtes 8; Laband Die vermögensrechtlichen
Klagen nach den sächsischen Rechtsbüchern 158; Heus-
ler Die Gewere 1; Stobbe DPR 2 72; derselbe bei Ersch
und Gruber 1 (65) 428; Bruns Recht des Besitzes 285;
Heusler Inst 2 79; Kohler PfandrForsch 173; Gierke
GenossR 2 142; derselbe Bedeutung des Fahrnisbesitzes
für streitiges Recht 5; derselbe DPrivR 187; Brunner
Grundzüge 175; Schröder, DRGesch 275. Gericke.
Gewereprozeß s. Anevang.
Gewerkschaft (Bergrecht) ist die
Vereinigung zum Betriebe eines Berg-
werks. Die G ist Inhaber des Bergwerks-
eigentums (s. d.). — In Preußen werden
unterschieden:
1. Die ältere G (vor dem 1. Okt 1865),
eine Gesellschaft (Gesamthand) mit 128
Kuxen und 6 Freikuxen (s. d.);
2. die neuere G, eine juristische Per-
son, deren Vermögen in 100 (bzw 1000)
Kuxe zerlegt ist. Siehe den Artikel Kuxe.
Der Gewerke hat Anspruch auf die Aus-
beute. Für die Schulden haftet die G,
nicht mehr der Gewerke; vgl den Arti-
kel Zubuße.
Gewerkvereine sind Vereinigungen
von Lohnarbeitern desselben oder ver-
wandter Gewerbe mit dem Zwecke, durch
geschlossenes Vorgehen bessere Lebens-
bedingungen für ihre Mitglieder zu er-
streben.
Durch die Ausbildung des kapitalisti-
schen Großbetriebes und insbesondere
die Entwickelung der Vertragsfreiheit der
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Arbeiter in bezug auf den Arbeitsvertrag
(die Festsetzung der Verhältnisse zwi-
schen den selbständigen Gewerbetreiben-
den und den gewerblichen Arbeitern ist,
vorbehaltlich der durch Reichsgesetz be-
gründeten Beschränkungen, Gegenstand
freier Übereinkunft, Gw 105, freier
Arbeitsvertrag) gewann der Unterneh-
mer infolge seines wirtschaftlichen Über-
gewichtes eine immer größere Macht-
position gegenüber dem einzelnen Ar-
beiter, welcher die ihm von dem
Unternehmer diktierten Arbeitsbedin-
gungen annehmen mußte. Nur durch
Zusammenschluß aller oder eines über-
wiegenden Teiles der Arbeiter eines Be-
rufes oder verwandter Berufe kann es
ihnen gelingen, eine Macht zu bilden,
welche der des Unternehmers gewachsen
ist, und einen Einfluß auf den Abschluß
des Arbeitsvertrages und die Festset-
zung der einzelnen ‚Arbeitsbedingungen,
insbesondere die Höhe des Lohnes auszu-
üben. In Preußen war die Bildung der-
artiger Verbindungen unter Fabrikarbei-
tern, Gesellen, Gehilfen oder Lehrlingen
durch die $$ 182 (Verbot der Verabre-
dung zur Arbeitseinstellung), 183 (Koali-
tionsverbot), 184 (Streikverbot) der Allgem
Gw vom 17. Jan 1845, GS 41, verhindert.
Ermöglicht wurde die Bildung solcher
Gewerkvereine in Deutschland erst durch
die Gw vom 21. Juni 1869, welche im
$ 152 alle Verbote und Strafbestimmun-
gen gegen gewerbliche Gehilfen, Gesel-
len und Fabrikarbeiter wegen Verabre-
dungen und Vereinigungen zum Behufe
der Erlangung günstiger Lohn- und Ar-
beitsbedingungen, insbesondere mittels
Einstellung der Arbeit, aufhebt. Strafbar
ist nur noch, wer andere durch Anwen-
dung körperlichen Zwanges, durch Dro-
hungen, durch Ehrverletzungen oder
durch Verrufserklärung bestimmt oder zu
bestimmen versucht, an solchen Verab-
redungen teilzunehmen oder ihnen Folge
zu leisten, oder andere durch gleiche
Mittel hindert oder zu hindern versucht,
von solchen Verabredungen zurückzu-
treten, Gw 153. Diese Rechte (sog Koa-
litionsfreiheit) bilden die naturnotwendige
Ergänzung der Gewerbefreiheit und des
freien Arbeitsvertrages. Die erwähnten
Bestimmungen finden jedoch nur An-
wendung auf diejenigen Arbeiter, deren
Rechtsverhältnisse nach den Bestimmun-
gen der Gw zu beurteilen sind. Die Bil-