Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

64 Amtsdelikte — Amtsgericht. 
letzt wird (Binding im Gerichtssaal 
64 1), ist im S 331—359 nicht erfolgt. 
Die A lassen sich nach verschiedenen 
Gesichtspunkten einteilen. 
Man unterscheidet eigentliche Amts- 
delikte, die nur ein Beamter begehen 
kann, und uneigentliche, d. h. gemeine 
Delikte, die dadurch Amtsdelikte werden, 
daß ein Beamter sie begeht. 
Es lassen sich ferner die allgemei- 
nen A, welche bei allen Kategorien 
der Beamten möglich sind, von den be- 
sonderen trennen, die nur bei gewissen 
Beamtenklassen vorkommen können. 
I. Im einzelnen regelt das S folgende 
Tatbestände der eigentlichen Amtsdelikte: 
1. Ein Beamter, welcher für eine in sein 
Amt einschlagende, an sich nicht pflicht- 
widrige Handlung Geschenke oder andere 
Vorteile annimmt, fordert oder sich ver- 
sprechen läßt, wird mit Geldstrafe bis zu 
dreihundert M oder mit Gefängnis bis zu 
sechs Monaten bestraft, S 331. — Der 
Schenker wird nicht bestraft. 
2. Ein Beamter, welcher für eine Hand- 
lung, die eine Verletzung einer Amts- oder 
Dienstpflichtt enthält, Geschenke oder 
andere Vorteile annimmt, fordert oder 
sich versprechen läßt, wird wegen Be- 
stechung mit Zuchthaus bis zu fünf Jah- 
ren bestraft, S 332 Abs 1. — Sind mil- 
dernde Umstände vorhanden, so tritt Ge- 
fängnisstrafe ein. 
3. Wer einem Beamten oder einem 
Mitgliede der bewaffneten Macht Ge- 
schenke oder andere Vorteile anbietet, 
verspricht oder gewährt, um ihn zu einer 
Handlung, die eine Verletzung einer 
Amts- oder Dienstpflicht enthält, zu be- 
stimmen, wird wegen Bestechung mit Ge- 
fängnis bestraft; auch kann auf Verlust 
- der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt wer- 
den, S 333 Abs 1. — Sind mildernde Um- 
stände vorhanden, so kann auf Geldsirafe 
bis zu eintausendfünfhundert M erkannt 
werden. 
4. Ein Richter, Schiedsrichter, Ge- 
schworener oder Schöffe, welcher Ge- 
schenke oder andere Vorteile fordert, an- 
nimmt oder sich versprechen läßt, um 
eine Rechtssache, deren Leitung oder Ent- 
scheidung ihm obliegt, zugunsten oder 
zum Nachteile eines Beteiligten zu leiten 
oder zu entscheiden, wird mit Zuchthaus 
bestraft, S 334 Abs 1. 
Derjenige, welcher einem Richter, 
Schiedsrichter, Geschworenen oder Schöf- 
  
fen zu dem vorbezeichneten Zwecke Ge- 
schenke oder .andere Vorteile anbietet, 
verspricht oder gewährt, wird mit Zucht- 
haus bestraft. Sind mildernde Umstände 
vorhanden, so tritt Gefängnisstrafe ein, 
S 334 Abs 2. 
In den unter 1—4 bezeichneten Fällen 
ist im Urteile das Empfangene oder der 
Wert desselben für dem Staate verfallen 
zu erklären. 
5. Ein Beamter oder Schiedsrichter, 
welcher sich bei der Leitung oder Ent- 
scheidung einer Rechtssache vorsätzlich 
zugunsten oder zum Nachteile einer Par- 
tei einer Beugung des Rechtes schuldig 
macht, wird mit Zuchthaus bis zu fünf 
Jahren bestraft, S 336. 
II. Unter den uneigentlichen A sind zu 
erwähnen: die Nötigung, Körperver- 
letzung, Freiheitsberaubung, der Haus- 
friedensbruch im Amte, S 339—342. 
Ill. Indiskretionen eines Beamten im 
Dienste des Auswärtigen Amtes des 
Deutschen Reiches werden auf Grund von 
S 353 a (Arnimparagraph) bestraft. 
Die occasio legis: Graf Harry von Ar- 
nim war seit 1872 deutscher Botschafter 
in Paris und veröffentlichte, um — im 
Gegensatze zur Politik Bismarcks — die 
monarchistische Partei in Frankreich zu 
stärken, Mitteilungen aus geheimen di- 
plomatischen Schriftstücken. Er wurde 
wegen Entfernung von Aktenstücken aus 
dem Archiv der Botschaft zu 9 Monaten 
Gefängnis, später wegen Landesverrats 
in contumaciam zu 5 Jahren Zuchthaus 
verurteilt. 
Strafbar ist die Verletzung der Amts- 
verschwiegenheit, wenn sie dadurch ge- 
schieht, daß der Beamte ihm amtlich an- 
vertraute oder zugängliche Schriftstücke 
oder eine ihm von seinem Vorgesetzten 
erteilte Anweisung oder deren Inhalt an- 
deren widerrechtlich mitteilt. 
Treten die Wirkungen ein, welche den 
diplomatischen Landesverrat (s. d.) kenn- 
zeichnen, so ist nach dessen Norm zu 
strafen.. 
v. Liszt Lehrbuch!’ 572; Binding im Gerichtssaal 
ni Frank Kommentar! 586; Hälschner Straf 2 
Amtsgericht. Nach G 12, 22 gehören 
die Amtsgerichte neben den Landgerich- 
ten, den Oberlandesgerichten und dem 
Reichsgericht zu den ordentlichen Gerich- 
ten der streitigen Gerichtsbarkeit (im Ge- 
gensatz zu den Verwaltungsgerichten und 
den besonderen Gerichten, vgl. G 13, 14).
	        
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