Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

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I. Über Anträge auf Aussetzung einer H 
entscheidet das Gericht. Kürzere Unter- 
brechungen ordnet der Vorsitzende an. 
Eine Verhinderung des Verteidigers (im 
Falle der Nichtnotwendigkeit) gibt grund- 
sätzlich dem Angeklagten kein Recht, die 
Aussetzung der Verhandlung zu verlan- 
gen; ist jedoch die Ladungsfrist nicht ein- 
gehalten worden, so soll der Vorsitzende 
den Angeklagten mit der Befugnis, Aus- 
setzung der H zu verlangen, bekannt 
machen. — Eine unterbrochene H muß 
spätestens am vierten Tage nach der Un- 
terbrechung fortgesetzt werden, widrigen- 
falls mit dem Verfahren von neuem zu be- 
ginnen ist. 
Siehe auch: 
Schwurgericht. 
Il. Die Leitung der H, die Vernehmung 
des Angeklagten und die Aufnahme des 
Beweises erfolgt durch den Vorsitzenden. 
Wird eine auf die Sachleitung bezügliche 
Anordnung des Vorsitzenden von einer 
bei der H beteiligten Person als unzuläs- 
sig beanstandet, so entscheidet das Ge- 
richt. In bezug auf die Zeugenverneh- 
mung in der H ist es gestattet, die Ver- 
nehmung der von der Staatsanwaltschaft 
und dem Angeklagten benannten Zeugen 
und Sachverständigen der Staatsanwalt- 
schaft und dem Verteidiger auf deren 
übereinstimmenden Antrag zu überlassen. 
Bei den von der Staatsanwaltschaft be- 
nannten Zeugen und Sachverständigen 
hat diese, bei den von dem Angeklagten 
benannten der Verteidiger in erster Reihe 
das Recht zur Vernehmung. — Der Vor- 
sitzende hat den beisitzenden Richtern, 
der Staatsanwaltschaft, dem Angeklagten 
und dem Verteidiger sowie den Geschwo- 
renen und den Schöffen auf Verlangen zu 
gestatten, Fragen an die Zeugen und 
Sachverständigen zu stellen. Zweifel über 
die Zulässigkeit einer Frage entscheidet 
in allen Fällen das Gericht. 
Ill. Die H beginnt mit dem Aufrufe der 
Zeugen und Sachverständigen. Hieran 
‘schließt sich die Vernehmung des Ange- 
klagten über seine persönlichen Verhält- 
nisse und die Verlesung des Beschlusses 
über die Eröffnung des Hauptverfahrens. 
Sodann erfolgt die weitere Vernehmung 
des Angeklagten zur Sache. Bis zur Be- 
endigung dieses Teiles der H sind die 
Zeugen abwesend. Dagegen bleibt der 
Angeklagte im Folgenden stets zugegen; 
das Gericht kann jedoch den Angeklag- 
ten, wenn zu fürchten ist, daß ein Mit- 
Abwesende, Ausbleiben; siehe ferner 
  
Hauptverhandlung (StrafPrR). 
angeklagter oder ein Zeuge bei seiner 
Vernehmung (in Gegenwart des Ange- 
klagten) die Wahrheit nicht sagen werde, 
während dieser Vernehmung aus dem 
Sitzungszimmer abtreten lassen. 
IV. Nach der Vernehmung des Ange- 
klagten folgt die Beweisaufnahme. Es be- 
darf eines Gerichtsbeschlusses, wenn ein 
Beweisantrag abgelehnt werden soll, oder 
wenn die Vornahme einer Beweishand- 
lung eine Aussetzung der H erforderlich 
macht. Das Gericht kann auf Antrag und 
von Amts wegen die Ladung von Zeugen 
und Sachverständigen sowie die Herbei- 
schaffung anderer Beweismittel anordnen. 
1. Die Beweisaufnahme ist auf die sämt- 
lichen vorgeladenen Zeugen und Sach- 
verständigen sowie auf die andern herbei- 
geschafften Beweismittel zu erstrecken. 
Hiervon bestehen jedoch zwei Aus- 
nahmen: a. Von der Erhebung einzelner 
Beweise kann abgesehen werden, wenn 
die Staatsanwaltschaft und der Ange- 
klagte hiermit einverstanden sind. — 
b. In den H vor den Schöffengerichten 
und vor den Landgerichten in der Beru- 
fungsinstanz, sofern die Verhandlung vor 
letzteren eine Übertretung betriift oder auf 
erhobene Privatklage erfolgt, bestimmt 
das Gericht den Umfang der Beweisauf- 
nahme, ohne hierbei durch Anträge, Ver- 
zichte oder frühere Beschlüsse gebunden 
zu sein, C 244 Abs 2. 
2. Eine Beweiserhebung darf nicht des- 
halb abgelehnt werden, weil das Beweis- 
mittel oder die zu beweisende Tatsache 
zu spät vorgebracht worden sei. — Die 
vernommenen Zeugen und Sachverständi- 
gen dürfen sich nur mit Genehmigung 
oder auf Anweisung des Vorsitzenden von 
der Gerichtsstelle entfernen. Die Staats- 
anwaltschaft und der Angeklagte sind vor- 
her zu hören. 
3. Urkunden und andere als Beweis- 
mittel dienende Schriftstücke werden in 
der Hauptverhandlung verlesen; dies gilt 
insbesondere von früher ergangenen 
Strafurteilen, von Straflisten und von Aus- 
zügen aus Kirchenbüchern und Personen- 
standsregistern und findet auch Anwen- 
dung auf Protokolle über die Einnahme 
des richterlichen Augenscheines. Dem 
Angeklagten können gerichtliche Proto- 
kolle vorgehalten werden, insbesondere 
über frühere Geständnisse. 
Besonderes gilt für Zeugenprotokolle.. Beruht der Be- 
weis einer Tatsache auf der Wahrnehmung einer Person, 
so ist sie in der H zu vernehmen; Protokollverlesung er-
	        
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