Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

Anevang — Änfechtung außerhalb des Konkurses. 71 
Raub verloren worden, so hat der Berech- 
tigte eine Klage gegen jeden Besitzer, und 
zwar (neben der schlichten Klage) den A 
in bestimmten Formen. Der A beginnt 
mit der Spurfolge bei handhafter Tat, 
unter Erhebung des Gerüftes (Diebio, 
Raubio) und unter Mitwirkung der Nach- 
barn. Wird die Sache gefunden, so wird 
sie förmlich angefaßt, und der Besitzer, 
bei dem sie betroffen wird, muß sich 
über ihre Provenienz ausweisen (inter- 
tiatio). 
Nach Brunner heißt intertiatio die 
Angabe des auctor; nach Zöpfl ist es 
davon abzuleiten, daß der Kläger sein 
Recht selbdritt beschwören kann; nach 
Schröder bedeutet es, daß die Sache 
dem Sequester übergeben wird, bis der 
Streit entschieden ist. 
Der Anevang bezweckt Strafe und Fest- 
stellung des gegenwärtigen Besitzes. 
Vgl Laband Vermögensr Klagen 106; Sohm RG Yort 
Anfall der Erbschaft s. Erbfall, Erb- 
schaftserwerb. 
Anfangstermin, dies a quo, ist der 
Tag, an welchem eine Frist zu laufen 
beginnt. 
Anfechtbarkeit ist die Eigenschaft 
eines Rechtsgeschäftes (s. d.) oder einer 
Rechtshandlung, welche eine Vernichtung 
auf Grund des dem Interessierten zuste- 
henden Anfechtungsrechtes zuläßt. 
Anfechtung außerhalb des Kon- 
kurses. Reichsges vom 21. Juli 1879 / 
20. Mai 1898 (abgekürzt: A). 
I. Allgemeines. 
1. Die Anfechtung ist ein Hilfsmittel 
der Vollstreckung; sie ist zwar nicht un- 
mittelbar ein Akt der Zwangsvoll- 
streckung, aber sie ermöglicht die Aus- 
dehnung der dem Schuldner gegenüber zu 
betreibenden Zwangsvollstreckung auf die 
zurückzugewährenden Gegenstände, RG 
87. 
2. Der Rückgewähranspruch entspringt 
aus der anfechtbaren Handlung selbst, 
nicht aus der Anfechtung als einer rechts- 
geschäftlichen Erklärung, RG 44 92; 
58 47. 
3. Der Anfechtungsanspruch beruht nur 
in den Fällen des A3 Ziff 1 u. 2 auf de- 
liktischer Grundlage; im übrigen stellt er 
sich als obligatio ex lege dar, RG 21 425; 
22 391, 48401; 50410. Auch in den erste- 
ren Fällen sind die materiellrechtlichen 
Vorschriften des B über unerlaubte Hand- 
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lungen der abweichenden gesetzlichen 
Regelung gegenüber an sich unanwend- 
bar; auch den B 134 u. 138 ist die An- 
wendung selbst auf die als fraudulos an- 
fechtbaren Rechtsgeschäfte, sofern ihnen 
kein anderer Mangel anhaftet, zu ver- 
sagen, RG 56 230, 69 143. Aber die an- 
fechtbare Rechtshandlung und die Gel- 
tendmachung der durch sie erlangten 
Rechte kann sich nach allgemeinen Grund- 
sätzen wegen anderer Mängel, z. B. nach 
B 823, 826, zugleich als unerlaubt darstel- 
len und Schadensersatzansprüche erzeu- 
gen, RG Gruchots Beitr 08, 1012. Der Ge- 
richtsstand des Z 32 ist für die auf A 3 
Ziff 1 u. 2. gestützte Klage begründet 
(forum delicti commissi), der Gerichts- 
stand des Z 29 dagegen erscheint auch 
bei der Anfechtung eines Vertrags infolge 
ihrer rechtlichen Natur durchweg ausge- 
schlossen, RG 10 334; 26 1; 30 402. 
Klageänderung liegt vor, wenn die Klage 
zunächst auf A 3 Ziff 1 oder 2 und dann 
auf Ziff 3 oder 4 gestützt wird, und 
ebenso umgekehrt. 
4. Die Anfechtung hat nur schuldrecht- 
liche, nicht dingliche Wirksamkeit. Die die 
Anfechtung wegen Willensmängel betref- 
fenden B 142ff kommen hier nicht zur 
Anwendung, RG 42 367; 48 149; 52 340; 
58 44 u. 107; 61 152; 67 22. Die An- 
fechtung hat keine das angefochtene 
Rechtsgeschäft nach allen Seiten vernich- 
tende, den früheren Zustand schlechthin 
wiederherstellende Kraft. Die Unwirk- 
samkeit ist nur eine relative zugunsten des 
anfechtenden Gläubigers, RG Gruchots 
Beitr 08, 1169. Vgl dagegen z.B. Hellwig 
„Anspruch und Klagerecht‘ 81, 260, und 
Kipp-Windscheid Pandekten 2 1020 ff. 
5. Der Anfechtung unterliegen nur 
Rechtshandlungen des Schuldners zur 
Verkürzung der Gläubiger. 
a. Rechtshandlungen sind solche Hand- 
lungen, an welche die Rechtsordnung 
rechtliche Folgen knüpft, auch wenn diese 
nicht gewollt sind; sie heißen Rechtsge- 
schäfte, sofern sie auf den Rechtserfolg ab- 
zielen, RG 68 322; JW 08, 445. Anfechtbar 
sind also Schuldbegründungsakte, rechts- 
geschäftliche Verfügungen, auch wenn 
für sie vollstreckbare Schuldtitel erlangt 
sind, prozessuale Dispositionen, aber auch 
Vollstreckungshandlungen, ferner Unter- 
lassungen, wenn sie sich als Willensäuße- 
rungen mit Rechtserfolg darstellen; nicht 
aber die Ausschlagung der Erbschaft, der
	        
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