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sprüchen, die ein preuß Staatsuntertan auf
einen von den Vorfahren überkommenen
verdunkelten preuß Adel oder höheren
Adelsgrad erhebt, wobei unter „preuß
Adel usw“ zu verstehen ist: a. Uradel
eines der jetzt zur preuß Monarchie ge-
hörigen Gebiete; b. Briefadel eines der
jetzt zur preuß Monarchie gehörigen Ge-
biete, insofern dieser Briefadel vor der
Einverleibung des betreffenden Gebietes
in die preuß Monarchie verliehen wurde;
c. ein von den Königen von Preußen ver-
liehener Briefadel; d. ein von den Königen
von Preußen anerkannter, nichtpreuß
Adel; e. Uradel des Heiligen Römischen
Reichs Deutscher Nation; f. Briefadel des
Heiligen Römischen Reichs Deutscher
Nation;
2. die Kontrolle über den bestehenden
Adel und die diesem zustehenden Adels-
zeichen und -prädikate und die richtigen
Namensformen ;
3. die Bestätigung oder Beglaubigung
von Abstammungsnachweisen und die
Ausstellung von Adelsattesten und Wap-
penzertifikaten.
Nicht dem Gebiete des öffentlichen
Rechtes gehört an, somit auch nicht zur
Zuständigkeit des Hr: die Frage privat-
rechtlicher Natur der Zugehörigkeit einer
Person zu einer bestimmten adeligen Fa-
milie. Diese ist also vom Zivilrichter zu
entscheiden, und zwar positiv wie negativ.
Nicht zur Zuständigkeit des Hr gehört
ferner die Kontrolle der richtigen Namens-
formen bürgerlichen Familien. Über die
Stellung des Hr zu den Gerichten s. Adels-
anmaßung.
Kekule von Stradonitz Über die Zuständigkeit
des preußischen Heroldsamts, Archiv für öffentliches Recht
03 191 ff und in den Ausgewählten Aufsätzen aus dem Ge-
biete des Staatsrechts und der Genealogie, Berlin 05, 74 ff;
v. Einsiedel Königlich Sächsisches Adelsgesetz, Hand-
ausgabe, Leipzig 02, 7; v.Seemen Die Rechtsverhält-
nisse des niederen Adels in den landrechtlichen Gebieten
Preußens, Berlin 05, 102 ff. Kekule von Stradonitz.
Herrenhaus (Preußen). I. Auf Grund
der Verordnung vom 12. Okt 1854 gehö-
ren dem Herrenhause an:
1. die vom Könige berufenen großjäh-
rigen königlichen Prinzen;
2. Mitglieder mit erblicher Berechti-
gung, nämlich: a. die Häupter der fürst-
lichen Häuser von Hohenzollern-Hechin-
gen und Hohenzollern-Sigmaringen; —
b. die nach der deutschen Bundesakte
zur Standschaft berechtigten Häupter der
vormaligen deutschen reichsständischen
Häuser in Preußen; — c. die übrigen nach
der Verordnung vom 3. Febr 1847 zur
Heroldsamt — Herrmann.
Herrenkurie des Vereinigten Landtages
berufenen Fürsten, Grafen und Herren ; —
d. diejenigen Personen, welchen das erb-
liche Recht auf Sitz und Stimme in der
Ersten Kammer vom Könige durch be-
sondere Verordnung verliehen wird; die-
ses Recht wird in der durch die Verlei-
hungsurkunde festgesetzten Folgeord-
nung vererbt.
3. Mitglieder, welche auf Lebenszeit
vom Könige berufen sind, nämlich:
a. Personen, welche dem Könige prä-
sentiert werden. Das Präsentationsrecht
steht zu: a. den nach der Verordnung
vom 3. Febr 1847 zur Herrenkurie des
Vereinigten Landtages berufenen Stif-
tern ; — ß. dem für jede Provinz zu bilden-
den Verbande der darin mit Rittergütern
angesessenen Grafen, für je einen zu Prä-
sentierenden; — y. den Verbänden der
durch ausgebreiteten Familienbesitz aus-
gezeichneten Geschlechter, welche mit
diesem Rechte begnadigt sind; — d. den
Verbänden des alten und des befestigten
Grundbesitzes; — e. einer jeden Landes-
universität; — [. denjenigen Städten, de-
nen der König dieses Recht besonders
beilegt.
b. Die Inhaber der vier großen Landes-
ämter in Preußen, nämlich: der Oberburg-
graf, der Landhofmeister, der Obermar-
schall und der Kanzler; diese Ehrenämter
sind nur Angehörigen des ostpreußischen
Adels zugänglich.
c. Einzelne Personen, welche der König
aus besonderem Vertrauen ausersieht;
aus diesen bestellt der König Kronsyndici,
denen er wichtige Rechtsfragen zur Be-
gutachtung vorlegt und die Prüfung und
Erledigung rechtlicher Angelegenheiten
des königlichen Hauses anvertraut.
II. Das Quorum beträgt 60.
III. Das Recht auf Sitz und Stimme im
H kann nur von einem Preußen ausgeübt
werden, der sich im Besitze der bürger-
lichen Ehrenrechte befindet, seinen Wohn-
sitz innerhalb Preußens hat und nicht im
aktiven Dienste eines außerdeutschen
Staates steht. Das Mindestalter beträgt
30 Jahre; für königliche Prinzen besteht
dieses Erfordernis nicht. — Die Mitglieder
des Herrenhauses erhalten freie Eisen-
bahnfahrt erster Klasse, und zwar von
8 Tagen vor bis 8 Tage nach der Session.
Siehe den Artikel Landtag.
Herrmann, Emil, * 9. April 1812 zu
‚, Dresden, habilitierte sich 1834 in Leipzig,