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Jahrhunderts in Preußen durch die Lan-
desgesetzgebung den Gemeinden und den
höheren Verwaltungsbehörden die Be-
fugnis beigelegt, sowohl die selbständigen
Gewerbetreibenden als das gewerbliche
Hilfspersonal zur Bildung von H(ilfs)-
k(assen) und zum Eintritt in diese zwangs-
weise anzuhalten, prGw vom 17. Jan
1845, GesS 41; Verordn betr die Errich-
tung von Gewerberäten vom 9. Febr 1848,
GesS 39; Ges betr die gewerblichen
Unterstützungskassen vom 3. April 1854,
GesS 138. Für das Reich erfolgte die
Regelung zuerst in Gw 141. Nach dessen
Vorschrift wurden die in den einzelnen
Bundesstaaten geltenden Bestimmungen
in Geltung gelassen, jedoch wurde der
Beitrittszwang für alle selbständigen Ge-
werbetreibenden mit Ausnahme der Fa-
brikanten aufgehoben, für Gesellen, Ge-
hilfen und Fabrikarbeiter aber nur inso-
fern aufrechterhalten, als sie dann einer
Zwangskasse beizutreten verpflichtet sein
sollten, wenn sie einer anderen Kasse
nicht angehörten. Der $ 141 wurde auf
Grund des Ges betr die Abänderung des
Titels VIII der Gw vom 8. April 1876,
ROBI 134, durch die $$ 141 bis 141f er-
setzt, wodurch im Verein mit dem Ges über
die eingeschriebenen Hk vom 7. April 1876,
RGBI 125, eine einheitliche Regelung des
gewerblichen Hilfskassenwesens für das
Reich erzielt wurde. Durch KrVGes 87
wurden dann die $$ 141 bis 141 f aufge-
hoben und die Vorschriften des Hiilfs-
kassengesetzes durch das Ges vom 1. Juni
1884, RGBI 54, abgesehen von Einzelhei-
ten, dahin abgeändert, daß seine Bestim-
mungen nur auf Kassen, die auf freier
Übereinkunft beruhen, Anwendung fin-
den. Weitere Abänderungen hat das Hilfs-
kassenges durch die Novelle zum KrVGes
vom 10. April 1892, RGBl 379, erfahren.
Aus seinem Inhalte ist folgendes hervor-
zuheben:
Die Hk beruhen auf freier Übereinkunft
ihrer Mitglieder und bezwecken die ge-
genseitige Unterstützung derselben für
den Fall der Krankheit. Sie erlangen die
Rechte einer eingeschriebenen Hk unter
den in den 88 2, 3 und 4 des Ges näher
angegebenen Bedingungen, zu denen na-
mentlich die Errichtung eines Statuts nach
Maßgabe des $ 3 gehört. Über ihre Zu-
lassung beschließt die höhere Verwal-
tungsbehörde (in Preußen der Bezirks-
ausschuß). Gegen den die Zulassung ver-
Hilfskassen.
sagenden Bescheid findet der Rekurs (in
Preußen das Verwaltungsstreitverfahren)
statt; wegen des Verfahrens und der Be-
hörden gelten die Vorschriften der Gw
20, 21. Die Kassen können unter ihrem
Namen Rechte erwerben und Verbindlich-
keiten eingehen, Eigentum und andere
dingliche Rechte an Grundstücken erwer-
ben, vor Gericht klagen und verklagt wer-
den. Zum Beitritt der Mitglieder ist eine
schriftliche Erklärung oder die Unter-
zeichnung des Statuts erforderlich. Der
Beitritt darf von der Beteiligung an ande-
ren Gesellschaften oder Vereinen nur
dann abhängig gemacht werden, wenn
eine solche Beteiligung für sämtliche Mit-
glieder bei Errichtung der Kasse durch
das Statut vorgesehen ist. Auch darf den
Mitgliedern die Verpflichtung zu Hand-
lungen oder Unterlassungen, welche mit
dem Kassenzweck in keiner Verbindung
stehen, nicht auferlegt werden. Die Mit-
gliedschaft erlischt durch Austritt, durch
Ausschluß oder durch Ausscheiden, d. i.
ein durch Eintritt einer Tatsache sich von
selbst vollziehender Verlust der Mitglied-
schaft, OVG 39 315. Der Ausschluß ist
nur zulässig bei dem Wegfall einer die
Aufnahme bedingenden Voraussetzung,
für den Fall einer Zahlungssäumnis oder
einer solchen strafbaren Handlung, die
eine Verletzung der Bestimmungen des
Statuts in sich schließt, vgl auch OVG 34
343, 36 390, 39 315, 45 366, 47 382. Die
Mitglieder sind der Kasse gegenüber le-
diglich zu den auf Grund des Hilfskassen-
ges und des Statuts festgestellten Bei-
trägen verpflichtet. Nach Maßgabe des
Geschlechts, des Gesundheitszustandes,
des Lebensalters, der Beschäftigung oder
des Beschäftigungsortes der Mitglieder
darf die Höhe der Beiträge verschieden
bemessen werden. Im übrigen müssen
die Beiträge für alle Mitglieder nach glei-
chen Grundsätzen abgemessen sein. Zu
anderen Zwecken als den Unterstützun-
gen und der Deckung der Verwaltungs-
kosten dürfen weder Beiträge von den
Mitgliedern erhoben werden noch Ver-
wendungen aus dem Vermögen der Kasse
erfolgen. Als Krankenunterstützung kön-
nen den Mitgliedern Krankengeld, ärzt-
liche Behandlung (auch durch Naturheil-
kundige, OVG 34 347), Arznei und andere
Heilmittel, Verpflegung in einem Kran-
kenhause, sowie die geeigneten Mittel zur
Erleichterung der ihnen nach der Ge-