Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

72 Anfechtung außerhalb des Konkurses. 
Verzicht auf ein angefallenes Vermächtnis, 
RG 54 289, 67 425; dagegen nach altem 
Rechte RG 28 136. 
b. Die Handlung muß eine Benachteili- 
gung der Gläubiger enthalten, RG 105; 48 
151; 50 123; 52 227; 69 59; JW 08, 308. 
Eine Benachteiligung liegt nicht vor, so- 
fern durch eine Veräußerung in das Ver- 
mögen des Schuldners ein Entgelt ge- 
langt, welches einen vollständigen Er- 
satz für den veräußerten Gegenstand 
bildet und als Exekutionsobjekt dienen 
kann; selbst in der erleichterten Mög- 
lichkeit einer Verschleuderung, welche 
durch den Umsatz von Vermögens- 
bestandteilen in bares Geld geboten 
wird, ist sie an sich noch nicht zu er- 
blicken, wenigstens dann nicht, wenn die 
Gegenleistung noch vorhanden ist, RG 27 
99; 29 79, 39 90; Gruchots Beitr 04, 115; 
R 08 Beil 2, 549. Die Begebung eines 
Wechsels ist prima facie Gläubigerbenach- 
teiligung, RG 26 74; 58 145, ebenso die 
Umwandelung des bisherigen unmittel- 
baren Besitzes, z. B. an Urkunden, in bloß 
mittelbaren, RG Gruchots Beitr 09, 103. 
Dagegen unterliegen Vorausverfügungen 
über Vergütungen, die erst noch verdient 
werden sollen, der Anfechtung nicht, RG 
JW 05, 442. Diese ist auch unzulässig, 
wenn das dem Vermögen des Schuldners 
Entzogene keinen tauglichen Gegenstand 
für den Zugriff der Gläubiger bildet, die 
Rückgewähr also ihre Rechtslage nicht 
verbessern würde, RGR 07, 190. 
II. Einzelnes. 
1. Außerhalb des Konkurses gibt es 
2 Gruppen anfechtbarer Rechtsakte, die 
fraudulosen und die unentgeltlichen. 
a. Anfechtbar sind zuvörderst die 
Rechtshandlungen, welche der Schuldner 
in der dem anderen Teile bekannten Ab- 
sicht, seine Gläubiger zu benachteiligen, 
vorgenommen hat, A 3 Ziff 1 Ges. Hier- 
unter fallen auch Vollstreckungshand- 
lungen bei kollusivem Einverständnisse 
des Schuldners mit dem Gläubiger, RG 47 
223; 69 163; JW.08, 496. Das Bewußtsein 
von der Entstehung eines Nachteils für die 
Gläubiger schließt die Benachteiligungs- 
absicht nicht unter allen Umständen in 
sich, insbesondere dann nicht, wenn die 
Handlung des Schuldners von dem Willen 
beherrscht wird, einer begründeten Ver- 
bindlichkeit auf Verlangen gerecht zu wer- 
den, RG 57 161; jene Absicht kann dann 
angenommen werden, wenn der Schuld- 
  
ner den Gläubiger auf dessen Drängen 
durch Hingabe von Gegenständen, auf die 
er kein Recht hat, befriedigen muß, RG 
Gruchots Beitr 07, 396. Die Benachtei- 
ligungsabsicht liegt nicht vor, wenn der 
Schuldner mit dem Bewußtsein, daß er 
zur Befriedigung aller Gläubiger außer- 
stande sei, sein Vermögen einem Treu- 
händer überläßt, damit dieser daraus, so- 
weit möglich, die Gläubiger nach und nach 
befriedige und so der Konkurs abgewen- 
det werde, RG Gruchots Beitr 05, 1115. 
Die Absicht des Grundstückseigentümers, 
die Pfändung der Mietzinsen durch per- 
sönliche Gläubiger zu vereiteln, um die 
Zinsen den Hypothekengläubigern zuzu- 
wenden, steht der Absicht der Gläubiger- 
benachteiligung nicht gleich, RG 64 335. 
Die Anfechtung ist hier an eine Aus- 
schlußfrist von 10 und 30 Jahren geknüpft, 
A 12. 
In diese Gruppe fallen auch die in dem 
letzten Jahre vor der Anfechtung, RG 52 
341; 57 30, geschlossenen entgeltlichen 
Verträge des Schuldners mit gewissen 
personae suspectae, RG 12 66; 43 105; 
63 92, seinem Ehegatten vor oder wäh- 
rend der Ehe und mit seinen oder dessen 
nächsten Angehörigen (Deszendenten, As- 
zendenten, voll- und halbbürtigen Ge- 
schwistern und deren Ehegatten), sofern 
durch den Abschluß die Gläubiger be- 
nachteiligt werden, A3 Ziff2. Die Kennt- 
nis der Benachteiligungsabsicht wird bei 
diesen Personen vermutet, RG 48 401; 
51 76; sie müssen deshalb ihrerseits den 
Beweis für ihre Nichtkenntnis erbringen, 
um die Anfechtung zu beseitigen. Diese 
Vermutung der Fraudulosität wird hier 
auch bei Deckungs- (Sicherungs-) und 
reinen Erfüllungsgeschäften nicht als be- 
seitigt zu erachten sein, RG 45 23; 51 77; 
57 161; Gruchots Beitr 02, 1116; ROLG 
3 426. Als entgeltlicher Vertrag im Sinne 
dieser Vorschrift gilt auch die Begrün- 
dung einer Hypothek für eine bereits be- 
stehende Forderung, und zwar selbst 
dann, wenn sie im Wege der Zwangsvoll- 
streckung auf Grund eines im Einver- 
ständnisse der Beteiligten erwirkten Titels 
geschieht, RG 6 85; JW 92, 274; 98, 52; 
R 09 Beil Nr 565. 
Eine Fristerstreckung wird hier und in 
den Fällen unter b durch Zustellung einer 
Anzeige der Anfechtungsabsichtt dem 
Gläubiger vor Erlangung des Schuldtitels 
oder vor Fälligkeit seiner Forderung unter
	        
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