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wird an die höhere Verwaltungsbehörde
gerichtet, die das weitere veranlaßt, sie
führt gemäß Gw 100a eine allgemeine
Äußerung über die Errichtung herbei.
Nicht zur Inn gehören nach Errichtung
derselben diejenigen, welche das Ge-
werbe, für das die Zwangsinnung
errichtet ist, fabrikmäßig betreiben
(s. unter Fabrik und Handwerk), und
solche, die keine Gesellen halten, in
dem Falle, daß die Inn nur für
die gesellenhabenden Gewerbetreibenden
errichtet wurde. Im übrigen entscheidet
Streitigkeiten, ob jemand der Inn ange-
hört oder nicht, die Aufsichtsbehörde. Die
Errichtungskosten sind auf Antrag von
der Landeszentralbehörde vorzuschießen,
später hat die Inn alljährlich einen Haus-
haltsplan der Aufsichtsbehörde vorzu-
legen. Mit dem Zwangscharakter der Inn
hängt es zusammen, daß die Zwangsinn
im Gegensatz zu den freien Inn ihre Mit-
glieder in der Festsetzung der Preise ihrer
Waren oder in der Annahme von Kunden
nicht beschränken darf.
Die Errichtung der Zwangsinn kann
wieder aufgehoben werden durch die
höhere Verwaltungsbehörde, wenn dies
auf Grund eines Innungsbeschlusses ge-
mäß Gw 100t beantragt worden ist.
Stichworte: Fabrik und Handwerk, Innungsausschüsse
Innungsverbände, Verwandte Gewerbe, Handwerks
kammern.
v. Böhmert Das deutsche Handwerk und die
Zwangsinnungen, 96; Kotze Die Neubelebung der In-
nungen auf der Grundlage der Gw, 80; Landgraf
Die Innungsfrage in Baden; Lohren Die Wiederher-
stellung der Innungen; Neugeboren Zwangsgenossen-
schaften und Gewerbekammern; E. Richter Gegen die
Zwangsinnungen; Stieda in Conrads Handwörterbuch
der Staatswissenschaften; Fleischmann Innungsleit-
faden; Erhebung über die Wirkungen des Handwerker-
etzes, Berlin 08. Siehe auch Lit bei Stieda i. Jhb
. Nat u. Stat, NF 2 273-282, und in den Kommentaren
zurGw von Schicker,Schenkel,v. Landmann,
v. Marcinowski, Berger-Wilhelmi. Siehe auch
die Handwerkskammerberichte. Welgelt.
Innungsausschüsse. Für einen Teil
oder die Gesamtheit der Innungen, die
einer gemeinsamen Aufsichtsbehörde un-
terstehen, kann ein Innungsausschuß zur
Vertretung der gemeinsamen Innungsin-
teressen gebildet werden. Die beteiligten
Innungen können ihm Rechte und Pflich-
ten zur Wahrnehmung übertragen. Der
Gründungshergang ist folgender: Eine
gemeinsame Versammlung der Innungen
stellt das Statut des Ausschusses fest, das
die höhere Verwaltungsbehörde zu geneh-
migen hat. Gegen eine Ablehnung kann
innerhalb von 4 Wochen Beschwerde an
die Landeszentralbehörde eingelegt wer-
den. Durch die letztere kann der Innungs-
ausschuß die Fähigkeit erhalten, gleich
Innungen — Innungsverbände.
wie eine Innung Rechte zu erwerben,
Verbindlichkeiten einzugehen, vor Ge-
richt zu klagen und verklagt zu werden,
wobei ebenso wie bei der Innung nur das
Vermögen des Ausschusses für alle Ver-
bindlichkeiten haftet.
Eine Schließung des Innungsausschus-
ses durch die höhere Verwaltungsbehörde
kann erfolgen, wenn er seinen Verpflich-
tungen nicht nachkommt und die statu-
tarischen Rechte überschreitet. Hier-
gegen ist Rekurs zulässig. Eröffnung
des Konkursverfahrens über das Aus-
schußvermögen hat die Schließung kraft
Gesetzes zur Folge.
Diese Bestimmungen, die in Gw 101 u.
102 enthalten sind, sind durch die Novelle
von 1881 eingefügt und in jetziger Form
am 1. April 1898 in Kraft getreten, nach-
dem kleine Änderungen durch die Hand-
werkernovelle eingefügt worden sind.
Stichwort: Innungen. — Siehe die bei Innungen an-
gegebene Literatur. Weipgelt.
Innungsverbände. Ebenso wie In-
nungen, die derselben Aufsichtsbehörde
unterstehen, zu Innungsausschüssen zu-
sammentreten können, ist auch für In-
nungen, die nicht zu einer gemeinsamen
Aufsichtsbehörde gehören, ein Mittel
übergeordneter Vereinigung geboten, die
I(nnungs)v(erbände). Gleichzeitig ist in
den Iv eine Form gegeben, weit über
die lokalen Grenzen der Aufsichts-
behörden hinaus eine breitere Inter-
essenvertretung zu schaffen. In ihnen
können Innungen, freie wie Zwangs-
innungen, Innungsausschüsse und Hand-
werkskammern vertreten sein. Wir be-
sitzen heute für die einzelnen größeren
Gewerbe je einen, zuweilen auch meh-
rere (Bäcker) Iv, die sich über ganz
Deutschland erstrecken, und deren Inter-
essenfeld sich allmählich so erweitert hat,
daß sie eigene juristisch und nationalöko-
nomisch geleitete Bureaus nötig haben,
um eine segensreiche Tätigkeit entfalten
zu können. Sie sind befugt, den Arbeits-
nachweis zu regeln und Fachschulen an-
zulegen, und haben von diesen Befug-
nissen häufig Gebrauch gemacht.
Hinsichtlich der Errichtung, des Sta-
tuts und der Schließung der Iv gilt un-
gefähr das gleiche, was für die Innungen
und Innungsausschüsse bestimmt Ist. Das
Statut hat den Bestimmungen der Gw
104 a zu entsprechen. Die Genehmigung,
deren das Statut bedarf, wird im Falle,
daß der Verbandsbezirk nicht über den