Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

810 
wird an die höhere Verwaltungsbehörde 
gerichtet, die das weitere veranlaßt, sie 
führt gemäß Gw 100a eine allgemeine 
Äußerung über die Errichtung herbei. 
Nicht zur Inn gehören nach Errichtung 
derselben diejenigen, welche das Ge- 
werbe, für das die Zwangsinnung 
errichtet ist, fabrikmäßig betreiben 
(s. unter Fabrik und Handwerk), und 
solche, die keine Gesellen halten, in 
dem Falle, daß die Inn nur für 
die gesellenhabenden Gewerbetreibenden 
errichtet wurde. Im übrigen entscheidet 
Streitigkeiten, ob jemand der Inn ange- 
hört oder nicht, die Aufsichtsbehörde. Die 
Errichtungskosten sind auf Antrag von 
der Landeszentralbehörde vorzuschießen, 
später hat die Inn alljährlich einen Haus- 
haltsplan der Aufsichtsbehörde vorzu- 
legen. Mit dem Zwangscharakter der Inn 
hängt es zusammen, daß die Zwangsinn 
im Gegensatz zu den freien Inn ihre Mit- 
glieder in der Festsetzung der Preise ihrer 
Waren oder in der Annahme von Kunden 
nicht beschränken darf. 
Die Errichtung der Zwangsinn kann 
wieder aufgehoben werden durch die 
höhere Verwaltungsbehörde, wenn dies 
auf Grund eines Innungsbeschlusses ge- 
mäß Gw 100t beantragt worden ist. 
Stichworte: Fabrik und Handwerk, Innungsausschüsse 
Innungsverbände, Verwandte Gewerbe, Handwerks 
kammern. 
v. Böhmert Das deutsche Handwerk und die 
Zwangsinnungen, 96; Kotze Die Neubelebung der In- 
nungen auf der Grundlage der Gw, 80; Landgraf 
Die Innungsfrage in Baden; Lohren Die Wiederher- 
stellung der Innungen; Neugeboren Zwangsgenossen- 
schaften und Gewerbekammern; E. Richter Gegen die 
Zwangsinnungen; Stieda in Conrads Handwörterbuch 
der Staatswissenschaften; Fleischmann Innungsleit- 
faden; Erhebung über die Wirkungen des Handwerker- 
etzes, Berlin 08. Siehe auch Lit bei Stieda i. Jhb 
. Nat u. Stat, NF 2 273-282, und in den Kommentaren 
zurGw von Schicker,Schenkel,v. Landmann, 
v. Marcinowski, Berger-Wilhelmi. Siehe auch 
die Handwerkskammerberichte. Welgelt. 
Innungsausschüsse. Für einen Teil 
oder die Gesamtheit der Innungen, die 
einer gemeinsamen Aufsichtsbehörde un- 
terstehen, kann ein Innungsausschuß zur 
Vertretung der gemeinsamen Innungsin- 
teressen gebildet werden. Die beteiligten 
Innungen können ihm Rechte und Pflich- 
ten zur Wahrnehmung übertragen. Der 
Gründungshergang ist folgender: Eine 
gemeinsame Versammlung der Innungen 
stellt das Statut des Ausschusses fest, das 
die höhere Verwaltungsbehörde zu geneh- 
migen hat. Gegen eine Ablehnung kann 
innerhalb von 4 Wochen Beschwerde an 
die Landeszentralbehörde eingelegt wer- 
den. Durch die letztere kann der Innungs- 
ausschuß die Fähigkeit erhalten, gleich 
  
Innungen — Innungsverbände. 
wie eine Innung Rechte zu erwerben, 
Verbindlichkeiten einzugehen, vor Ge- 
richt zu klagen und verklagt zu werden, 
wobei ebenso wie bei der Innung nur das 
Vermögen des Ausschusses für alle Ver- 
bindlichkeiten haftet. 
Eine Schließung des Innungsausschus- 
ses durch die höhere Verwaltungsbehörde 
kann erfolgen, wenn er seinen Verpflich- 
tungen nicht nachkommt und die statu- 
tarischen Rechte überschreitet. Hier- 
gegen ist Rekurs zulässig. Eröffnung 
des Konkursverfahrens über das Aus- 
schußvermögen hat die Schließung kraft 
Gesetzes zur Folge. 
Diese Bestimmungen, die in Gw 101 u. 
102 enthalten sind, sind durch die Novelle 
von 1881 eingefügt und in jetziger Form 
am 1. April 1898 in Kraft getreten, nach- 
dem kleine Änderungen durch die Hand- 
werkernovelle eingefügt worden sind. 
Stichwort: Innungen. — Siehe die bei Innungen an- 
gegebene Literatur. Weipgelt. 
Innungsverbände. Ebenso wie In- 
nungen, die derselben Aufsichtsbehörde 
unterstehen, zu Innungsausschüssen zu- 
sammentreten können, ist auch für In- 
nungen, die nicht zu einer gemeinsamen 
Aufsichtsbehörde gehören, ein Mittel 
übergeordneter Vereinigung geboten, die 
I(nnungs)v(erbände). Gleichzeitig ist in 
den Iv eine Form gegeben, weit über 
die lokalen Grenzen der Aufsichts- 
behörden hinaus eine breitere Inter- 
essenvertretung zu schaffen. In ihnen 
können Innungen, freie wie Zwangs- 
innungen, Innungsausschüsse und Hand- 
werkskammern vertreten sein. Wir be- 
sitzen heute für die einzelnen größeren 
Gewerbe je einen, zuweilen auch meh- 
rere (Bäcker) Iv, die sich über ganz 
Deutschland erstrecken, und deren Inter- 
essenfeld sich allmählich so erweitert hat, 
daß sie eigene juristisch und nationalöko- 
nomisch geleitete Bureaus nötig haben, 
um eine segensreiche Tätigkeit entfalten 
zu können. Sie sind befugt, den Arbeits- 
nachweis zu regeln und Fachschulen an- 
zulegen, und haben von diesen Befug- 
nissen häufig Gebrauch gemacht. 
Hinsichtlich der Errichtung, des Sta- 
tuts und der Schließung der Iv gilt un- 
gefähr das gleiche, was für die Innungen 
und Innungsausschüsse bestimmt Ist. Das 
Statut hat den Bestimmungen der Gw 
104 a zu entsprechen. Die Genehmigung, 
deren das Statut bedarf, wird im Falle, 
daß der Verbandsbezirk nicht über den
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.