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Instanzenzug s. Gerichte, Rechtsmit-
tel, Verwaltungsstreitverfahren.
Institutionen Justinians sind ein
Lehrbuch mit Gesetzeskraft; formell sind
sie ein Gesetz, materiell ein Lehrbuch
nach dem Muster der Institutionen des
Gajus. Ihre Publikation erfolgte durch
die Const Imperatoriam 533. — Eintei-
lung in vier Bücher, diese in Titel, diese
in Paragraphen (keine leges). — Institu-
tionenhandschrift von Bamberg und von
Turin.
Instleute s. Arbeiter, landwirtschaft-
liche.
insula in flumine nata s. Uferrecht.
Intellektueller Urheber s. Anstif-
tung, Beihilfe.
Intellektuelle Urkundenfälschung
s. Urkundenfälschung.
Interdicta (prozessualisch). Die Inter-
dikte sind Befehle, die ein mit imperium
ausgestatteter Beamter auf Begehren
einer Partei gegen die andere erläßt, um
dieser entweder ein Tun — decreta —
oder ein Unterlassen — interdicta i. e.S.
— vorzuschreiben, vgl Gaius IV 8 139. —
Deshalb konnten, wie allgemein ange-
nommen wird, Munizipalbeamte inter-
dicta nicht erlassen.
Man hat zuweilen behauptet, daß die
Interdikte ursprünglich ein Notbehelf
waren und der Prätor zu der Zeit, als er
noch keine actio gewähren konnte — also
vor der lex Aebutia — sich darauf be-
schränkt habe, interdicta zu erlassen, eine
Theorie, die sich vor allem auf die Tat-
sache stützt, daß in manchen Fällen ein
Interdikt einer prätorischen actio voraus-
gegangen ist — z. B. das interdictum
Salvianum der actio Serviana, das inter-
dictum fraudatorium der actio Pauliana —
wie sich denn auch einzelne Andeutungen
finden, daß gewisse Interdikte wohl schon
vor der lex Aebutia existiert haben
mögen, auf die einige Stellen in den Wer-
ken der Komiker anzuspielen scheinen,
vgl Plautus Stichus V 4, 14; Terenz Eu-
nuch II 3, 27,
Endlich ist das Verfahren bei den In-
terdikten, wie wir noch sehen werden, so
verwickelt, daß es nicht gut einzusehen
wäre, weshalb diese eigentümliche Form
an Stelle einer actio gewählt sein sollte,
wenn letzterer Weg schon seit langem be-
kannt war.
Allein diese Ansicht verträgt sich
schlecht mit dem Fortbestand der Inter-
Instanzenzug — Interdicta.
dikte unter der Herrschaft der Formular-
prozesses und der wohl jetzt erst er-
folgten weiteren Ausbildung dersel-
ben. Der weitaus größte Teil der In-
terdikte ist zudem sicher jünger als
die lex Aebutia, und der Prätor
hätte an ihrer Stelle dann ja einfach Kla-
gen gewähren können. Daß er trotzdem
häufig auf die Interdikte zurückgriff, ist
nicht bloß durch die Macht der Gewohn-
heit zu erklären, sondern durch gewisse
Vorteile, die das Interdiktsverfahren ge-
währte, nämlich dadurch, daß der Erlaß
eines Interdikts kein Akt der iurisdictio
war, da hierbei keins der 3 Worte: do,
dico, addico vorkommt, dasselbe also
jederzeit begehrt werden konnte, ohne,
wie bei der actio, erst einen dies fastus,
hierzu abzuwarten, 19 D 11, 7.
Ihr Aufkommen ist vielmehr wahr-
scheinlich aus dem Umstande zu erklären,
daß allmählich die Legisaktionen nicht
mehr ausreichend waren und sich zahl-
reiche Interessen bemerkbar machten, die
man nicht ohne rechtlichen Schutz Jassen
konnte. Speziell in den meisten Fällen, in
denen es sich um eine Störung der Öffent-
lichen Ordnung handelte, war früher aus-
schließlich der Weg der Selbsthilfe ge-
' geben. Um hier nun Abhilfe zu schaffen,
bedienten sich die Magistrate unmittelbar
ihres Imperiums, indem sie entsprechende
Anordnungen zur Aufrechterhaltung der
Ordnung gaben, und so ist es erklärlich,
weshalb die Interdikte zuerst zum Schutze
der res divinae und später der res publicae
auftauchen, I 1 pr D_43, 1.
Das als praktisch anerkannte Mittel
wurde dann bald auch auf gewisse Pri-
vatverhältnisse ausgedehnt, vor allem aber
bei Besitzstreitigkeiten angewandt, wo es
mehr als sonst zu befürchten war, daß
durch die Selbsthilfe der Parteien die
öffentliche Ordnung gestört werden
würde, s. Pernice ZSSt 17 194;
Karlowa Röm Rechtsgesch 2 1028;
Cug lust 1 283.
Es gibt eine große Anzahl von Inter-
dikten, und man hat daher nach formellen
wie nach materiellen Gesichtspunkten ver-
schiedene Einteilungen derselben aufge-
stellt.
In materieller Ansicht unterscheidet
man gewöhnlich folgende Hauptarten:
1. Religiöse und profane, | 1 pr D 43,1;
ein religiöses Interdikt ist z. B das inter-
dittum ne quid in loco sacro fiat;