Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

Interdicta. 
2. populare und private Interdikte. Po- 
pularinterdikte sind u. a. die interdicta ne 
quid in loco sacro und ne quid in loco 
publico fiat, tit D 43, 6 und 43, 8; 3, ver- 
erbliche und unvererbliche Interdikte. 
Aktiv vererblich sind z. B. die interdicta 
unde vi und de precario, unvererblich die 
interdicta uti possidetis und utrubi; passiv 
vererblich ist das interdictum quod vi aut 
clam, unvererblich das interdictum uti 
possidetis; 4. interdicta possessoria und 
petitoria, eine Einteilung wahrscheinlich 
nach dem Gesichtspunkt, ob bei ihrer An- 
stellung eine Berufung auf das Recht aus- 
geschlossen ist oder nicht; 5. interdicta 
annalia und perpetua, 1184D43, 1; 
annalia sind unter anderem das interdic- 
tum quod vi aut clam; de vi cottidiana, 
interdictum fraudatorium; 6. endlich in 
Besitzinterdikte und solche, die es nicht 
sind. Die Besitzinterdikte selbst wieder- 
um teilt man ein in interdicta retinendae, 
recuperandae, adipiscendae und tam 
adipiscendae quam recuperandae pos- 
sessionis (s. Ppossessio). 
Der Form nach teilt man sie ein 1. in 
exhibitorische, restitutorische und prohi- 
bitorische Interdikte nach den für sie cha- 
rakteristischen Worten des prätorischen 
Befehls: exhibeas, restituas oder vim fieri 
veto,1181D43,1; 2. in interdicta sim- 
plicia und duplicia, je nachdem beide Par- 
teien gleichzeitig die Rolle des Klägers 
und Beklagten spielen oder nicht. Die 
wichtigsten interdicta duplicia sind das 
interdictum uti possidetis und utrubi 
sowie de superficie. Fast alle an- 
deren sind simplicia; 3. primäre und se- 
kundäre Interdikte, je nachdem sie von 
vornherein oder im Verlaufe eines an- 
(ea), erdikisprozesses erlassen werden 
s. u.) 
Das Interdiktsverfahren nun geht fol» 
gendermaßen vor sich. Der Magistrat er- 
läßt das Interdikt in Gegenwart beider 
Parteien. Gegen den etwa nicht erschie- 
nenen Beklagten werden die gegen den 
ifdefensus vorgesehenen Zwangsmaßre- 
geln in Anwendung gebracht, d. h. es wird 
missio in bona gewährt, vgl 13 8 14 D 
43, 29, 
Wird dem Befehl nicht widersprochen, 
so hat das Verfahren schon sein Ende er- 
reicht, und es bestand hierin ursprünglich 
wohl auch das gesamte Interdiktsverfah- 
ren, da man annimmt, daß der Magistrat 
anfänglich nach Kenntnis der Sachlage 
  
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einen unbedingten Befehl erließ und des- 
sen Befolgung durch Verhängen von Stra- 
fen — multis et pignoribus — durch- 
setzte; vgl Pernice ZSSt 5 (1884) 33. 
Aber für die Zeit, die wir kennen, erläßt 
der Prätor alle Interdikte ohne vorherige 
Prüfung in bedingter Form, und sofern 
eine Partei Widerspruch erhebt, überweist 
er die Prüfung des zugrunde liegenden 
Sachverhalts an einen Geschworenen, der 
nun darüber zu entscheiden hat, ob das 
Interdikt begründet ist oder nicht. — Hier- 
für bestehen nun zwei Verfahrensarten, 
nämlich das Verfahren per sponsionem et 
restipulationem, das vielleicht schon zur 
Zeit der Legisaktionen bestand, und bei 
dem die Parteien sich gegenseitig eine 
Geldsumme versprechen für den Fall, daß 
das Interdikt innegehalten resp verletzt 
worden sein sollte, und das Verfahren per 
formulam arbitrariam, das natürlich -nicht 
älter sein kann als die lex Aebutia, und bei 
dem der Prätor auf Grund seines Inter- 
dikts eine Formel erläßt, in der er den Ge- 
schworenen anweist, den Beklagten zu 
verurteilen, falls er nicht dem Gebot des 
Interdikts nachgekommen ist. Hinsicht- 
lich der Geldsumme, die bei dem ersten 
Verfahren der Verlierende zu bezahlen 
hat, spricht Gaius hierbei von einem Ver- 
fahren cum resp sine poena oder periculo 
IV 8 141. 
Wir wenden uns zunächst dem Verfah- 
ren per sponsionem et restipulationem, 
als dem älteren, zu, wobei wir zwischen 
den interdicta simplicia und duplicia unter- 
scheiden müssen. 
Bei den interdicta simplicia, den ein- 
facheren, muß derjenige, der sich bei dem 
Interdikt nicht beruhigen will, seinen Geg- 
ner, regelmäßig binnen Jahresfrist nach 
Erlaß des Interdikts, vor Gericht bringen 
und ihn dazu veranlassen, eine sponsio zu 
leisten, d. h. ihm eine Summe Geldes zu 
versprechen für den Fall, daß er das Inter- 
dikt nicht beachtet habe, wobei er aller- 
dings für die Eventualität, daß seine Klage 
unbegründet sein sollte, auch seinerseits 
eine Geldsumme, die sog restipulatio, ein- 
setzen muß. — Die Höhe dieser sponsio 
und restipulatio wird ursprünglich dem 
Wert des Streitgegenstandes gleichge- 
kommen sein, zumal zur Zeit der Legis- 
aktionen ihm kein anderer Anspruch zu- 
stand und so die sponsio als Ersatz die- 
nen mußte. Zur Zeit des Formularprozes- 
ses besitzen die sponsio und restipulatio
	        
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