Interesse.
punktes: es handelt sich zuletzt immer um
die Bedeutung oder den Unterschied (das
inter-esse, daher der Name), der sich in-
folge eines bestimmten Ereignisses oder
eines sonstigen Umstandes in der Lage
einer Person — des Interessenten — ge-
genüber der Lage ergibt, wie sie ohne
Hinzutritt dieses Umstandes sein würde.
Die Grundlage für die Anwendung des
Begriffes ist also die Vergleichung zweier
Zustände verschiedener Bedeutung: eines
wirklich vorliegenden und eines gedach-
ten. Allerdings wird diese Grundlage
nicht immer vom Sprachgebrauch streng
festgehalten: man redet von ‚Int‘ nicht
selten allgemein da, wo einfach die Be-
dürfnisse oder die Vorteile, ja die allge-
meine Lage einer Person oder Personen-
klasse bezeichnet werden sollen.
Im einzelnen wird vom Int insbesondere
in folgenden Punkten gehandelt:
1. In der allgemeinen Rechtslehre ver-
wendet man das Wort „Int“ vielfach, um
die Grundlage, den Zweck und die Unter-
schiede sowohl bei der Rechtsordnung
(dem „Rechte im objektiven Sinne“) als
bei den Berechtigungen der einzelnen
(dem „Rechte im subjektiven Sinne‘‘) zu
bezeichnen.
a. Die Rechtsordnung dient überall der
Förderung menschlicher Int. Diese För-
derung ist ihr Zweck, auf dem sie not-
wendig beruht — „Der Zweck ist der
Schöpfer des ganzen Rechts“ (Jhering).
Aus diesem Gesichtspunkte ergibt sich die
von dem genannten Forscher wennschon
nicht begründete, so doch mit besonde-
rem Nachdruck und Erfolg in den Vor-
dergrund gerückte teleologische Betrach-
tungsweise, die Zweckjurisprudenz im
Gegensatze zu der vorwiegend nur auf
die formale Konstruktion und Folgerich-
tigkeit sehenden Begriffsjurisprudenz,
wie sie noch den ersten Entwurf des
deutschen B entscheidend bestimmt
hatte, derzeit aber stark in den Hinter-
grund getreten ist.
Dient die Rechtsordnung der Befrie-
digung menschlicher Bedürfnisse oder
„Int“, so liegt es nahe, auch die Ein-
teilung der Rechtssätze nach der Ver-
schiedenheit der damit zu befriedigen-
den Int abzustufen. So ergibt sich
die schon von den Römern mit muster-
gültiger Klarheit vollzogene Einteilung in
öffentliches und Privatrecht, von denen
jenes vorwiegend dem Schutze der Ge-
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samtinteressen, dieses zunächst (wenn-
schon nicht auch zuletzt und überhaupt
nicht ausschließend) dem Schutze der
Sonderinteressen der einzelnen zu dienen
berufen ist.
b. Aber auch für die Feststellung der
subjektiven Berechtigungen ist die Ver-
wertung des Interessebegriffs fruchtbar,
ja unerläßlich. Auch das hat besonders
Jhering in höchst verdienstvoller Weise
erkannt. Zwar geht es, wie heute meist
anerkannt wird und jedenfalls im Sinne
des deutschen B nicht angezweifelt wer-
den sollte, zu weit, wenn Jhering Recht
und Int geradezu gleichgesetzt hat —
„Rechte sind rechtlich geschützte Int.‘
Aber daß jedes Recht, wie immer es auch
beschaffen sei, dem Schutze eines Int zu
dienen habe, daß es in dieser seiner
Zweckbestimmung sein Ziel und seine
Begrenzung finde, darüber haben uns
Jherings Forschungen endgültig die
Augen geöffnet. Ist das Recht Willens-
macht, so doch nur eine dem Berechtigten
zur Verteidigung und Befriedigung seines
Int zugebilligte Willensmacht.
Das hat auch den größten Wert für die
unmittelbare praktische Beurteilung. Dient
jedes Recht ausschließend der Befriedi-
gung eines Int, so findet, wenn nicht
sein Dasein, so doch mindestens seine
Ausübungsmöglichkeit in diesem Int, dem
das Recht dient, seine selbstverständliche
Begrenzung. Kein Recht darf weiter aus-
geübt werden, als es zur Befriedigung der
damit zu verfolgenden Int des Berechtig-
ten erforderlich ist. Diese rechtsphiloso-
phische These ist wenigstens in be-
schränkter Weise nunmehr in aller Form
vom B aufgenommen, wie sie auch
schon vom römischen Recht (‚‚malitiis non
indulgendum est‘) vielfach verwertet
worden war: nach $ 226 ist die Aus-
übung eines Rechtes unzulässig, wenn
sie nur den Zweck haben kann,
einem anderen Schaden zuzufügen. Al-
lerdings ist damit nicht gesagt, daß
man sein Recht nur gerade zur För-
derung des Int ausüben dürfe, für das spe-
ziell dieses auszuübende Recht bestimmt
ist, und es bleibt die Rechtsausübung
schon dann statthaft, wenn sie auch nur
möglicherweise einen anderen als den
Schädigungszweck haben kann.
2. Von besonderer Bedeutung ist der
Begriff des ‚Int‘ im Rechte der Schuld-
verhältnisse. Das Int ist die unerläßliche