Internationales Privatrecht.
fänge eines internationalen Vertragsrech-
tes gefunden sind, vielfach neben diesem
formell gemeinen internationalen Rechte
auch materiell gemeines internationales
Recht erscheint, weil die internen staat-
lichen Gesetzgebungen die übereinstim-
menden Ergebnisse der die Gesetzgebung
weit überholt habenden internationalen
Theorie für ihre Rechtspolitik verwerte-
ten, mag noch besonders betont sein, um
darauf hinzuweisen, wie gerade der Praxis
in dieser Zeit des Überganges aus der
vielfachen Wechselwirkung zwischen ex-
ternem und internem internationalem Pri-
vatrecht, aus der stets notwendigen schar-
fen Scheidung zwischen dem prinzipalen
externen internationalen Privatrecht und
dem subsidiären internen internationalen
Privatrecht mannigfache Schwierigkeiten
erwachsen, die man zusammenfassend be-
zeichnen kann mit dem Spruche: Ex-
ternes internationales Recht bricht inter-
nes internationales Recht, internes inter-
nationales Recht bricht internes nationa-
les Recht.
Il. Bestimmungen einer internen Rege-
lung des internationalen Privatrechts
durch besondere Normen in den privat-
rechtlichen Kodifikationen finden sich
seit dem Änfange des 19. Jahrhunderts,
zunächst nur spärlich, dann in seiner
zweiten Hälfte entsprechend der unge-
meinen Ausbreitung des internationalen
Verkehrs immer häufiger (so in den Ge-
setzgebungen Italiens 65, Spaniens 69,
Belgiens, Entwurf 90 und Decret Congo-
lais 91, Schweiz 91, Japan 98, Deutsch-
land 1900), Bestrebungen, deren Ausfüh-
rung freilich nicht immer dem Grund-
satze der modernen Wissenschaft ent-
sprochen hat (so in Japan und Deutsch-
land), daß die Privatrechtsordnungen der
einzelnen Staaten als gleichwertig zu be-
trachten seien und der Vorrang der natio-
nalen Gesetzgebung vor der anderer Staa-
ten auf kollisionsrechtlichem Gebiete nicht
bestehen dürfe, daß es sich bei der Rege-
lung der hier fraglichen Verhältnisse nicht
um Anwendung des ausländischen Rech-
tes aus Höflichkeit, sondern aus Billigkeit
handle. (Unberührt bleibt von diesem all-
gemeinen Gedanken selbstverständlich die
theoretische Grundlegung der prinzipiel-
len Feststellung, wann und auf welche
rechtlichen Verhältnisse jeweilig ein aus-
ländisches Gesetz Anwendung finden
muß.)
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II. Die so geschaffene Verschieden-
heit der einzelnen internen internationalen
Privatrechtsordnungen mußte natürlich
zu mannigfachen Widersprüchen führen,
konnte nur im günstigsten Falle eine zu-
fällige gelegentliche Übereinstimmung ge-
ben. Dagegen boten internationale Ver-
einbarungen durch Verträge und Abkom-
men den großen Vorteil, gewissermaßen
ein weites Gebiet mit einem aus zunächst
nur wenige Leitrichtungen angebenden
Netze zu bedecken, dem sich die beson-
deren Vorschriften der verschiedenen
nationalen Rechte, ohne miteinander in
Widerspruch zu geraten, anschließen und
einfügen ließen. Denn war z. B. erst ein-
mal festgestellt, daß eine nach Erfüllung
bestimmter Voraussetzungen in einem
Vertragsstaate gültig geschlossene Ehe
in allen Vertragsstaaten als gültig anzu-
erkennen sei, so war damit eine bedeu-
tende Förderung internationaler Rechts-
sicherheit erreicht, ohne daß der natio-
nalen Gesetzgebung damit zugemutet
worden wäre, das, was sie zur Aufrecht-
erhaltung der öffentlichen Ordnung für
nötig hielt, aufzugeben, da eben jene
Feststellung notwendig aus einer Ver-
einbarung darüber hervorgehen mußte,
welche nationalen Rechtsgüter ein jeder
Vertragsstaat nicht aufgeben könne und
wolle. Man hat deshalb versucht, das in-
ternationale Recht auf staatsvertraglicher
Grundlage gleichsam als Zwitterbildung
zu verdächtigen. Man darf aber nicht
übersehen, daß auch die moderne natio-
nale legislative Arbeit vielfach erst durch
einen parlamentarischen Kompromiß zu
praktischen Resultaten geführt werden
kann und daß man nicht das Bessere ver-
schmähen darf, weil man das Beste nicht
erlangen kann. Wie nötig aber für die
Entwickelung des externen internationa-
len Rechtes diese Kompromißpolitik ist,
hat die Geschichte dieser Entwickelung
gezeigt, die nur da erfolgreich gewesen
ist, wo sich ein solcher Ausgleich natio-
naler Gegensätze durchführen ließ: auf
eng begrenzten, genau bestimmten Ge-
bieten.
IV. Unter Verzicht auf einseitige Ge-
setzgebung durch internationale Verein-
barung die Schwierigkeiten des internatio-
nalen Privatrechts zu lösen versuchten
zuerst südamerikanische Staaten: zwei
Vertragsentwürfe bezweckten einheitliche
Kodifikation dieses Rechtes für mehrere