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Staaten. Zunächst der Vertragsentwurf
vonLima, 1878 (deutsch: Meili Die Ko-
difikation des internationalen Rechtes
91), der gelegentlich einer Staatenkon-
ferenz entstand, an der Argentinien, Bo-
livia, Chile, Costarica, Ecuador, Peru, Ve-
nezuela teilnahmen und der (Art 2) als
Personalstatut die lex patriae annahm.
Sodann der Vertragsentwurf von Monte-
video 1889 über internationales Zivilrecht
und über internationales Handelsrecht
(Meili I. c. 103 und 123, die Konven-
tion über Handelsrecht ist dann in Argen-
tinien, Bolivia, Paraguay, Peru, Uruguay
in Kraft getreten) gelegentlich einer Staa-
tenkonferenz, an der außer den an der
Konferenz von Lima teilhabenden Staaten
(Costarica, Ecuador, Venezuela blieben
diesmal fern) noch Brasilien, Paraguay,
Uruguay vertreten waren. Hier wurde als
Personalstatut die lex domicilii be-
zeichnet. Die Prüfung dieser Verträge
von Montevideo, insbesondere bezüglich
des internationalen Strafrechts, wurde
dann von dem ersten sog panamerikani-
schen Kongresse, der Konferenz der nord-,
mittel- und südamerikanischen Staaten in
Washington (2. Okt1889 bis 19. April 1890)
den einzelstaatlichen Regierungen emp-
fohlen und auf dem zweiten panamerika-
nischen Kongresse in Mexiko (22. Okt
1901 bis 31. Jan 1902) ein sehr umfang-
reiches Programm in zehn Vertragsent-
würfen aufgestellt, das u. a. die Kodifi-
kation des internationalen öffentlichen
und privaten Rechtes vorsah, aber bis
jetzt nur auf den allgemeinen Wunsch
einer solchen Kodifikation beschränkt
blieb. Praktischere Resultate erzielten
später einsetzende ähnliche Bemühungen
in Europa, die (freilich nicht von vorn-
herein) sich auf enger umgrenzte Gebiete
des internationalen Rechtes beschränkten.
Hier war Mancini (s. diesen) der Vor-
kämpfer des internationalen Vertragsrech-
tes gewesen, ohne daß seine Propaganda
zu einer europäischen Staatenkonferenz
geführt hätte. Auch ein von der nieder-
ländischen Regierung 1874 ausgearbeite-
tes Konferenzprojekt über die Anerken-
nung auswärtiger Zivilurteile blieb ohne
Erfolg, als jedoch die Niederlande im
August 1893 durch ein Memorial ein um-
fassendes Programm für die staatsvertrag-
liche Regelung des internationalen Pri-
vatrechtes aufstellten, führte dessen ein-
schränkende Kritik zu den Haager Staats-
Internationales Privatrecht.
konferenzen von 1893, 1894, 1900 und
1904, an denen sich fast alle Staaten des
kontinentalen Europas beteiligten und de-
ren bisheriger Reingewinn eine Reihe von
Abkommen über internationales Privat-
und Zivilprozeßrecht war, die teilweise
schon zwischen den vertragschließenden
Staaten in Kraft getreten sind, teilweise
in absehbarer Zeit in Kraft treten werden.
An der ersten Konferenz nahmen dreizehn
Staaten teil (Deutsches Reich, Österreich-
Ungarn, Belgien, Dänemark, Spanien,
Frankreich, Italien, Luxemburg, Nieder-
lande, Portugal, Rumänien, Rußland,
Schweiz), denen sich von der zweiten
Konferenz an Schweden (Norwegen) bei-
gesellte. Japan beteiligte sich an der vier-
ten Konferenz, Serbien hatte die Einla-
dung unbeantwortet gelassen, Griechen-
land seine Nichtbeteiligung entschuldigt
und England seine Beteiligung wegen der
Besonderheit des englischen Rechtes ab-
gelehnt. Als Ergebnisse dieser Konferen-
zen wurden getroffen eine Prozeßkonven-
tion (Revision durch die vierte Konferenz)
sowie Abkommen über die Eheschlie-
sung, die Wirkungen der Ehe, die Ehe-
scheidung, die Vormundschaft über Min-
derjährige und über die Entmündigung,
während über die Entwürfe für eine Reihe
weiterer Abkommen (Erbrecht, Konkurs-
recht; auch Vorberatungen über Wechsel-
recht) bisher eine Einigung nicht erzielt
werden konnte. Da fast alle auf den
Haager Konferenzen vertretenen Staaten
(ausgenommen Norwegen und die
Schweiz) dem Nationalitätsprinzip huldi-
gen, so fand die lex patriae als Personal-
statut zwar allgemeine, aber nicht grund-
sätzliche Anerkennung: das Abkommen
über die Ehebegründung versuchte eine
Versöhnung der lex patriae mit der lex
domicilii, das über die Ehescheidung er-
strebte die Lösung der schwierigen Frage
durch eine Kumulation der beiden Ge-
setze.
Actes de la conference de la Haye charg6e de reglementer
diverses matiöres de droit international prive 12 A 17 sept
1893, La Haye 93; Actes de la deuxieme conference ...
25 juin & 13 juillet 1894, La Haye 94; Actes de la troisiäme
conference . . . 29 maiä& 18 juin 1900, La Haye 00: Docu-
ments relatifs A la troisitme conference .. .. La Haye 00;
Actes de la quatri&me conference . . . 16 mai & ? juin
1904, La Haye 04; Documents relatifs A la quatriöme con-
f&rence ... ., La Haye 04. (Neben diesen Materialien kom-
men für die Beurteilung ihrer theoretischen Grundlagen
insbesondere die Arbeiten des Institut international viel-
fach in Betracht, sowie für die Beurteilung des Verhält-
nisses der Haager Abkommen zu den nationalen Rechten
die parlamentarischen Denkschriften.) Außer den alige-
meinen Werken über internationales Recht und den mono-
graphischen Darstellungen einzelner Materien desselben «sind
von in Buchform über die Haager Abkommen veröffentlichten
sowie internationales Recht auf staatsrechtlicher Grundlage