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Frage zu finden, inwieweit von einem
ausländischen Gerichte gefällte Urteile
im Inlande als res judicatae zu behandeln
sind (wobei auch die negative Wirkung
der Urteile, die exceptio rei judicatae, zu
berücksichtigen sein dürfte). Das Haager
Abkommen über den ZivilprozeB (von
1899, in Revision) vom 17. Juli 1905
(nebst Reichsgesetz zur Ausführung vom
5. April 1909) regelt nur einen sehr be-
scheidenen Teil des internationalen Zivil-
prozeßrechtes für das Vertragsgebiet (da-
neben versuchen das Abkommen über die
Ehescheidung durch eine „prozeßrecht-
liche Verweisung“ [Meili] und der Ent-
wurf des Abkommens über das Erbrecht
Bestimmungen über die Jurisdiktion und
Fora zu geben). Indessen die Hauptfrage
des internationalen Zivilprozeßrechtes
nach der Vollstreckung auswärtiger Ur-
teile und die damit im engen Zusammen-
hange stehende Frage nach der Ordnung
der internationalen Gerichtsbarkeit harren
noch (und wohl auf geraume Zeit hinaus)
ihrer Beantwortung durch in Staatsver-
trägen, zunächst zwischen einzelnen Staa-
ten, dann aber durch eine internationale
Konvention für ein größeres Gebiet ein-
heitlich festgestellte Normen.
Die Zuständigkeit der Gerichte soll all-
gemeiner Ansicht nach grundsätzlich
ebenso von den Gerichten eines Staates
bestimmt werden, wie wenn der jeweilige
Prozeß keine Beziehungen zum Auslande
oder zu Ausländern hätte, eine Ansicht,
die zunächst nur feststellen will, daß
einem Ausländer sein Recht von einem
inländischen Gerichte nicht darum ver-
weigert werden soll, weil er Ausländer
ist, daß die inländischen Gerichte inner-
halb ihrer Zuständigkeit in gleicher Weise
Inländern wie Ausländern Rechtsschutz
zu gewähren haben. Dabei wird, da „auch
prozessual die Rechtsverhältnisse dem-
jenigen Gerichte zufallen, dessen Bezirke
sie materiell angehören‘‘, jeweilig die Be-
ziehung zum Auslande und zu den Aus-
ländern schon durch die örtliche Zustän-
digkeit der Gerichte bedingt sein. Die be-
friedigende Lösung des schwierigen Pro-
blems, welche Gerichtsstände eines Staa-
tes zur internationalen Anerkennung ge-
eignet sind, des Problems der internatio-
nalen Kompetenzgründe, ist freilich noch
nicht mit der reziproken Anerkennung der
inländischen Kompetenzgründe gegeben
(wie z. B. Z 328 will). Man hat hier man-
Internationales Privatrecht.
nigfache Vorschläge gemacht, ja sogar
nach antikem Muster besondere Fremden-
gerichte vorgeschlagen. Jedenfalls findet
die grundsätzliche Anschauung immer all-
gemeiner Anerkennung, welche die inter-
nationale Kompetenz des Gerichtes desje-
nigen Staates annimmt, dessen Gesetze
materiell den streitigen Rechtsanspruch
entscheiden. (Allerdings könnten die Par-
teien, soweit sie überhaupt Einfluß auf
das materielle Recht haben, sich freiwillig
einem an sich zuständigen Gerichte unter-
werfen, z. B. stillschweigend durch Be-
gründung eines Wohnsitzes im Gerichts-
bezirke.) Die Prozeßfähigkeit (im Sinne
der Z 50-55) eines Ausländers (vor deut-
schen Gerichten, s. Z 55) ist allemal ge-
geben, wenn er sie nach dem Rechte des
(deutschen) Prozeßgerichtes, wenn auch
nicht nach dem Rechte seines Staates be-
sitzt, und ebenfalls, wenn er sie nur
nach dem Rechte seines Staates be-
sitzt. Die nach deutschem Rechte (Z 110)
bestehende Verpflichtung des ausländi-
schen Klägers dem Beklagten gegenüber
zur Sicherheitsleistung für die ProzeßB-
kosten, mag sie auf eine fremde Staats-
angehörigkeit oder auf den Mangel eines
Wohnsitzes im Inlande gegründet wer-
den, ist durch das Haager Abkommen (s.
w. 0.) Art 11 im Vertragsgebiete für An-
gehörige der Vertragsstaaten, die im Ver-
tragsgebiete ihren Wohnsitz haben,
ebenso wie die Vorauszahlung, die von
den Klägern oder Intervenienten zur
Deckung der Gerichtskosten einzufordern
wäre (GKG 85), beseitigt worden. Da-
neben finden die Abkommen, durch die
einzelne Staaten für ihre Angehörigen
ohne Rücksicht auf den Wohnsitz Befrei-
ung von der Sicherheitsleistung für die
Prozeßkosten oder von der Vorausbezah-
lung der Gerichtskosten vereinbaren, An-
wendung (in Italien, Dänemark, Nor-
wegen sieht die Gesetzgebung von einer
solchen Sicherheitsleistung ab; s. ferner
RGBI 79 316, 318, 81 86, 87 120). An-
dererseits ist die rechtkräftige Verurtei-
lung eines so befreiten Klägers in die Ko-
sten in allen Vertragsstaaten zu voll-
strecken, Abkommen Art 18, 19; AG 5
bis 9. Das sog Armenrecht wird Ange-
hörigen der Vertragsstaaten ebenso wie
Inländern gegeben, Abkommen Art 20 bis
23, Personalhaft in Zivil- und Handels-
sachen ist gegen Angehörige der Ver-
tragsstaaten nur in den Fällen anwend-