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dem zuständigen Gerichte (wie das Deut-
sche Reich, Z 328, 722) gewähren. Dabei
werden in manchen Staaten (so in Frank-
reich) Urteile nur auf Grund eines beson-
deren, die Vollstreckung vorsehenden
Staatsvertrages vollstreckt, von manchen
Staaten wiederum wird das Erfordernis
der Gegenseitigkeit aufgestellt, wie auch
von Deutschland. Nach Z 328 Abs 1
Ziff 5 ist die Anerkennung des Urteils
eines ausländischen Gerichts ausge-
schlossen, wenn die Gegenseitigkeit nicht
verbürgt ist (Ausnahme Z 328 Abs 2).
Das setzt zunächst voraus, daß der aus-
ländische Staat ohne Nachprüfung der
Gesetzmäßigkeit der Entscheidung das
deutsche Urteil anerkennt. Sodann, daß
die Gegenseitigkeit auf Rechtsnormen
(Gesetze des ausländischen Staates,
Staatsverträge) beruhend tatsächlich in
Geltung ist (mindestens durch die stän-
dige Praxis des ausländischen Staates).
Dieser Zustand der rechtlich und tatsäch-
lich verbürgten Gegenseitigkeit findet sich
nun Deutschland gegenüber nur insge-
samt in sehr wenig Staaten; es sind dies
die folgenden: das zisleithanische Öster-
reich (Exekutivordnung vom 27. Mai
1896), Italien (Art 94111 Codice de pro-
ced civ), Spanien (Z vom 3. Febr 1881),
Rumänien (Z 374), Ägypten (Z für die ge-
mischten Tribunale 468 und Z für Ein-
geborene 407), Mexiko (Z 780ff, 794),
Dänemark (gemäß amtlicher Auskunft des
Justizministers), Brasilien (Art 6 des Ge-
setzes vom 4. Aug 1875 unter Vorbehalt),
Kalifornien (Spezialgesetz vom 17. Febr
1907) (Gelegenheitsgesetz gegen die
deutschen Versicherungsgesellschaften!),
15 Kantone der Schweiz. Dazu gibt die
formelle Verbürgung der Gegenseitigkeit
(deren Prüfung allein schon vielfache
Zweifel hervorruft), welche die Voll-
streckung von Urteilen ausländischer
Behörden durch deutsche Gerichtshöfe
grundsätzlich erzwingbar macht, durch-
aus noch keine Bürgschaft dafür, daß
die rechtlichen und gerichtlichen Ver-
hältnisse des ausländischen Staates vom
Standpunkte der Entwickelung des deut-
schen Rechtes als vertrauenswürdig gel-
ten dürfen,
Staatsverträge über die gegenseitige
Anerkennung und Vollstreckung zivil-
gerichtlicher Urteile zur Einschränkung
des fehlerhaften Prinzips der Z 328
ein „Ziel, aufs innigste zu wünschen“.
und so sind besondere
Internationales Privatrecht — Internationales Konkursrecht.
Daß in solchen Verträgen gebührende
Rücksicht nicht nur auf die nationa-
len Verschiedenheiten des Prozeßrech-
tes, sondern insbesondere auch auf den
ordre public eines jeden Staates ge-
nommen werden muß, ist selbstverständ-
lich. (S. auch Z 328 Abs 1 Ziff 4, wo
allerdings der Ausdruck „Zweck eines
deutschen Gesetzes‘‘ wenig glücklich for-
muliert erscheint.)
Feuerbach Themis oder Beiträge
zur Gesetzgebung, 12; Endemann Die
Rechtshilfe im Norddeutschen Bunde.
Erläuterung des Bundesgesetzes vom
21. Juni 1869, 69; Walker Streitfragen
aus dem internationalen Zivilprozeß-
rechte, 97; Leske und Löwenfeld
Die Rechtsverfolgung im internationalen
Verkehr, 04; Fedozzi Ill diritto proces-
suale civile internazionale, 05; Meili
Das internationale Zivilprozeßrecht, 06, 3.
Bogeng.
Internationales Konkursrecht.
I. Der Begriff des internationalen Kon-
kursrechtes (das nicht mit einem inter-
national gleichen Konkursrechte verwech-
selt werden darf) wird bestimmt durch die
allgemeinen Aufgaben des internationalen
Rechtes und durch den besonderen
Zweck des Konkursverfahrens: Wenn auf
dem (zunächst europäischen) Rechts-
gebiete Kollisionen verschiedener Rechte
dadurch entstehen, daß ein Konkurs nach
seinen Ursachen und Wirkungen in den
räumlichen Geltungsbereich mehrerer
voneinander unabhängiger Rechtsord-
nungen einbezogen werden muß oder
kann, so wird dasjenige internationale
Konkursrecht seine Aufgabe am besten
lösen, das Bedingungen feststellt, durch
die eine billige und gleichmäßige Befrie-
digung der sämtlichen Gläubiger des Kri-
dars aus dessen gesamtem Vermögen er-
zielt wird. Ob freilich in absehbarer Zeit
eine praktische Lösung dieser Aufgabe
möglich ist, darf bezweifelt werden, und
Versuche, die theoretische Begründung
eines allgemeinen Prinzips des internatio-
nalen Konkursrechtes auf allgemeiner
Grundlage zu geben, werden so lange von
wenigem Nutzen sein, als ihre praktische
Durchführung völlig aussichtslos ist.
(Vgl III.) Eher wird diejenige Regelung
des internationalen Konkursrechtes Aus-
sicht auf Erfolg haben, die in Zusammen-
hange mit der geschichtlichen Entwicke-
lung durch Staatsverträge einige Haupt-