Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

Intramuranhinrichtung — Invalidenversicherungsgesetz. 851 
Intramuranhinrichtung findet nicht 
öffentlich (nur in Gegenwart des Gerich- 
tes usw und von Vertrauenspersonen, 
C 486) statt. 
Invalidenfonds s. Finanzwirtschaft 
des Reiches. 
Invalidenversicherungsgesetz. 
bkürzunngen: 
AN= Amtliche Nachrichten des Reichsversicherungs- 
amtes. 
AV = Die Arbeiterversorgung, Zentralorgan für das ge 
samte Kranken-, Unfall-, Invaliditäts- und Alters- 
versicherungswesen im Deutschen Reiche, heraus- 
gegeben von Dr. jur. P. Honigmann, Verlag: 
iemenroth und Worms, Berlin SW, Wilhelm- 
straße 129. 
IG = Invalidenversicherungsgesetz. 
vA= Versicherungsanstalt. 
RVA = Reichsversicherungsamt. 
I. Allgemeines. Das IG vom 13. Juli 
1899, ein Glied derjenigen modernen Ge- 
setzgebung, die man im allgemeinen als 
„sozialpolitische‘‘ zu bezeichnen pflegt, 
schafft eine Einrichtung zur Förderung des 
Wohls der arbeitenden Klassen und bildet 
eine Sicherstellung gegen die Folgen der 
Schmälerung der Arbeitskraft derselben 
infolge eingetretener Erwerbsunfähigkeit 
oder hohen Alters. Den Anfang zur Inva- 
lidenversicherungsgesetzgebung bildete 
das Reichsges vom 22. Juni 1889 betr die 
Invaliditäts- und Altersversicherung, RGBI 
97, durch welches ein vollständig neues 
Gebiet betreten wurde, für das in der gan- 
zen Welt ein Vorbild nicht vorhanden war. 
Durch die erhebliche Entwickelung des 
Deutschen Reichs in den Jahren nach der 
Verkündung des Reichsges vom 22. Juni 
1889 und die mit dieser Entwickelung her- 
vorgerufene Verschiebung in der Bevölke- 
rung machten sich Schwierigkeiten be- 
merkbar, die beseitigt werden mußten. 
Nachdem die im Jahre 1897 im Reichstage 
vorgelegte Novelle abgelehnt worden 
war, kam es im Jahre 1899 zu einer durch- 
greifenden Revision, durch welche das 
Ges vom 22. Juni 1889 verschiedene Ab- 
änderungen erhalten hat. Das neue Oes 
wurde am 13. Juli 1899 unter dem Titel 
„Invalidenversicherungsgesetz“ vollzogen 
und am 19. Juli 1899 im RGBI 463 in 
neuer Redaktion unter fortlaufender Rei- 
henfolge der Paragraphen publiziert. 
ii. Charakter des Gesetzes: Die Inva- 
jidenversicherung ist nicht als ein durch 
Gesetz vorgeschriebener Vertrag anzu- 
sehen. Der Versicherte erkauft nicht 
durch Eintritt in die Versicherung mittels 
Zahlung der Versicherungsprämie An- 
spruch auf Rente, während gleichzeitig für 
die Versicherungsanstalt die Pflicht zur | 
  
Gewährung einer Rente entsteht. Es ist 
vielmehr davon auszugehen, daß sowohl 
die Verpflichtung zur Beitragsleistung als 
auch der Anspruch auf Rente kraft Ge- 
setzes für jede Person entsteht, sobald ge- 
wisse tatsächliche Voraussetzungen ge- 
geben sind. Diese Rechte und Pflichten 
haben, ohne voneinander in ihrem Wesen 
abhängig zu sein, das öffentliche Recht 
als Grundlage, AN 91 149, 156; 95 135. 
IH. Art und Umfang der Versicherung. 
1. Das IG beruht auf dem Prinzip des 
Versicherungszwanges, der seine Grund- 
lage im öffentlichen Recht findet. Die 
Versicherungspflicht knüpft sich nicht an 
die Zugehörigkeit zu bestimmten Betrie- 
ben und beschränkt sich nicht auf einzelne 
abgegrenzte Gebiete menschlicher Tätig- 
keit, sondern sie ergreift die arbeitende 
Bevölkerung sämtlicher Berufszweige und 
zwar neben einigen kleineren Gruppen 
geistiger Arbeiter im allgemeinen alle Per- 
sonen ohne Rücksicht auf Geschlecht, 
Stand und Staatsangehörigkeit, die in der 
Landwirtschaft, dem Gewerbe, dem Han- 
del, in der Hauswirtschaft, im Reichs-, 
Staats-, Gemeinde-, Kirchen- oder Schul- 
dienst usw ihre Arbeitskraft in unterge- 
ordneter, abhängiger Stellung verwerten, 
sobald sie das 16. Lebensjahr vollendet 
haben und gegen Gehalt oder Lohn be- 
schäftigt werden, selbst wenn die Be- 
schäftigung auch nur vorübergehend ist. 
Der Umfang des Versicherungszwanges 
ergibt sich aus $ 1 des IG, welcher be- 
stimmt, daß vom vollendeten 16. Lebens- 
jahre versichert werden: 
a. Personen, welche als Arbeiter, Gehil- 
fen, Gesellen, Lehrlinge oder Dienstboten 
gegen Lohn oder Gehalt beschäftigt wer- 
en, 
b. Betriebsbeamte, Werkmeister und 
Techniker, Handlungsgehilfen und -lehr- 
linge (ausschl der in Apotheken beschäf- 
tigten Gehilfen und Lehrlinge), sonstige 
Angestellte, deren dienstliche Beschäfti- 
gung ihren Hauptberuf bildet, sowie Leh- 
rer und Erzieher, sämtlich sofern sie Lohn 
oder Gehalt beziehen, ihr regelmäßiger 
Jahresarbeitsverdienst aber 2000 M nicht 
übersteigt, 
c. die gegen Lohn oder Gehalt beschäf- 
tigten Personen der Schiftsbesatzung 
deutscher Seefahrzeuge, $ 2 des Ges vom 
13. Juli 1887, RGBI 329, und von Fahr- 
zeugen der Binnenschiffahrt, Schiffsführer, 
jedoch nur dann, wenn ihr regelmäßiger 
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