Italien (Auslieferung) — Jugendgerichte.
Wenn wegen Besitzes der Staatsangehö-
rigkeit des ersuchten Staates nicht ausge-
liefert werden kann, so ist statt dessen
Verfolgung im eigenen Lande garantiert.
Gehört der Auszuliefernde einem dritten
Staate an, so kann der ersuchte Staat nach
seiner Wahl dem Heimatstaat oder dem
ersuchenden Staat ausliefern. Bei einer
Mehrheit von Auslieferungsgesuchen ent-
scheidet das schwerere Verbrechen und
bei gleich schweren Delikten die Präven-
tion. Die Auslieferung wird aufgescho-
ben, wenn im Asylstaat ein Verfahren
wegen einer anderen Handlung anhängig
ist, und wird abgelehnt, wenn Verjährung
eingetreten ist, wenn wegen der gleichen
Handlung im ersuchten Staat ein Strafver-
fahren erledigt ist, oder wenn die Auslie-
ferung wegen eines politischen Delikts im
weiteren Sinne verlangt wird. Das Prin-
zip der Spezialität findet nur insofern An-
wendung, als durch die Auslieferung die
Aburteilung im ersuchenden Staat wegen
eines politischen oder im Auslieferungs-
katalog nicht aufgeführten Delikts verbo-
ten ist.
Der Auslieferungsantrag muß auf diplo-
matischem Wege, wobei Verkehr des
deutschen Bundesstaats mit der italie-
nischen Regierung direkt zugelassen ist,
unter Beilage mindestens eines gericht-
lichen Haftbefehls gestellt werden. Vor-
läufige Festnahme wird bewilligt, wenn
durch die Konsulatsbehörden des ersu-
chenden Staates unter Berufung auf das
Vorliegen eines Haftbefehls die Fest-
nahme verlangt wird. Überführungsstücke
werden mit übergeben. Durchlieferung
wird gestattet, wenn es sich nicht um ein
politisches oder rein militärisches Delikt
handelt. Die Kosten bis zur Grenze trägt
der ersuchte Staat. Rechtshilfe in nicht-
politischen Strafsachen wird gewährt.
Strafurteile werden ausgetauscht. Grosch.
itio in partes s. corpus Catholicorum,
Bundesrat.
Juden (DtschR)). Das Reich ist der
Christenheit; daher erfolgt zunächst Zu-
rücksetzung aller, die nicht rechtgläubige
Katholiken sind. Seit 1648 werden die-
jenigen zurückgesetzt, die nicht Katho-
len oder Evangelen sind. — Die J gel-
ten anfangs als Volksfremde, dann als
Ungläubige und stehen daher unter Aus-
nahmerecht.
1. Judenschutz: Aufnahme einzelner J
in den Königsschutz gegen Abgaben-
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zahlung; seit dem 12. sc hieraus ein nutz-
bares Regal und Hörigkeit der Juden
(servi camerae nostrae, Kammerknechte) ;
dieses Regal wurde in der Goldenen Bulle
1356 den Kurfürsten verliehen.
2. Judengemeinden (universitates Ju-
daeorum) mit besonderen Rechten und
Pflichten; in den Territorien werden un-
terschieden: a. vergeleitete oder Schutz-
juden, Judaei recepti, mit Schutzbriefen
und Niederlassungsrecht; — b. unverge-
leitete J, die nur geduldet sind.
3. Judenprivilegien: a. Lästige: Aus-
schluß von allen politischen Rechten in
Staat und Gemeinde, Nichtaufnahme in
Zünfte, Gilden, gewisse Korporationen,
daher auch Ausschluß von einzelnen Ge-
werben (mit Zunftzwang); Verträge mit
Wuchergefahr zwischen Juden und Chri-
sten gelten nur mit obrigkeitlicher Geneh-
migung; Judenforderung gegen Christen
darf an Christen wegen cessio ad poten-
tiorem nicht abgetreten werden; Christen
können nur in deutschen Schuldurkunden
jüdischen Gläubigern sich verpflichten ;
ein Christ kann durch Judenzeugnis allein
nicht überführt werden; Judenfrauen ha-
ben wegen nov 109 die Dotalprivilegien
nicht, da sie irrtümlich für Ketzer gehal-
ten werden. — b. Günstige: Wucherpri-
vileg (Juden können nach Reichspolizei-
ordnung von 1577 bis 5°/, Zinsen bei
Darlehn nehmen, trotz des kanonischen
Zinsverbotes); Judenprivileg (gutgläubig
gekaufte oder als Pfand genommene Mo-
bilien sind, auch wenn sie gestohlen, ge-
raubt oder verloren sind, von den J an
den Berechtigten nur gegen Ersatz ihrer
Zahlung herauszugeben; beseitigt durch
Reichspolizeiordnung 1577; heute noch
ähnliches Privileg der Öffentlichen Leih-
häuser, Einf-B 94 Abs 2).
4. Die Deutsche Bundesakte 1815 gibt
den J die Rechte, die ihnen von (nicht
„ın‘“) den deutschen Staaten eingeräumt
sind.
9. Das Bundesgesetz vom 3. Juli 1869
gewährt Gleichberechtigung.
Jugendgerichte. Der Grundgedanke,
daß das Gefängnis als Ort, „an welchem
die Bestraften verkommen und verlot-
tern“, für die noch erziehbaren jungen
Menschen wenig zweckdienlich sei, ist
kein neuer. Schon 1765 suchte Karl Fer-
dinand Hommel zu Leipzig die gesetzge-
benden Gewalten auf Bekämpfung des
Verbrechens durch rechtzeitige Vorbeu-