Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

Annahme an Kindesstatt (Adoption). 85 
Erbrecht und Pflichtteilsrecht gegen die 
Adoptiveltern, doch kann es im Annahme- 
vertrag ausgeschlossen werden. Ebenso 
kann die elterliche Nutznießung der Adop- 
tiveltertn im Annahmevertrage ausge- 
schlossen werden. Der Annehmende muß 
über das Kindesvermögen ein Verzeich- 
nis aufstellen und bei Gericht einreichen. 
Die gegenseitige Unterhaltspflicht ist vor- 
handen, die Adoptiveltern treten vor die 
leiblichen Verwandten. Doch bleiben 
deren Unterhaltsrechte und -pflichten be- 
stehen, ebenso Erb- und Pflichtteilsan- 
sprüche. Die Adoptivkindschaft kann wie- 
der aufgehoben werden, und zwar durch 
den gleichen Vertragsweg, wie ihn die 
Begründung erforderte. Der Annehmende 
kann auch den Angenommenen heiraten, 
ohne daß die Ehe ungültig wäre, da das 
Hindernis des B 1311 nur ein aufschieben- 
des ist. Nicht die Ehe, sondern das Adop- 
tivverhältnis geht durch diese Tatsache 
unter, da der Abschluß der Ehe die Auf- 
hebung des Annahmeverhältnisses kraft 
Gesetzes nach sich zieht. Wer ein ehe- 
liches Kind hat, kann nicht adoptieren. 
Wer aber ein Kind annahm, kann nach 
Belieben weitere Kinder annehmen. Die 
Adoption führt nicht ohne weiteres zu Er- 
werb oder Verlust der Staatsangehörig- 
keit bei verschiedener Staatsangehörigkeit 
der Annahmevertragsparteien. Die Adop- 
tion ist nach der herrschenden Meinung 
kein Hindernis der späteren Legitimation 
des Kindes, RG 30 146. Das Adoptiv- 
kind wird endlich nur mit dem Anneh- 
menden, nicht aber mit dessen Verwand- 
ten verwandt. Ja, zwischen dem Ehe- 
gatten des Annehmenden und dem Kinde, 
zwischen dem Ehegatten des Kindes und 
dem Annehmenden entsteht kein Schwä- 
gerschaftsverhältnis. 
Wenn die elterliche Gewalt des An- 
nehmenden endet und die leiblichen EI- 
tern den Unterhalt zu gewähren haben, 
so tritt nicht etwa die elterliche Gewalt 
wieder ein. Aber wohl das Sorgerecht 
und die Sorgepflicht ohne die Vertre- 
tungsmacht. Ebenso ist es, wenn die 
elterliche Gewalt des Annehmenden ruht; 
es sei denn, daß sie nur deshalb ruht, weil 
der Annehmende in seiner Geschäftsfähig- 
keit bloß beschränkt ist oder einen Pfle- 
ger erhalten hat. Die leiblichen Eltern 
können auch die Vertretungsmacht natür- 
lich in der Weise zurückerhalten, daß sie 
die Vormundschaft über ihr Kind erhal- 
  
ten; sie haben jedoch keinen Anspruch 
darauf. Kontrovers ist folgendes: Hat 
nicht der Vater, sondern die Mutter dem 
Kinde Unterhalt zu gewähren, so fällt 
nach Staudinger, Knitschky und Planck 
das Sorgerecht ihr allein, nach Blume bei- 
den Eltern zu. Die erstere Ansicht ver- 
dient den Vorzug, weil sie dem Zwecke 
des Gesetzes gerechter wird. Wer die 
Last trägt, soll auch das Recht haben. 
Lebhafter Streit herrscht über das Recht 
auf persönlichen Verkehr, welches den 
leiblichen Eltern nach der Adoption noch 
verbleiben soll. Meines Erachtens hat das 
Reichsgericht, RG 64 47, und gleich ihm 
das Kammergericht, RFOLG 16 23, durch- 
aus mit Fug die Existenz eines solchen 
Verkehrsrechtes verneint. Das Verkehrs- 
recht ist da, wo es bestehen soll, beson- 
ders genannt. Es ist zwar nicht Ausfluß 
der elterlichen Gewalt, aber auch nicht 
Ausfluß der Verwandtschaft. Es ist eine 
„Kann ausnahmsweise‘-Konstruktion für 
gewisse Fälle der Auflösung einer Ehe, 
in welchen ein Fehler vielleicht gegen den 
Ehegatten, aber kein Verschulden gegen 
das Kind, kein Verzicht auf das Kind vor- 
aufgegangen ist. Die Kinder müssen der 
Ordnung halber einem der Gatten zu- 
fallen. Da erschien es hart, den anderen 
ganz von dem Kinde abzuschneiden. Und 
so schuf man für diesen Fall das Ver- 
kehrsrecht. Eine analoge Ausdehnung 
ist nicht zu gestatten. Sie würde dem 
Geiste und Zwecke des Gesetzes wi- 
dersprechen. Die in der Literatur vor- 
herrschende Ansicht ist anders. Sie 
hält ein allgemeines Verkehrsrecht als 
Ausfluß der Verwandtschaft für gegeben, 
und zwar als klagbares Recht. Die Frage 
ist von der größten Bedeutung für das 
ganze Familienrecht. Denn bestände 
dieses Verkehrsrecht allgemein, so könn- 
ten die „Entziehung der elterlichen Ge- 
walt‘‘ und sogar deren Verwirkung es 
nicht zerstören. Beide Einrichtungen 
wären dadurch des wesentlichsten Teiles 
ihrer Wirkung im Interesse des Kindes 
beraubt. Wenn die sittlich verdorbenen 
Eltern den Verkehr erzwingen können, so 
wird jede Erziehungsmühe der vom Ge- 
richt oder dem Staat bestellten Erzieher 
vereitelt. Staudinger, Blume und Fischer- 
Henle ziehen diese Konsequenz, Planck 
nicht. Die Regelung des Verkehres durch 
dasVormundschaftsgericht, welche erstere 
vorschlagen, würde nicht genügen, um die
	        
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