Kapitalzins — Kardinäle.
wohnende Energie als der in plötzliche
Erscheinung tretende Mehrwert. Der
Zins wird daher als sog „Entbehrungs-
lohn‘‘ angesehen.
Die Vertreter einer vierten Theorien-
gruppe, die wir als Ersparungstheorien
bezeichnen können, glauben, daß von den
Kapitalerzeugern eine besondere Art von
Arbeit getan worden sei, die in den Kapi-
talien aufgespart sei und sich bei ihrer
Weiterverwendung zeige.
Eine Anzahl französischer Schriftsteller,
deren Ansichten wir hier als fünfte
Gruppe einschalten und Spararbeitstheo-
rien nennen wollen, erblicken in dem Ka-
pitalanhäufen als solchem eine Arbeit,
deren Nutzen später an das Licht trete.
Eine wichtige sechste Gruppe von
Theorien, die Ausbeutungstheorien,
welche vornehmlich von sozialistischen
Schriftstellern, besonders Rodbertus,
Marx, Proudhon, Lassalle, vertreten wor-
den sind, erklären die dem Kapital inne-
wohnende Macht als eine Folge der Aus-
beutung indirekt das Kapital schaffender,
im Dienste von Kapitalisten stehender
Arbeiter. Die von ihnen geleistete Arbeit
werde nur zum Teil vergolten; der Über-
schuß der geschaffenen Werte bleibe im
Kapital geborgen zugunsten der kapita-
listischen Unternehmer. Von den Ver-
tretern dieser Theorien wird dabei über-
sehen, daß die von den Arbeitern geschaf-
fene Arbeit an und für sich noch nicht den
Wert darstellt und darstellen kann, den
sie eben erst als Produkt der Unterneh-
mung, den sie erst mit Hilfe des sie unter-
stützenden Kapitals erhält.
Eine siebente Gruppe endlich, die als
Differenztheorien (Agiotheorien) zu be-
zeichnen sind, gehen von der Erkenntnis
aus, daß ein Gut in der Gegenwart mehr
wert sei als in der Zukunft. Bei Verwer-
tung des Kapitals durch Arbeit zeige sich
daher ein den tatsächlichen Wert der Ar-
beit übersteigender Gewinn, ein Mehr-
wert, der aus dem Überwert stamme, der
dem Kapital bereits bei seiner Verwen-
dung innewohnte. Der Mehrwert stelle
also als Zins eine Wertdifferenz des Ka-
pitalgutes zwischen den Zeitpunkten vor
und nach seiner Verwendung dar.
Die Höhe des Kz wird bestimmt einer-
seits durch Angebot und Nachfrage, ande-
rerseits durch den Grad von Sicherheit,
den das Unternehmen bietet, in dem das
Kapital angelegt werden soll. In einem
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Lande von wirtschaftlich hoher Bedeutung
wird der Zinsfuß gewöhnlich niedrig sein.
Denn wenn auch die Zahl der Investie-
rungsmöglichkeiten sehr groß ist, so wird
sie doch von der Menge der Kapitalien
überflügelt werden, die, durch einen wirt-
schaftlichen Hochstand erzeugt, wieder
ein Unterkommen suchen, so daß das An-
gebot die Nachfrage übersteigen wird.
v. Böhm-Bawerk Geschichte und Kritik der Kapital-
zinstheorien, 84; derselbe Positive Theorie des Kapitals, 89;
v. Bortkiewicz Zur Zinstheorie, Jahrb f. Ges u. Verw
81 870 ff; derselbe Der Kardinalfehler der Böhm-Bawerk-
schen Zinstheorie, ebenda 30 943 ff. Böhm.
Kapitän s. Schiffer.
Kapitelskonferenzen s. Bischöfe.
Kapitulationen (VölkerR) sind die
mit der Türkei abgeschlossenen Verträge
der christlichen Staaten.
Kapitularien s. capitula.
Kardinäle. Das Kollegium der K ist
aus dem Presbyterium des römischen Bi-
schofs und den Suffraganbischöfen der
römischen Kirche hervorgegangen. Die
Organisation des Kollegs erfolgte durch
Sixtus V. in den Konstitutionen Postquam
verus 1586 und Religiosa sanctorum 1587.
Die Gesamtzahl beträgt nicht über 70, und
zwar 6 Kardinalbischöfe, 50 Kardinalprie-
ster, 14 Kardinaldiakone. — Die 6 Kar-
dinalbischöfe sind die von Ostia Velletri,
Oporto, Sabina, Palestrina, Frascati, Al-
bano. — Die 50 Kardinalpriester werden
nach den Pfarr- und Stiftskirchen in Rom
bezeichnet. — Die 14 Kardinalsdiakone
heißen nach den römischen Kapellen.
l. Die Ernennung eines K erfolgt durch
den Papst unter Übergabe des Hutes und
Ringes und Schließung und Öffnung des
Mundes. Der Ernannte leistet dem
Papste den Gehorsamseid. Die Ernen-
nung kann auch in petto erfolgen; der
Papst erklärt, er habe zur Wahrung der
Anziennität einen K ernannt, verschweige
jedoch den Namen (in pectore reservare;
Vorpatentierung).
Il. Ehrenrechte der K sind: der Titel
Eminentissimus, eine besondere Klei-
dung: roter Hut, Purpurkleider. Sie ha-
ben Sitz und Stimme auf den Konzilien,
ausschließliche Gerichtsbarkeit vor dem
Papste und genießen Unverletzlichkeit.
Der Papst redet die K als fratres an.
Adelsprädikate werden von K nicht ge-
führt und nicht angenommen. Die K ha-
ben mit Ausnahme derjenigen, die außer-
halb Roms Bischöfe sind, Residenzpflicht
in Rom.
Ill. Während der Sedisvakanz regiert