Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

86 Annahme an Kindesstatt (Adoption) — Ännexion. 
üble Folge zu verhüten. Denn die Rege- 
lung kann keine Ausschließung sein. Hier- 
nach würde die herrschende Meinung in 
ihren Konsequenzen zu unerträglichen Zu- 
ständen führen. Das könnte ja freilich 
kein Grund gegen ihre gesetzliche Be- 
gründung sein, wenn sich ein Verkehrs- 
recht aus der Elternschaft irgendwie er- 
gäbe. Es ist aber nicht da. Es ist ein 
Phantom. Damit ist aber selbstredend 
nicht gesagt, daß die Adoptiveltern auch 
wirklich liebevollen Eltern rein willkür- 
lich den Verkehr mit den Kindern gänz- 
lich abschneiden dürfen. Wie die Ge- 
samte Behandlung der Kinder ist deren 
wohlverstandenes Interesse die Richt- 
schnur für die Adoptiveltern. Weichen sie 
hiervon ab, indem sie den Kindern die 
Einwirkung der Liebe ihrer leiblichen EI- 
tern unnötigerweise abschneiden, so ge- 
fährden sie durch Mißbrauch das Wohl 
der Kinder, worauf das Vormundschafts- 
gericht gegen die Adoptiveltern gemäß 
B 1666 durch Entziehung oder Be- 
schränkung des Sorgerechts vorgehen 
und den Einfluß der leiblichen Eltern bis 
zu gewissem Grade herstellen kann. So 
auch das Reichsgericht. (Vgl. auch KG 
1. Aug 1908, Jugendfürsorge 10 122.) 
Die Eintragung der Adoption am Rande 
der Standesurkunde hat keine konstitu- 
tive Wirkung und keine selbständige Be- 
deutung; sie ist daher auf die Gültigkeit 
des Annahmevertrages einflußlos (vgl 
OLG 6 289 ff). Der Adel wird durch die 
Adoption nicht ohne weiteres übertragen, 
da er nicht nur Teil des Namens ist. Es 
gibt auch „von“ als Namensteil Ohne 
Adel (s.d.). Einf-B 55 überläßt die Frage, 
ob der Adel übergeht, dem Landesrecht. 
In Preußen gehört dazu landesherrliche 
Genehmigung, in Bayern königliche Be- 
willigung und Einwilligung der Agnaten. 
(Im übrigen vgl Staudinger 1094 Nr 6.) 
Der Tod eines Beteiligten hat folgende 
Wirkung. Ist das Kind vor wirksamer Be- 
stätigung der Annahme gestorben, so ist 
der Vertrag hinfällig; die Bestätigung 
kann nicht mehr erfolgen. Anders der 
Tod des Annehmenden. Die nach seinem 
Tode erfolgte Bestätigung hat die gleiche 
Wirkung, wie wenn sie vor dem Tode er- 
folgt wäre. Aber die Bestätigung ist nur 
zulässig, wenn der Annehmende oder das 
Kind den Antrag auf Bestätigung bei Ge- 
richt eingereicht oder die Einreichung 
dem beurkundenden Gericht oder Notar 
  
in Auftrag gegeben hatte. Der Tod eines 
Einwilligungsberechtigten nach geschehe- 
ner Einwilligung ist einflußlos. Auf die 
Adoptionen, welche vor dem 1. Januar 
1900 vollzogen waren, finden die Bestim- 
mungen des B nicht ohne weiteres An- 
wendung. Nach Art 209 Einf-B finden auf 
Kindschaft und Adoptivelternschaft die 
betreffenden älteren Bestimmungen An- 
wendung. Diese sind in den Hauptrechts- 
gebieten die folgenden. 
Im gemeinen Recht gab es Annahme 
nicht Gewaltunterworfener: „arrogatio‘‘, 
erfolgend „per rescriptum principis‘‘,Wir- 
kung: rechtliche Stellung eines ehelichen 
Kindes, und Annahme Gewaltunterworfe- 
ner: „adoptio‘“. „Adoptio plena‘‘, Vertrag 
des bisherigen Gewaltinhabers mit dem 
Adoptivvater, der Annehmende selbst As- 
zendent oder Hingabe durch den Groß- 
vater bei Lebzeiten des Vaters, Wirkung: 
völliger Eintritt in die neue Familie. 
„Adoptio minus plena‘, wenn der Inhaber 
der väterlichen Gewalt in anderer Weise 
kontrahierte, Wirkung: nur Verwandt- 
schaft zwischen Vater und Kind. 
Preuß. Landr. TI II Tit. 2 88 666 ff; Sächs. B $6 1787 ff; 
Code civil Art. 343 ff. 
Gesetzesstellen und Literatur: 88 1741—1772 B; Einf-B 
22, 58, 209; 85 65-68 F; 8 26 Personenstandsges. 
Kommentare und Handbücher zum B (3. d.). 
Sonderliteratur: I. Allgemeinca u. Historisches. Brunner 
Grundzüge d. d.R. $ 54; Rive 7. f. Rechtsprechung 3 238; 
Delius b. Gruchot 88 501; Keldel |]. Seuff. Bl. 64 409; 
Stölzel Recht der väterl. Gewalt; Hecker Die Ad. 1. 
gelt. Recht als Produkt der histor. Entwickelung; Rostocker 
Diss. 1903. — II. Über die Frage der Adoption des unehe- 
lichen Kindes durch seine Eltern: Conradesa „Recht“, 1900, 
486; Mantey „Recht“, 1901, 228, u. 1900, 557; Kockerols 
Recht“, 1901, 13; Franke Bi. f. Rechtspfl. i. Thür. 48 17; 
Thiesing Arch. ziv. Pr. 1891, 429; Müller Arch. ziv. Pr. 
1895, 256; Dittenberger Arch. ziv. Proz. 1895, 431; 
Kuttner Jherings J. 47 1; f. d. franz. Recht Demolombe 
VI Nr. 130; aurent IV Nr. 243. — III Sonstiges. 
Thiesing „Der Zeitpunkt der Dispeusertellung“ Recht 1904, 
832; Oertel „Familienname des Adoptivkindes“ ZentrBl 
FG 6 550; Dronke das. B 108. 
Die Verordnungen über die Befreiung vom 
Altersorfordernis in den Einzelstaaten sind genau be- 
zeichnet im Komm. von Staudinger (Aufl 1908) IV T.UI 
1101—1103. Landsberg. 
Annahmeverzug s. Verzug. 
Annam, ein unbeschränktes König- 
reich im östlichen Hinterindien, aber unter 
französischem Schutze. 
Annaten (kath KirchenR) sind die von 
einer Pfründe an den Papst zu entrichten- 
den Einkünfte des ersten Jahres; sie be- 
stehen für beneficia maiora, d. h. die 
vom Papste in consistorio verliehen 
werden; vgl Hergenröther-Holl- 
weck Lehrbuch ? 878. 
Annexion (VölkerR) ist die Inbesitz- 
nahme eines fremden Territoriums. Die 
A kann im Kriege (nach erfolgter Erobe- 
rung) oder im Frieden (auf Grund eines 
Schutzverhältnisses) geschehen. Die A be-
	        
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