Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

900 Kaufmännisches Pfand- u. Zurückbehaltungsrecht — Kaufmannsgerichtsgesetz. 
recht) besteht auch wegen nicht fälliger 
Forderungen. 
1. Voraussetzung ist, daß eine Kon- 
kurseröffnung, Zahlungseinstellung oder 
fruchtlose Zwangsvollstreckung gegen 
den Schuldner vorliegt. 
2. Werden diese Voraussetzungen be- 
kannt, nachdem der Gegenstand über- 
geben ist, oder nachdem der Gläubiger 
sich verpflichtet hat, in bestimmter Weise 
damit zu verfahren, so besteht das Not- 
zurückbehaltungsrecht trotz dieser Ver- 
pflichtung. 
Kaufmannsgerichtsgesetz (Verfas- 
sung und Verfahren der Kaufmannsge- 
richte). Die Kaufmannsgerichte (Ges betr 
Kg vom 6. Juli 1904, RGBI 266) dienen 
gleichen Zwecken wie die Gewerbege- 
richte. Für die Errichtung und Zusam- 
mensetzung der Kg kommen im wesent- 
lichen dieselben Vorschriften in Frage 
wie für die Gg (s. hier unter Gewerbe- 
gerichtsgesetz usw). Folgende Abwei- 
chungen seien hervorgehoben: Als Vor- 
sitzende sollen Personen gewählt wer- 
den, welche die Fähigkeit zum Richteramt 
erlangt haben, auch können Personen mit 
der Fähigkeit zum höheren Verwaltungs- 
dienst gewählt werden. Ausnahmen kann 
die höhere Verwaltungsbehörde (Regie- 
rungspräsident) zulassen. & 11. Besteht 
am Sitze des Kg ein Gewerbegericht, so 
sind in der Regel dessen Vorsitzende, 
sofern auf sie die im $ 11 bezeichneten 
Voraussetzungen zutreffen, zu Vorsitzen- 
den des Kg zu bestellen, auch gemeinsame 
Einrichtungen für die Gerichtsschreiberei, 
den Bureaudienst, die Sitzungs- und 
Bureauräumlichkeiten u. dgl zu treffen, 
89 Abs 3. Die Wahlen der Beisitzer er- 
folgen nach den Grundsätzen der Verhält- 
niswahl, $ 12 Abs 2. Auf das Verfahren 
vor den Kg finden die Bestimmungen des 
Ggg mit der Maßgabe entsprechende An- 
wendung, daß die Berufung gegen die 
Urteile der Kg nur zulässig ist, wenn der 
Wert des Streitgegenstandes den Betrag 
von 300 M übersteigt, $ 16. Wird beim 
Kg eine vor das Gg gehörige Klage er- 
hoben, so hat das Kg, sofern für die Ver- 
handlung und Entscheidung derselben 
ein Gg besteht, durch Beschluß seine Un- 
zuständigkeit auszusprechen und den 
Rechtsstreit an das Gg zu verweisen. Eine 
Anfechtung des Beschlusses findet nicht 
statt; mit der Verkündung des Beschlusses 
gilt der Rechtsstreit als bei dem Gg an- 
  
hängig, $ 16 Abs 3. S. dazu hier unter 
„Gewerbegerichtsgesetz‘ die für Gg gel- 
tende Bestimmung des $ 16 Abs 3. 
Die Kg sind zuständig zur Entscheidung 
von Streitigkeiten aus dem Dienst- oder 
Lehrverhältnisse zwischen Kaufleuten 
einerseits und ihren Handlungsgehilfen 
oder Handlungslehrlingen andererseits, 
$ 1 Abs 1; nur sind Handlungsgehilfen 
mit über 5000 M Jahresarbeitsverdienst 
von der Zuständigkeit ausgeschlossen, 
$ 4. Auf die in Apotheken beschäftigten 
Gehilfen und Lehrlinge finden die Be- 
stimmungen des Kgg ebenfalls keine An- 
wendung. Durch die Wortfassung des 
Kgeg 1 Abs 1 („Streitigkeiten aus dem 
Dienst- oder Lehrverhältnisse zwischen“ 
usw) wird ausgedrückt, daß die Zustän- 
digkeit der Kg auch dann gegeben ist, 
wenn der erhobene Anspruch vor oder 
nach Erhebung der Klage auf einen 
Rechtsnachfolger übergegangen ist, Mo- 
tive 9. Ferner ist das Kg zuständig für 
Streitigkeiten, welche betreffen, $ 5: 
„i. den Antritt, die Fortsetzung oder 
die Auflösung des Dienst- oder Lehrver- 
hältnisses, sowie die Aushändigung oder 
den Inhalt des Zeugnisses; 
2. die Leistungen aus dem Dienst- oder 
Lehrverhältnisse;; 
3. die Rückgabe von Sicherheiten, Zeug- 
nissen, Legitimationspapieren oder ande- 
ren Gegenständen, welche aus Anlaß des 
Dienst- oder Lehrverhältnisses übergeben 
worden sind; 
4. die Ansprüche auf Schadenersatz oder 
auf Zahlung einer Vertragsstrafe wegen 
Nichterfüllung oder nicht gehöriger Er- 
füllung der Verpflichtungen, welche die 
unter Nr 1 bis 3 bezeichneten Gegenstän- 
de betreffen, sowie wegen gesetzwidriger 
oder unrichtiger Eintragungen in Zeug- 
nisse, Krankenkassenbücher oder Quit- 
tungskarten der Invalidenversicherung ; 
5. die Berechnung und Anrechnung der 
von den Handlungsgehilfen oder Hand- 
lungslehrlingen zu leistenden Kranken- 
versicherungsbeiträge und Eintrittsgelder, 
KVG 53a, 65; 
6. die Ansprüche aus einer Vereinba- 
rung, durch welche der Handlungsgehilfe 
oder Handlungslehrling für die Zeit nach 
Beendigung des Dienst- oder Lehrver- 
hältnisses in seiner gewerblichen Tätigkeit 
beschränkt wird.“ 
Zum Schluß sei noch bemerkt, daß 
Schiedsverträge, durch welche der Ent-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.