Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

Kausalzusammenhang — Kautionen. 
daß, wer eine ‚gefährliche Handlung be- 
wußt begeht, für die sich auf natürlichem 
ege aus ihr entwickelnden verletzenden 
F olgen einstehen muß. Von einer Ohr- 
feige läßt sich nicht sagen: „tendit in pe- 
Tıculum mortis,“ und daher tritt aus S 226 
Strafe nicht ein, wenn der Geohrfeigte 
strauchelt und sich beim Fall einen töd- 
lichen Schädelbruch zuzieht — dieser Aus- 
gang Ist singulär, atypisch, zufällig. Eine 
weitere Ausnahme von der Gleichsetzung 
von Bedingung und Ursache leiten die 
Vertreter der Burischen Kausalitätstheorie 
aus der Regelung der Anstiftung als Teil- 
nahme an fremder Tat im S ab, die 
erkennen lasse, daß das Gesetz, wenn 
sich zwischen die die erste Bedingung 
des Erfolges setzende Tat und den Erfolg 
die den Erfolg gleichfalls bedingende vor- 
sätzliche Handlung eines anderen ein- 
schiebe, jene erste Bedingung als ur- 
sächlich nicht in Betracht komme. Man 
pflegt in solchen Fällen von einer „Unter- 
brechung“ des Kausalzusammenhanges zu 
sprechen. Die gesetzlichen Bestimmun- 
gen über die Teilnahme besagen aber nur 
SO viel, daß psychisch vermittelte Kausa- 
lität strafrechtlich grundsätzlich nur dann 
von Bedeutung ist, wenn sie die Formen 
der Anstiftung oder Beihilfe an sich trägt. 
Nicht jedoch kann damit jene allgemeine 
weitgehende Einschränkung des Kausa- 
litätsbegriffs begründet werden. Wegen 
fahrlässiger Tötung ist jemand daher auch 
dann zu bestrafen, wenn der von ihm töd- 
lich Verletzte absichtlich den Verband ab- 
reißt und dadurch einige Stunden früher 
seinen Tod herbeiführt. Auch hier kann 
es nur darauf ankommen, ob der Erfolg 
seiner Art nach im Gefahrsrahmen der 
deliktuosen Handlung lag. 
Unrichtig ist die gemeinhin vertretene 
Ansicht, als habe das Kausalitätsproblem 
für den Versuch keine Bedeutung. Ein 
strafbarer Versuch kommt in gleicher 
Weise nur dann in Betracht, wenn der 
verletzende Erfolg sich aus der Hand- 
lung nach dem Maße und Grade ihrer 
Wirkungsfähigkeit hätte entwickeln 
können. Niemand wird in dem oben an- 
geführten Falle sagen, der Schwiegersohn 
habe sich des versuchten Mordes an sei- 
ner Schwiegermutter schuldig gemacht, 
wenn sein Wunsch, daß sie verunglücke, 
  
  
nicht in Erfüllung geht. Auch zur Straf- 
barkeit des Versuchs gehört eine in | 
der allgemeinen Erfahrung begründete | 
903 
olges von dem 
Erf Zugrundelegung 
Rechnung gez0- 
efahr des Er- 
Abhängigkeit des 
Willen des Täters bei 
der von diesem in 
genen Umstände, eine G 
folges. -_ 
Die richtige Erfassung des Kausall, 
tätsgedankens verlegt den SchwEch keit 
aller strafrechtlichen Verantwort Ic der 
von der Verletzung in die Gefährdung 
Rechtsgüter, indem sie erstere UL 
weit, aber auch stets dann für die ht 
rechnung der Tat als erheblich ann das 
wenn die Verletzung in concreto durt 
' Stadium der Gefährdung hindurchge gan 
gen ist, und indem sie ferner die Gefähr- 
dung grundsätzlich auch dann straft, wei 
sie nicht zur Verletzung auswächst. 
trägt die Lehre von der Kausalität 
ihrem Teile zur Ausschaltung der letzt 
Reste der Zufallshaftung bei, ohne Si 
jedoch dem praktischen Gesichtspunkt 
verschließen, daß die aus der Gefährlich - 
keit der Handlung erwachsene Verletzun & 
der beste Beweis für eben jene Gefährlich? — 
keit ist. 
Die Kausalität der Unterlassung (Nähe — 
res siehe unter dem Stichwort „Unter — 
lassung“) wird damit angezweifelt, da £B 
unmöglich aus einem Nichts etwas ent— 
stehen könne. Dies ist richtig, wenn marz 
in der Kausalität ein Bewirken, das Tä-— 
tigwerden einer positiven, in den Natur- 
kausalismus eingreifenden Kraft erblick€._ 
Aber im täglichen Leben pflegt man un- 
abhängig von dieser erkenntniskritischera 
Schwierigkeit das Urteil zu fällen, daß, 
wenn jemand eine bestimmte Handlung 
vorgenommen hätte, die er unterlasser 
hat, dies und jenes Ereignis nicht einge- 
treten wäre, Es wird also das Nichtwirk- 
an 
en 
, samwerden einer Kraft dem Wirksam- 
werden in kausaler Beziehung gleich- 
gesetzt, und dies geschieht vom Stand- 
punkt der Erfahrung aus mit Recht. Auch 
das Strafgesetz verwertet diese Erfahrung 
und betrachtet als durch Unterlassung ver- 
ursacht diejenigen rechtsverletzenden Er- 
folge, die der Täter durch positives Tun 
hätte verhindern können, und die er, so 
weit er rechtlich oder durch voraufgehen- 
des eigenes Handeln dazu verpflichtet 
war, hätte verhindern müssen. 
Literatur siehe bei v. Liszt Lehrbuch des deutschen 
Strafrechte, 16./17. Aufl, zu $29; v. Rohland Vergl Dar- 
stellung des deutschen u. ausländischen Strafrechte, Allgem 
Teil 1849. Klee. 
Kautionen s. Prätorische Stipulatio- 
nen, Sicherheitsleistung, Beamte.
	        
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