Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

Kinder — Kinder aus nichtigen Ehen. 
arbeit, Fürsorgeerziehung, Zwangserzie- 
hung, Hauskinder. 
Kinder aus nichtigen Ehen. Das 
gemeine Recht unterschied nach Vor- 
gang des kanonischen Rechtes, cap 14 X, 
IV 17, zwischen Putativehen und den un- 
gültigen Ehen, bei welchen beide Gatten 
schlechtgläubig sind. Die Kinder aus 
Putativehen haben die Rechte ehelicher 
Kinder. 
Das B kennt diese Unterscheidung 
auch. Doch ist weiter zu unterscheiden 
zwischen Geschlechtsverbindungen, wel- 
che nicht einmal der Form nach als Ehe 
anzusehen sind, und solchen, die zwar 
förmlich geschlossen und beurkundet 
wurden, aber sonst zu Fall gebracht wer- 
den, weil sie mit einem Nichtigkeitsfehler 
behaftet sind. Bei den Verbindungen, 
welche auch förmlich keine Ehen sind, hat 
auch der gute Glaube der Ehegatten oder 
eines derselben keinen Einfluß zugunsten 
der Kinder. Weshalb auf den Formman- 
gel ein so entscheidendes Gewicht gelegt 
wird, daß die Kinder darunter leiden müs- 
sen, ist nicht abzusehen. Es ist aber posi- 
tiven Rechtes, daß sie unehelich sind. 
B 1699 Abs 2 schließt sie ausdrücklich von 
den Wohltaten aus, welche das B für die 
anderen aus Putativehen stammenden 
Kinder bestimmt. Diesen versagt es die 
Anwendung, „wenn die Nichtigkeit der 
Ehe auf einem Formmangel beruht und 
die Ehe nicht in das Heiratsregister ein- 
getragen worden ist“. Dernburg 
FamR $ 20 III nennt als Beispiel solcher 
„Nichtehe“ oder absolut nichtigen Ehe 
„eine innerhalb des Gebietes des Deut- 
schen Reiches bloß kirchlich geschlossene 
oder die innerhalb dieses Gebietes ohne 
Mitwirkung einer staatlichen Behörde 
oder eines Religionsdieners eingegangene 
sog Gewissensehe‘. Dernburg glaubt, 
daß solche Verbindung „gutgläubig“‘ 
nicht gut vorkommen könne. (Anderer 
Meinung O. Fischer Jhering]b 29 248.) 
Das ist aber ein Irrtum und ebenso leicht 
möglich wie Gutgläubigkeit gegenüber 
„gewöhnlichen“ Nichtigkeitsgründen. 
Man denke an die von einem als Standes- 
beamter verkleideten Verbrecher ‚legali- 
sierte‘ und nicht ins Standesregister ein- 
getragene Verbindung. 
Gleich den Kindern aus absolut nich- 
tiger Ehe stehen die Kinder aus bereits 
für nichtig oder aufgelöst erklärten Ehen, 
wenn sie später erzeugt worden sind, fer- 
  
  
905 
ner solche Kinder aus nichtiger Ehe, die 
auch im Falle gültiger Ehe unehelich sein 
würden. (Vgl Ehelichkeit.) 
Im übrigen gelten für die aus rechts- 
ungültiger Ehe stammenden Kinder fol- 
gende Regeln: 
1. Beide Ehegatten waren bei Abschluß 
gutgläubig. Dann gilt das Kind als ehe- 
lich. Es erhält den Familiennamen des 
Vaters, ist zu Dienstleistungen verpflich- 
tet, ist zu Unterhaltsleistung berechtigt 
und verpflichtet, ist verwandt mit den 
Verwandten der Eltern, hat Erb- und 
Pflichtteilsrechte und gilt so lange als 
ehelich, bis etwa die Unehelichkeit aus 
anderen als in der Nichtigkeit der Ehe 
liegenden Gründen mit Erfolg geltend ge- 
macht worden ist. Dabei verschlägt es 
nichts, ob die Ehegatten etwa später die 
Nichtigkeit der Ehe erkannt haben und 
trotz dieser Kenntnis das Kind erzeugt ha- 
ben. Über den „guten Glauben‘ sagt 
Staudinger: „Der gute Glaube wird... 
nicht schon durch die Kenntnis der die 
Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit begrün- 
denden Tatsachen ausgeschlossen.‘ Dies 
bedeutet, daß ein Rechtsirrtum der Eltern 
in diesem Falle dem Kinde nicht schäd.- 
lich ist. 
Dieses Recht der Kinder wird auch, 
nicht etwa dadurch gestört, daß de Ehe 
der Eltern nach der Erzeugung rechts _ 
kräftig für nichtig erklärt wird. Vielmeh r- 
wird es mit dem Kinde dann so gehaltey, 
als ob die Ehe der Eltern geschieden una 
beide Teile für schuldig erklärt vordeyrn 
wären. Für diese Fiktion ist kein Rau 
wenn die Ehe noch nicht für nichtig &,„- 
klärt worden ist. Der Vater hat also 4; 
elterliche Gewalt, die Mutter die Nebe 
gewalt. Der Vater hat ferner die pers<; 
liche Sorge für über 6 Jahre alte Söhn — 
die Mutter für andere Kinder. Das Vor” 
mundschaftsgericht kann die Sorge 
ders verteilen und kann das dem nich Day 
sorgeberechtigten Teil zustehende “= 
kehrsrecht näher regeln. 
2. Die Mutter war gutgläubig, der 
ter nicht. Auch in diesem Falle gilt da 
Kind als ehelich mit der Folge der elle = 
chen subjektiven Rechte wie unter Nr u— 
genannt. Dann hat die Mutter die ung ® 
teilte elterliche Gewalt. Der Vater hat -— 
Pflichten eines ehelichen Vaters, aber ae 
nes der aus der Vaterschaft sich ergery a 
den Rechte, also weder Hauptgewalt no n- 
eine Nebengewalt oder ein Verkehrsre og 2 
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