Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

906 
weder Einwilligungsrechte noch Reli- 
gionsbestimmung, Dienstleistungs- oder 
Unterhaltsanspruch. Er hat kein Erbrecht 
und kein Recht, letztwillig einen Vormund 
oder Beistand einzusetzen. Ebenso wie 
gegen den Vater besteht für das Kind 
gegen des Vaters Verwandte Erb- und 
Unterhaltsrecht. Aber auch umgekehrt 
bestehen nach dem Wortlaut des Ge- 
setzes Rechte der Verwandten des Vaters 
gegen das Kind; eine praktisch unhaltbare 
Konsequenz. Der Vater des schlechtgläu- 
bigen Vaters kann also als in erster Linie 
Berufener Vormund werden und Erbrecht 
haben, so daß dem Vater das versagte 
Erbrecht auf einem Umwege wieder zu- 
fiele. Gewollt war dies sicher nicht. 
Die Folgen der Schlechtgläubigkeit des 
Vaters treten erst ein, wenn die Ehe für 
nichtig erklärt ist. Bis dahin hat er also 
die elterliche Gewalt. Nach Staudin- 
ger vernichtet die Nichtigerklärung diese 
Gewalt mit Wirkung ex tunc, d. h. es 
wird so angesehen, als ob der Mutter 
die elterliche Gewalt schon von der 
Geburt des Kindes an zugestanden hätte. 
Nach Dernburg findet diese Vernich- 
tung erst für den Augenblick der Rechts- 
kraft des Nichtigkeitsurteils statt; erst von 
diesem Augenblicke gilt die elterliche Ge- 
walt der Mutter ohne rückwirkende Kraft. 
Nach Staudinger müßte der Vater die 
bezogenen Nutzungen der Mutter heraus- 
geben. Nach Dernburg wären die 
zwischenzeitlichen Vertretungshandlun- 
gen des Vaters für das Kind gleichfalls 
bindend, während StaudingerB 177ff 
für anwendbar erklärt. Letztere Konse- 
quenz Staudingers können wir nicht 
mit ihm ziehen. Der gutgläubige Dritte 
muß besser geschützt sein. Die äußere 
Vertretungsmacht war ja da. Die Tat- 
sache der Ehe und der standesamtlich be- 
urkundeten ehelichen Vaterschaft muß 
dem Dritten gegenüber geradeso wirken 
  
  
  
  
wie eine notarielle Vollmacht, die etwa . 
auf Grund einer anfechtbaren Erklärung 
erlangt worden ist. 
3. Der Vater war gutgläubig, die Mutter 
nicht. Die Kinder bleiben trotz Nichtig- 
keitserklärung ehelich mit allen bei 1 und 
2 genannten Folgen. Die Mutter hat keine 
Nebengewalt. Sie hat nur diejenigen 
Rechte, welche im Falle der Scheidung der 
allein für schuldig erklärten Frau zu- 
stehen. Das ist die Befugnis, mit dem 
Kinde persönlich zu verkehren, vorbehalt- 
Kinder aus nichtigen Ehen. 
lich der Verfügungsgewalt des Vormund- 
schaftsgerichtes. Solches tritt aber nur 
ein, wenn die Schlechtgläubigkeit der 
Mutter rechtskräftig festgestellt und die 
Ehe für nichtig erklärt ist. Der Vater hat 
die elterliche Gewalt. Diese geht nach 
seinem Tode nicht auf die Mutter über. 
Dagegen erhält die Mutter die persönliche 
Fürsorge für das Kind, wenn der Vater 
stirbt, wenn seine elterliche Gewalt endigt 
oder wegen seiner Geschäftsunfähigkeit 
oder aus einem anderen Grunde ruht. 
Hiernach steht die Mutter ähnlich da 
wie eine sonstige uneheliche Mutter, ganz 
anders wie der schlechtgläubige Vater: 
sie hat Unterhaltsrecht, Erbrecht und die 
z. B. in B 1305, 1747 aufgeführten Ein- 
willigungsrechte. 
4. Beide Ehegatten waren bei der Ehe- 
schließung schlechtgläubig. Dann hat das 
Kind die Rechtsstellung eines unehelichen 
Kindes. Es hat jedoch gegen den Vater, 
solange er lebt, den gleichen Unterhalts- 
anspruch wie ein eheliches Kind, ohne 
daß der Vater das Recht hätte, zu bestim- 
men, in welcher Art und für welche Zeit 
im voraus der Unterhalt gewährt werden 
soll. Der Vater haftet vor der Mutter und 
deren Verwandten. Gegen die Verwand- 
ten des Vaters hat ein derartiges Kind 
keinen Anspruch. Ist der Vater gestorben, 
so hat das Kind wie ein uneheliches An- 
spruch auf Unterhalt gegen die Erben. 
Diese können es aber mit dem Betrage ab- 
finden, den es im Falle seiner Ehelich- 
keit als Pflichtteil beanspruchen könnte. 
Über die Rechtsstellung solcher Kinder 
im übrigen vgl unter „uneheliche Kinder“‘. 
Eine Meinungsverschiedenheit besteht 
darin, ob Kinder aus absolut nichtigen 
Ehen nach B 1703 zu behandeln seien. 
Dies behauptet gegen alle anderen 
Knitschky Recht der Eltern und Kin- 
der 274. 
Eine Sondervorschrift besteht für den 
Fall der Drohung. Es wäre unbillig, den 
Bedrohten schlechter zu stellen als den 
Gutgläubigen, der vielleicht grob fahr- 
lässig gehandelt hatte. Die Kinder gelten 
daher als ehelich. 
Wenn eine Ehe zwischen einem Deut- 
schen und einer Ausländerin für nichtig 
erklärt ist, bleibt das Kind trotzdem ein 
deutsches, Dernburg $ 86 Anm 93. 
Ahrens Rechtsstellung der Kinder aus nichtigen Ehen 
nach dem B, Borna-Leipzig 03; Fischer i. Jherines J 29 
238; Philler (wie Ahrens), Berlin 06; Knüppell dgl.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.