Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

88 Anordnung der Zwangsversteigerung. 
Schuldner als auch gegen seine Rechts- 
nachfolger im Eigentum des Grundstückes, 
sofern es in das Eigentum seines Ehegat- 
ten, eines seiner Abkömmlinge oder eines 
Ehegatten des Abkömmlings gelangt ist, 
überhaupt ausgeschlossen. Die Zwangs- 
vollstreckung gegen den Fiskus oder eine 
andere Korporation des öffentlichen Rech- 
tes erfordert in Preußen die voraufge- 
gangene Verhandlung des Vollstreckungs- 
gerichts mit dem Kreis- oder Bezirksaus- 
schußB über die Art der Zwangsvoll- 
streckung, erforderlichenfalls die Vorbe- 
scheidung des Justizministers; diese Ver- 
handlung hat das Vollstreckungsgericht 
einzuleiten und erforderlichenfalls die Be- 
scheidung des Justizministers nachzu- 
suchen, bevor es das Verfahren anordnen 
darf; nur die von einem eingetragenen 
Gläubiger beantragte Subhastation ist 
ohne weiteres anzuordnen. Die Zwangs- 
versteigerung des Grundstücks einer akti- 
ven Militärperson setzt die vorherige, vom 
Vollstreckungsgericht vorzunehmende An- 
zeige an die vorgesetzte Militärbehörde 
voraus. 
Die Zwangsversteigerung kann nur an- 
geordnet werden, wenn der Schuldner 
selbst als Eigentümer des zu subhastieren- 
den Grundstücks im Grundbuch einge- 
tragen ist, oder wenn er Erbe oder Erbes- 
erbe des Bucheigentümers ist. Die Ein- 
tragung des Schuldners oder des Erblas- 
sers ist durch ein Zeugnis des Grundbuch- 
amtes nachzuweisen, an dessen Stelle die 
Bezugnahme auf das Grundbuch genügt, 
wenn das Vollstreckungsgericht zugleich 
das Grundbuchamt ist; die Erbfolge 
braucht durch Urkunden nur glaubhaft ge- 
macht zu werden, und auch diese Beschei- 
nigung ist nicht erforderlich, wenn die 
Erbfolge bei dem Vollstreckungsgerichte 
offenkundig ist. 
Die Zwangsversteigerung wird vondem 
Amtsgericht angeordnet, in dessen Bezirk 
das Grundstück liegt; dies Gericht ist 
ausschließlich zuständig, eine Prorogation 
ist daher unzulässig. Liegt das Grund- 
stück in den Bezirken mehrerer Amts- 
gerichte oder besteht mit Rücksicht auf 
die Grenzen der Bezirke eine Ungewißheit 
über die lokale Zuständigkeit, so hat das 
zunächst höhere Gericht, welchem beide 
Amtsgerichte im Instanzenzuge unter- 
stehen, eins dieser Amtsgerichte zum 
Vollstreckungsgericht zu bestellen. Dabei 
kommt es nicht auf die Ungewißheit der 
  
Parteien, über welche das Vollstreckungs- 
gericht zu entscheiden hat, noch auf die 
Ungewißheit dieses Gerichts selbst, wel- 
ches seine Zuständigkeit stets festzustel- 
len hat, sondern auf die Ungewißheit der 
politischen Korporationen an, deren Gren- 
zen etwa zwischen ihnen ungewiß ge- 
worden sind. Das höhere Gericht ent- 
scheidet in gleicher Weise in den Fällen 
der Z 36 Nr 1, 5, 6 und kann ferner die 
gleiche Anordnung auch dann treffen, 
wenn die Zwangsversteigerung mehrerer 
in verschiedenen Amtsgerichtsbezirken 
belegenen Grundstücke in demselben 
Verfahren beantragt und zulässig ist; zu- 
lässig ist sie, wenn die Zwangsvoll- 
streckung wegen einer Forderung gegen 
denselben Schuldner, der als Eigentümer 
der mehreren Grundstücke eingetragen 
ist, oder wenn sie wegen eines Rechtes 
betrieben wird, welches auf den mehreren 
Grundstücken lastet. Es ist streitig, ob 
die Bestimmung des höheren Gerichts 
ein Akt der Zwangsvollstreckung, ein Akt 
der Justizverwaltung oder ein die Zwangs- 
vollstreckung vorbereitender Akt ist; da 
die Beantwortung der Zuständigkeitsfrage 
stets dem Gericht als solchem zusteht, so 
gehört die Bestimmung des zuständigen 
Gerichts zur Gerichtsbarkeit, und da sie 
die Prüfung ersetzt, welche das Voll- 
streckungsgericht in jedem Falle über 
seine Zuständigkeit vorzunehmen hat und 
überdies auch nach dem Beginn des Ver- 
fahrens erfolgen kann, so gehört sie zum 
Zwangsvollstreckungsverfahren. Deshalb 
setzt die Bestimmung des zuständigen Ge- 
richts den Nachweis der Zustellung des 
Vollstreckungstitels voraus, das Gesuch 
kann auch ohne Zuziehung eines Rechts- 
anwalts gestellt werden, und die Be- 
schwerde gegen die abweisende Entschei- 
dung ist die sofortige. (Der Beschluß, 
durch welchen das zuständige Gericht be- 
stimmt ist, ist nicht anfechtbar.) — Für 
die Versteigerung der selbständigen Be- 
rechtigungen ist das Amtsgericht zustän- 
dig, in welchem die Berechtigung ausge- 
übt wird, für die Subhastation eines re- 
gistrierten Schiffes das Amtsgericht, in 
dessen Bezirk sich das Schiff befindet. 
Der Beschluß über die Anordnung des 
Verfahrens kann ohne vorheriges Gehör 
des Schuldners erlassen werden, er ist den 
Parteien, d. h. dem Gläubiger und dem 
Schuldner, zuzustellen; hat der Gläubiger 
einen Prozeßbevollmächtigten, so ist die
	        
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