918
die Erlangung eines Versäumnisurteils
von Wert sei.
3. In der Praxis wird oft gesagt, die
Klage sei nicht genügend substanziiert.
Damit ist immer nur gemeint, die Klage
sei nicht korrekt ausgeführt, es fehle an
der Darlegung der die Klage stützenden
Tatsachen. Bei Voten, d. h. bei der Vor-
erwägung, ob ein Urteil auf diesen oder
jenen rechtlichen Gesichtspunkt gestützt
werden könne, muß man prüfen, welchen
der möglicherweise konkurrierenden An-
sprüche, z. B. Kauf oder auftraglose Ge-
schäftsführung oder ungerechtfertigte Be- |
reicherung oder unerlaubte Handlung, der
Kläger begründet hat.
V. Klageantrag ist die Sachbitte des Klä-
ers.
1. Sachbitte ist ein Vorbringen, mittels
dessen die Partei das Endziel des Pro-
zesses bezeichnet. a. Sachbitte des Klä-
gers ist: Es wird beantragt, den Beklag-
ten zu verurteilen, an den Kläger 100 M
nebst 4% Zinsen zu zahlen. — b. Sach-
bitte des Beklagten ist: Es wird beantragt,
die Klage abzuweisen.
2. Prozeßbitte ist der auf die zunächst
erforderliche prozessuale Handlung ge-
richtete Antrag; z. B. es wird beantragt,
die Klage wegen Unzuständigkeit abzu-
weisen, oder: den Streitwert festzusetzen,
oder: den Zeugen Mirus zu vereidigen.
VI. Objektive Klagenhäufung. Mehrere
Ansprüche des Klägers gegen denselben
Beklagten können, auch wenn sie auf ver-
schiedenen Gründen beruhen, in einer
Klage verbunden werden, wenn für sämt-
liche Ansprüche das Prozeßgericht zustän-
dig und dieselbe Prozeßart zulässig ist.
Es kann z. B. nicht die Ehescheidungs-
klage mit einer Güterklage verbunden
werden.
VII. Vor der Zustellung der Klage-
schrift an den Gegner ist die Klageschrift
beim Gerichtsschreiber einzureichen, da-
mit der Vorsitzende den Termin be-
stimme.
1. Der Termin soll nur so weit hinaus-
gerückt werden, als es zur Wahrung der
Einlassungsfrist (s. d.) geboten erscheint.
2. Nach der Terminsbestimmung hat
der Kläger für die Zustellung der Klage-
schrift Sorge zu tragen.
a. Der Kläger reicht die Klage beim Ge-
richte in drei Exemplaren ein: die Ur-
schrift, d. i. die von ihm (d. h. vom Rechts-
anwalt) entworfene Klage; — die beglau-
Klageerhebung.
bigte Abschrift, welche für den Gegner
bestimmt ist; — die einfache Abschrift,
welche für die nun anzulegenden Ge-
richtsakten bestimmt ist. — In praxi ist
es so, daß der Anwalt die Klage ins Steno-
gramm diktiert oder in den Phono-
graphen spricht und sie sodann mit zwei
Durchschlägen auf der Maschine schrei-
ben läßt. Gewöhnlich läßt er sie noch ein-
mal mehr durchschlagen, damit der Geg-
ner das nochmalige Abschreiben spart und
diesen weiteren Durchschlag seinem Man-
danten zur Rückäußerung zusenden kann.
b. Der Vorsitzende erhält die einge-
gangene Klage als Terminssache in roter
Mappe vorgelegt, um binnen 24 Stunden
den Termin auf die Urschrift zu setzen.
c. Der Gerichtsschreiber behält die ein-
fache Abschrift als Gerichtsabschrift zu-
rück und sendet die Urschrift nebst der
beglaubigten Abschrift, auf der jetzt ein
beglaubigter Terminsvermerk steht, an
den klägerischen Anwalt.
d. Der Anwalt stellt nunmehr die Klage
zu. Die Urschrift erhält er mit Zustel-
lungsurkunde zurück, und hiermit legt er
ein Aktenstück an.
VII. Die Verhandlung zur Hauptsache
ist die unter Rede und Gegenrede sich
vollziehende Tätigkeit der Parteien
zwecks Schaffung der Urteilsgrundlage.
1. Zum Schutze gegen Verschleppung
bestehen Vorschriften darüber, bis zu
welchem Zeitpunkte Parteihandlungen
noch in die Einheit der Verhandlung ein-
gerechnet werden. a. Angriffs- und Ver-
teidigungsmittel (Einreden, Widerklage,
Repliken usw) können bis zum Schlusse
derjenigen mündlichen Verhandlung, auf
welche das Urteil ergeht, geltendgemacht
werden. — b. Das Gericht kann, wenn
durch das nachträgliche Vorbringen eines
Angriffs- oder Verteidigungsmittels die
Erledigung des Rechtsstreites verzögert
wird, der obsiegenden Partei, welche nach
freier richterlicher Überzeugung imstande
war, das Angriffs- oder Verteidigungs-
mittel zeitiger geltendzumachen, die Pro-
zeßkosten ganz oder teilweise auf-
erlegen. — c. Verteidigungsmittel, welche
von dem Beklagten nachträglich vorge-
bracht werden, können auf Antrag zu-
rückgewiesen werden, wenn durch deren
Zulassung die Erledigung des Rechts-
streites verzögert werden würde und das
Gericht die Überzeugung gewinnt, daß
der Beklagte in der Absicht, den Prozeß