Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

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die Erlangung eines Versäumnisurteils 
von Wert sei. 
3. In der Praxis wird oft gesagt, die 
Klage sei nicht genügend substanziiert. 
Damit ist immer nur gemeint, die Klage 
sei nicht korrekt ausgeführt, es fehle an 
der Darlegung der die Klage stützenden 
Tatsachen. Bei Voten, d. h. bei der Vor- 
erwägung, ob ein Urteil auf diesen oder 
jenen rechtlichen Gesichtspunkt gestützt 
werden könne, muß man prüfen, welchen 
der möglicherweise konkurrierenden An- 
sprüche, z. B. Kauf oder auftraglose Ge- 
schäftsführung oder ungerechtfertigte Be- | 
reicherung oder unerlaubte Handlung, der 
Kläger begründet hat. 
V. Klageantrag ist die Sachbitte des Klä- 
ers. 
1. Sachbitte ist ein Vorbringen, mittels 
dessen die Partei das Endziel des Pro- 
zesses bezeichnet. a. Sachbitte des Klä- 
gers ist: Es wird beantragt, den Beklag- 
ten zu verurteilen, an den Kläger 100 M 
nebst 4% Zinsen zu zahlen. — b. Sach- 
bitte des Beklagten ist: Es wird beantragt, 
die Klage abzuweisen. 
2. Prozeßbitte ist der auf die zunächst 
erforderliche prozessuale Handlung ge- 
richtete Antrag; z. B. es wird beantragt, 
die Klage wegen Unzuständigkeit abzu- 
weisen, oder: den Streitwert festzusetzen, 
oder: den Zeugen Mirus zu vereidigen. 
VI. Objektive Klagenhäufung. Mehrere 
Ansprüche des Klägers gegen denselben 
Beklagten können, auch wenn sie auf ver- 
schiedenen Gründen beruhen, in einer 
Klage verbunden werden, wenn für sämt- 
liche Ansprüche das Prozeßgericht zustän- 
dig und dieselbe Prozeßart zulässig ist. 
Es kann z. B. nicht die Ehescheidungs- 
klage mit einer Güterklage verbunden 
werden. 
VII. Vor der Zustellung der Klage- 
schrift an den Gegner ist die Klageschrift 
beim Gerichtsschreiber einzureichen, da- 
mit der Vorsitzende den Termin be- 
stimme. 
1. Der Termin soll nur so weit hinaus- 
gerückt werden, als es zur Wahrung der 
Einlassungsfrist (s. d.) geboten erscheint. 
2. Nach der Terminsbestimmung hat 
der Kläger für die Zustellung der Klage- 
schrift Sorge zu tragen. 
a. Der Kläger reicht die Klage beim Ge- 
richte in drei Exemplaren ein: die Ur- 
schrift, d. i. die von ihm (d. h. vom Rechts- 
anwalt) entworfene Klage; — die beglau- 
  
Klageerhebung. 
bigte Abschrift, welche für den Gegner 
bestimmt ist; — die einfache Abschrift, 
welche für die nun anzulegenden Ge- 
richtsakten bestimmt ist. — In praxi ist 
es so, daß der Anwalt die Klage ins Steno- 
gramm diktiert oder in den Phono- 
graphen spricht und sie sodann mit zwei 
Durchschlägen auf der Maschine schrei- 
ben läßt. Gewöhnlich läßt er sie noch ein- 
mal mehr durchschlagen, damit der Geg- 
ner das nochmalige Abschreiben spart und 
diesen weiteren Durchschlag seinem Man- 
danten zur Rückäußerung zusenden kann. 
b. Der Vorsitzende erhält die einge- 
gangene Klage als Terminssache in roter 
Mappe vorgelegt, um binnen 24 Stunden 
den Termin auf die Urschrift zu setzen. 
c. Der Gerichtsschreiber behält die ein- 
fache Abschrift als Gerichtsabschrift zu- 
rück und sendet die Urschrift nebst der 
beglaubigten Abschrift, auf der jetzt ein 
beglaubigter Terminsvermerk steht, an 
den klägerischen Anwalt. 
d. Der Anwalt stellt nunmehr die Klage 
zu. Die Urschrift erhält er mit Zustel- 
lungsurkunde zurück, und hiermit legt er 
ein Aktenstück an. 
VII. Die Verhandlung zur Hauptsache 
ist die unter Rede und Gegenrede sich 
vollziehende Tätigkeit der Parteien 
zwecks Schaffung der Urteilsgrundlage. 
1. Zum Schutze gegen Verschleppung 
bestehen Vorschriften darüber, bis zu 
welchem Zeitpunkte Parteihandlungen 
noch in die Einheit der Verhandlung ein- 
gerechnet werden. a. Angriffs- und Ver- 
teidigungsmittel (Einreden, Widerklage, 
Repliken usw) können bis zum Schlusse 
derjenigen mündlichen Verhandlung, auf 
welche das Urteil ergeht, geltendgemacht 
werden. — b. Das Gericht kann, wenn 
durch das nachträgliche Vorbringen eines 
Angriffs- oder Verteidigungsmittels die 
Erledigung des Rechtsstreites verzögert 
wird, der obsiegenden Partei, welche nach 
freier richterlicher Überzeugung imstande 
war, das Angriffs- oder Verteidigungs- 
mittel zeitiger geltendzumachen, die Pro- 
zeßkosten ganz oder teilweise auf- 
erlegen. — c. Verteidigungsmittel, welche 
von dem Beklagten nachträglich vorge- 
bracht werden, können auf Antrag zu- 
rückgewiesen werden, wenn durch deren 
Zulassung die Erledigung des Rechts- 
streites verzögert werden würde und das 
Gericht die Überzeugung gewinnt, daß 
der Beklagte in der Absicht, den Prozeß
	        
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