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ter 1 und 2 genannten Leistungen und,
wenn sie bei der Arbeit verunglücken,
auch die unter 3 und 4 genannten zu ver-
stehen. Statutengemäß wurden oft noch
weitere Benefizien gewährt: außerordent-
liche Unterstützungen bei Bedürftigkeit,
freie Kur und Arzenei auch den Angehö-
rigen der Mitglieder und den Invaliden,
ferner Schulbedürfnisse u. dgl.
Die Reichsversicherungsgesetzgebung
hat die Organisation der Knappschafts-
vercine umgestaltet, ihre Bestimmungen
aber mehrfach geändert.
Das Reichskrankenversicherungsgesetz
vom 15. Juni 1883 (Fassung vom 10. April
1892, RGBI 417, geändert durch Gesetz
vom 25. Mai 1903, RGBI 233) bestimmt,
daß für die Mitglieder der auf Grund
berggesetzlicher Vorschriften errichteten
Knappschaftskassen weder die Gemeinde-
krankenversicherung noch die Verpflich-
tung, einer nach Maßgabe der Vorschrif-
ten dieses Reichsgesetzes errichteten
Krankenkasse anzugehören, eintritt. Die
Knappschaftskassen sind hiernach reichs-
gesetzlich zugelassene Zwangskassen. Es
besteht weiter Kassenzwang und zugleich,
was sonst dem Reichskrankenversiche-
rungsrecht fremd ist, die Zwangskasse.
Die statutenmäßigen Leistungen der
Knappschaftskassen in Krankheitsfällen
müssen die für die Betriebs (Rabrik-)kran-
kenkassen vorgeschriebenen Mindest-
leistungen erreichen. Die $$ 20 Abs 3, 26
Abs 1 und Abs 2 Satz 1, 54 Abs 2—4, 56a
und 57a des Krankenversicherungsgeset-
zes finden auch auf Knappschaftskassen
Anwendung. Im übrigen bleiben die lan-
desgesetzlichen Vorschriften über die
Knappschaftskassen unberührt. Hiernach
haben die Knappschaftsvereine in Krank-
heitsfällen mindestens das zu gewähren,
was das Reichsrecht den Betriebs-(Fa-
brik-)Krankenkassen auferlegt. Sie kön-
nen darüber hinaus auch den Invaliden,
auch den Famiiienmitgliedern der aktiven
Genossen für Kur und Arznei, auch außer-
ordentliche Unterstützungen, größere
Heilmittel, Badereisen u. dgl gewähren.
Was die Reiclhsunfallversicherung an-
langt, so fallen unter diese u. a. alle in
Bergwerken, Aufbereitungsanstalten, Sa-
linen, Gruben Beschäftigten, also alle
knappschaftspflichtigen Bergleute, ferner
alle Werksbeamte bis zu 3000 M Jahres-
verdienst. Träger der Unfallversicherung
ist hier die Knappschaftsberufsgenossen-
Knappschaftswesen.
schaft mit dem Sitze in Berlin, die alle
knappschaftspflichtigen Betriebe inner-
halb des ganzen Gebietes des Deutschen
Reichs (etwa 800000 Arbeiter) umfaßt.
Sie ist in 8 Sektionen geteilt. Sie ist eine
von den Knappschaftsvereinen verschie-
dene juristisch selbständige Rechtspersön-
lichkeit, eine Zwangskorporation des
öffentlichen Rechts. Die Mittel für die Un-
fallversicherung werden bei der Knapp-
schaftsberufsgenossenschaft ohne Mit-
heranziehung der Versicherten durch jähr-
liche Umlagen auf die Genossenschafts-
mitglieder (Unternehmer) nach Maßgabe
der in ihren Betrieben gezählten Gehälter
und Löhne und der statutenmäßig_ fest-
gestellten Gefahrentarife aufgebracht. Die
auf das Knappschaftswesen bezügliche
Sondervorschrift ist in $ 134 des Ge-
werbeunfallversicherungsgesetzes vom
30. Juni 1900, RGBI 573, enthalten, näm-
lich die Knappschaftsberufsgenossen-
schaft kann durch Statut bestimmen,
a. daß die Entschädigungsbeiträge auch
über 75 °/, hinaus von denjenigen Sektio-
nen zu tragen sind, in deren Bezirken die
Unfälle eingetreten sind; b. daß den
Knappschaftsältesten die Funktionen der
in den 88 113—145 bezeichneten Ar-
beitervertreter übertragen werden; c. daß
Knappschaftsälteste stimmberechtigte Mit-
glieder des Genossenschaftsvorstandes
oder der Sektionsvorstände sind; d. daß
die Auszahlung der Entschädigungen
durch die Knappschaftskassen bewirkt
wird. Die Aufsicht über die Knappschafts-
berufsgenossenschaft führt das Reichsver-
sicherungsamt in Berlin.
Die knappschaftspflichtigen Arbeiter
und die auf Bergwerken beschäftigten Ar-
beiter fallen auch unter das Reichsinva-
lidenversicherungsgesetz vom 13. Juli
1899, desgleichen die auf Bergwerken
usw beschäftigten Werksbeamten bis zu
2000 M Jahresverdienst. Die Reichs- un-
terscheidet sich von der knappschaftlichen
Invalidenversicherung dadurch, daß er-
stere erst nach vollständiger, letztere
schon nach der Berufsinvalidität (also
meist früher) eintritt. Letztere gewährt
auch meist viel höhere Renten. Im Prin-
zip erfolgt die Durchführung der Reichs-
invalidenversicherung durch die (in Preu-
Ben meist an die Provinzialverwaltung an-
geschlossenen) Invalidenversicherungs-
anstalten. Doch sind gemäß RinvVG 8,
10, 173, 174 Knappschaftskassen bzw aus