Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

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Beklagten und das bindende, aber form- 
freie Versprechen des Beklagten, im Ter- 
mine zu erscheinen. Bereits im 5. Jahr- 
hundert ist sie wieder beseitigt worden. 
Nachrichten hierüber sind im Codex 
Theodosianus übermittelt worden. In den 
Quellen ist häufig denuntiare für in ius 
vocare interpoliert worden. 
III. Die Verhandlung ist mündlich. Der 
Kläger hält den Klagevortrag, die narratio. 
Der Beklagte entgegnet, contradictio oder 
responsio. Eine Litiskonstestation in der 
alten Form findet nicht statt. Ihre Wir- 
kung tritt ein: post narrationem propo- 
sitam et contradictionem obiectam. Das 
Urteil spricht der Prozeßmagistrat. Ver- 
weisung an einen Geschworenen findet 
nicht statt. 
IV. Die Rechtsmittel werden eingehen- 
der ausgebildet. Die Appellation kann in 
der Kaiserzeit stets gegen Entscheidungen 
des niederen Magistrates an den höheren 
eingelegt werden. Nur bei Kontumaz, 
d. h. bei Säumnis des Beklagten, ist sie 
ausgeschlossen: contumax non appellat. 
Justinian hat die Appellation sehr einge- 
schränkt. — Die supplicatio ist ein un- 
mittelbar an den Kaiser gerichtetes 
Rechtsmittel. 
V. Libellprozeß ist der seit Justinian 
schriftliche Prozeß. Der libellus conven- 
tionis, d. h. die Klageschrift, wird dem 
Gerichte eingereicht. Die Verhandlung 
ist mündlich und derjenigen des K ent- 
sprechend. 
VI. Die Vollstreckung ist einfacher ge- 
staltet. Es ist nicht mehr eine actio iu- 
dicati erforderlich, sondern es genügt ein 
Antrag, imploratio iudicis (Eisele, 
Hellwig). — Die Vollstreckung ist 
nicht mehr Generalexekution (Konkurs), 
wie im klassischen Prozesse, sondern 
Spezialexekution. 
Köhler, Präsident des Kaiserl Gesund- 
heitsamts, s. unter Seuchengesetzgebung. 
Kohlschütter, Karl Christian, * 14. 
Juni 1764 zu Dresden, habilitierte sich 
1792 in Wittenberg, wo er 1795 Professor 
wurde, und trat 1798 in die sächsische 
Regierung über. Er } als Geh Kabinetts- 
rat in Dresden 9. Febr 1837. 
Hauptwerk: Vorlesungen über den Begriff 
der Rechtswissenschaft, Leipzig 1798. Bogenz. 
Koitus s. Beischlaf. 
Kolkraben s. Rabe. 
Kollation s. coheredes. 
Kollektivismus s. Marx. 
  
Kognitionenverfahren — Kolonisation. 
Kollektivvormundschaft s. Berufs- 
vormund. 
Kollision von Rechten s. Rechte. 
Kollusionsgefahr s. Untersuchungs- 
haft. 
Kolonien s. Schutzgebiete, England, 
England, Frankreich. 
Kolonisation (RömRG). Mit dem Er- 
starken des Römerstaates mehren sich die 
glücklichen Eroberungen. Zu ihrer Be- 
festigung wird den Unterworfenen, denen 
bald mehr, bald weniger Freiheit gelas- 
sen wird, ein Teil des Gebietes genom- 
men, das als Gemeinland, ager publi- 
cus, Eigentum des Staates wird. Das dem 
Feinde durch Kriegsgewalt abgerungene 
Land heißt ager captivus oder ager ab ho- 
stibus captus und wird an Bürger ver- 
kauft, verpachtet oder auf Widerruf, pre- 
cario, zur Nutzung überlassen, oder es 
wird den Bürgern zugewiesen, assigniert; 
vgl Karlowa RRGesch 1 92. — As- 
signationen (Landeszuweisungen) finden 
sich namentlich, wenn Rom Kolonien, zu- 
nächst in Italien, dann anderwärts, aus- 
sendet, um zuverlässige Stützpunkte für 
seinen Handel zu gewinnen. In diesen 
Siedelungen finden die Römer ihre pro- 
pugnacula imperii, die neben den Verträ- 
gen mit fremden Mächten den Einfluß auf 
den Weltverkehr sichern sollen. 
Servius ad Virg. Aen. 1, 12: dicta autem est a 
colendo. — Cicero de |. agr. 2, 27. — Der erste Handels- 
vertrag Roms mit Karthago fällt nach Polyb us 3, 22 
ns Jahr 508 v. Chr. — Weber RAgrarGesch 116. 
II. Coloniae civium Romanorum sind Ko- 
lonien römischer Bürger, die ex consensu 
publico, non ex secessione begründet wer- 
den. Sie sind nur räumlich, nicht recht- 
lich Kolonien. Die entsandten Bürger, 
gewöhnlich dreihundert, gehen auf Ge- 
heiß des Staates und bleiben römische 
Bürger. 
Servius ad Virg. Aen. 1, 12. — Livlus 8, 21: 
eodem anno Anxur trecenti in coloniam missi sunt: bina 
iugera agri acceperunt. — Vgl Madvig VerfRStaat 2 33. 
1. Da das römische Kernbürgertum eine 
öftere Auslese nicht verträgt, verwenden 
die Römer, solange sie im foedus aequum 
der latinischen und hernikischen Staaten- 
verbindung stehen, Bürger des Bundes- 
gebietes als Kolonisten. Die so entstan- 
denen Kolonien sind selbständig und neh- 
men am Bunde teil. Rom mag als Vorort 
des Bundes entscheidend gewesen sein, 
aber der Mitwirkung und dem Einflusse 
der Bundesglieder sich nicht haben ent- 
ziehen können. Vgl Dionys 9, 59; 
Madvig VerfRStaat 2 25. 
2. Nachdem das foedus aequum in ein
	        
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