Konsistorium, evang.
sich dergestalt, daß die Ks in ihrer Zu-
ständigkeit stark beschränkt (schon 1748
wurden in Preußen die Ehe- und anderen
geistlichen Prozesse den Ks abgenommen
und den Justizbehörden zugewiesen), ja
völlig aufgehoben wurden (so in Ost-
preußen schon 1797 und 1804, im übrigen
Preußen 1808, in Sachsen 1837). Aber zu
gleicher Zeit wurde man sich darüber klar,
daß man neue Einrichtungen schaffen
müsse, um dem Gedanken einer wenig-
stens teilweisen Selbstverwaltung — wie
sie damals im politischen Leben ihre
ersten Ansätze zeigte — der evang Kirche
gerecht werden zu können. Zwar nur all-
mählich vermochte diese Auffassung sich
praktische Geltung zu verschaffen. In
Preußen wurden 1815 die Ks wieder er-
richtet und 1817 als ihnen übergeordnete
Instanz ein vom Ministerium des Innern
abgezweigtes Ministerium der geistlichen
Angelegenheiten errichtet. Nach der Neu-
regelung durch die Kabinettsorder von
1825 stand ihnen zunächst nur die Verwal-
tung eines Teiles der inneren kirchenregi-
ınmentlichen Befugnisse zu, während der
andere Teil, sowie die Kirchenhoheits-
rechte den Regierungen verblieben. Die
WVerordn vom 27. Juli 1845 erweiterte die
Zuständigkeit der Ks etwas. Erst die
Bewegung von 1848 führte die Entwicke-
Jung wie in den meisten anderen deut-
schen Staaten so auch in Preußen zum
Ziele. Auf Grund von Art 12 der V vom
5. Dez 1848, dem Art 15 der abgeänderten
vV vom 31. Jan 1850 entspricht, ordnet
und verwaltet die Kirche ihre Angelegen-
heiten selbständig. Zur Durchführung
dieses Gedankens bestimmte der Aller-
höchste Erlaß vom 26. Jan 1849, daß die
oberste Verwaltung der inneren evang
Kirchensachen künftig einer von dem Mi-
nister der geistlichen Angelegenheiten un-
abhängigen Behörde zu übertragen sei,
als welche durch Order vom 29. Juni 1850
der evang Oberkirchenrat eingesetzt
wurde. Dieser ist oberste Instanz über
den 8 je für die älteren Provinzen errich-
teten Ks. Er hat aber seine Zuständigkeit
nicht auf die 1866 neuerworbenen Landes-
teile erstreckt. Das Landeskonsistorium in
Hannover, die Ks zu Kiel, Kassel, Wies-
paden und Frankfurt stehen unmittelbar
unter dem Kultusminister. Sonst ist die
Stellung der Ks in Preußen annähernd
leich. In der weiteren Entwickelung ist
durch das Staatsges vom 3. Juni 1876 für
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die 8 älteren Provinzen, vgl wegen Han-
nover Ges vom 6. Aug 1883, Schleswig-
Holstein Ges vom 6. April 1878, in Art 21
bestimmt, daß die Verwaltung der Ange-
legenheiten der evang Landeskirche, so-
weit solche bisher von dem Minister der
geistl Angelegenheiten und von den Re-
gierungen geübt worden ist, auf den
“ evang Oberkirchenrat und die Ks als Or-
gane der Kirchenregierungen übergeht,
wozu durch Ministerialerlaß vom 10. April
1877 die näheren Ausführungen erlassen
sind: Art 23 des Ges vom 3. Juni 1876
zählt die den Staatsbehörden verbleiben-
den Befugnisse auf (insbes die Exekutive
einschl der Abgabenbeitreibung, die Ent-
scheidung von Baustreitigkeiten), Art 24
die Beschlüsse der kirchlichen Organe, die
der Genehmigung der Staatsbehörden be-
dürfen (insbes Veräußerungen, Anleihen,
Gebührentaxen, Neubauten), daneben
verbleiben dem Landesherrn persönlich
einzelne Rechte, wie die Besetzung der
Stellen im Oberkirchenrat, in den Ks und
den Superintendenturen.
Gleich dem preuß evang Oberkirchen-
rat stehen unmittelbar unter dem Landes-
herrn gemäß der Großherzogl Verordn
vom 28. Dez 1860 der evang Oberkirchen-
rat in Baden, der für das Herzogtum Ol-
denburg (d. i. das Großherzogtum ohne
die Fürstentümer Lübeck und Birkenfeld)
1848 eingesetzte evang Oberkirchenrat,
Art 110 des Verfassungsges vom 11. April
1853, das durch das Edikt vom 6. Jan 1874
umgestaltete — nach dem Edikt vom
6. Juni 1832 den Ministerien des Innern
und der Justiz unterstellt gewesene —
Oberkonsistorium in Hessen, das Ks in
Braunschweig, $ 213 LandschaftsO vom
12. Okt 1832, sowie in Mecklenburg-
Schwerin der durch Verordn vom 19. Dez
1849 gebildete Oberkirchenrat, das 1848
errichtete und 1868 ausgestaltete Ks für
Mecklenburg-Strelitz, sowie das 1853 er-
richtete Ks für Waldeck, während das bei
dem 1853 errichteten und 1865 umgestal-
teten Ks für Anhalt nur für den Verkehr
in den inneren Angelegenheiten gilt.
In den kleineren Staaten fehlt mit Rück-
sicht auf den geringeren Geschäftsumfang
meist ein besonderes Ks, es sind aber kon-
sistoriale Behörden dem Ministerium ein-
gefügt, so in Weimar der 1849 innerhalb
des Kultusministeriums errichtete Kir-
chenrat, vgl insbes $ 2 Verordn vom
25. Nov 1874; in Meiningen die nach Ver-
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