92 Anschlagwesen.
nung ungültig ist, welche die Anbrin-
gung von Reklameschildern außerhalb der
geschlossenen Orte in landschaftlich her-
vorragenden Gegenden verbietet, da sie
dem Schutze der landschaftlichen Schön-
heiten dienen will, die Polizei aber zum
Schutze der ästhetischen Interessen nicht
berufen ist, sind gegenstandslos gewor-
den durch das Gesetz vom 15. Juli 1907,
GS 260, nach dessen $ 3 durch Ortsstatut
vorgeschrieben werden kann, daß die An-
bringung von Reklameschildern, Schau-
kästen, Aufschriften und Abbildungen der
Genehmigung der Baupolizeibehörde be-
darf und die Genehmigung zu versagen
ist, wenn dadurch Straßen oder Plätze der
Ortschaft oder das Ortsbild gröblich ver-
unstaltet werden würden oder die Eigen-
art des Ortes oder Straßenbildes beein-
trächtigt werden würde.
In Preußen wird die Preßpolizei über
das Anschlagwesen nach den durch den
8 30 Abs 2 des Reichs-PrG abgeänderten
Vorschriften der 88 9, 10 und 41 des PrG
vom 12. Mai 1851 ausgeübt. Der 8 9
bestimmt, daß Plakate bestimmten In-
halts nicht angeschlagen werden dür-
fen, und nach $ 10 ist für die er-
laubten Anschläge polizeiliche Genehmi-
gung vorgeschrieben; der $& 41 enthält
die Strafbestimmung. Bei der Entschei-
dung, welche Plakate angeschlagen
werden dürfen, ist nur der Inhalt maß-
gebend, KGJ 31 C 36. Die Erlaubnis kann
jederzeit zurückgezogen werden, wer aber
die Erlaubnis hat, darf nicht Plakate an-
schlagen, die nach $ 9 verboten sind,
KGJ 33 C 49. Die Erlaubnis kann durch
Polizeiverordnung an gewisse Bedingun-
gen geknüpft, z. B. der Anschlag nur an
solchen Stellen gestattet werden, welche
die Polizei hierfür bezeichnet, DJZ 13 141.
Bei der Zulassung von Plakaten und Ge-
schäftsanzeigen, die von der Straße aus
sichtbar sind, kommt es nur darauf an,
ob eine Verkehrsstörung dadurch herbei-
geführt werden kann, aber nicht auf Maß
und Umfang der Plakate, OVG 42 427.
Die Polizei kann die Erlaubnis so lange
versagen, als ihr nicht ein Anschlag zur
Prüfung des Inhalts vorgelegt wird, OVG
31 412. Die Verweigerung der Erlaubnis
ist eine polizeiliche Verfügung im Sinne
der 88 127 ff LVG; gegen sie sind die
dort genannten Rechtsmittel gegeben.
Plakate brauchen nicht Druckschriften,
Reichs-PrG 2, sie können auch geschrie-
ben sein, KGJ 2 244. Das Extrablatt einer
Zeitung ist ein Plakat, wenn es angeschla-
gen wird, um dem Publikum etwas zur
Kenntnis zu bringen, OVG 5 413; KGJ 5
86, ebenso ein im Schaufenster ausge-
hängter Bilderbogen oder eine dort aus-
gestellte Druckschrift, die zur Mitteilung
an das Publikum bestimmt ist, DJZ 6 238.
Ein gewöhnliches Geschäftsschild ist kein
Plakat. Tafeln, welche in der Nähe von
Wahllokalen herumgetragen werden und
nur die Namen der Kandidaten tragen,
sind nicht Plakate, KGJ 19 304, wohl aber
Orientierungstafeln in Kastenform, in wel-
chen zu vermietende Wohnungen, Ge-
schäftslokale usw. unter Angabe ihrer
Lage, der räumlichenn Verhältnisse, des
Preises usw angeboten werden, Regers
E 26 338.
In $ 9 nicht genannte Plakate dürfen
überhaupt nicht angeschlagen werden,
auch nicht mit polizeilicher Genehmigung,
KGJ 33 C 49. Darüber, welche Versamm-
lungen gesetzlich verboten sind, entschei-
det das Reichvereinsgesetz vom 19. April
1908, RGBI 151, welches die entgegen-
stehenden landesgesetzlichen Vorschriften
mit Ausnahme der in seinem $ 24 genann-
ten aufgehoben hat. Über den Rahmen
des gewerblichen Verkehrs gehen An-
schläge hinaus, wenn sie gleichzeitig oder
ausschließlich politischen Zwecken die-
nen, KGJ 20 C 32; 31 C 36; DJZ 3 62.
Sollen in Gasthäusern Plakate ausgehängt
werden, welche die Einladung zu einer
Versammlung von Arbeitern enthalten, so
ist dazu polizeiliche Erlaubnis erforder-
lich. Die Öffentlichkeit eines Ortes ist nicht
gleichbedeutend mit seiner Ungeschlos-
senheit; ein Wirtshaus kann ein öÖffent-
licher Ort, zugleich ein geschlossener
Raum sein, KGJ 18 303; ein beliebig zu-
gänglicher Hausflur ist nicht ein Öffent-
licher Ort, KGJ 14 361 und 367. Gewerbe-
treibende bedürfen, zum Anschlagen der
auf ihren Gewerbebetrieb bezüglichen
Plakate innerhalb ihrer Geschäftsräume
keiner Erlaubnis, die Polizei ist jedoch be-
fugt, die Entfernung von Plakaten zu ver-
langen, durch welche das sittliche Gefühl
des Abscheus vor einem begangenen Ver-
brechen (Darstellung der Hinrichtung
eines Raubmörders) schwer verletzt wird,
PrVBi 30 24. Die Erlaubnis zum Vertei-
len von Plakaten umfaßt noch nicht das
Anheften und Anschlagen, DJZ 2 267.
Die Strafbestimmungen beziehen sich