Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

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kannte Buße schließt die Geltendmachung 
eines weiteren Entschädigungsanspruches 
aus. — Für diese Buße haften die dazu 
Verurteilten als Gesamtschuldner. 
2. Die Verfolgung leichter vorsätzlicher 
sowie aller durch Fahrlässigkeit verur- 
sachten K tritt nur auf Antrag ein, inso- 
fern nicht die K mit Übertretung einer 
Amts-, Berufs- oder Gewerbspflicht be- 
gangen worden ist, S 232. Ist das Ver- 
gehen gegen einen Angehörigen verübt, 
so ist die Zurücknahme des Antrages zu- 
lässig. 
3. Wenn leichte K mit solchen, Belei- 
digungen mit leichten K oder letztere mit 
ersteren auf der Stelle erwidert werden, 
so kann der Richter für beide Angeschul- 
digte oder für einen derselben eine der 
Art oder dem Maße nach mildere oder 
überhaupt keine Strafe eintreten lassen, 
S 233, 
Körperverletzung durch Wilderer: 
S 117 Stelling. 
Korporation s. Juristische Person, 
Verein. 
Korreal- und Solidarobligation. 
Während im allgemeinen da, wo meh- 
rere Schuldner eine Leistung zu bewirken 
haben oder mehrere Gläubiger sie zu for- 
dern berechtigt sind, ipso iure eine Tei- 
lung der Obligation eintritt, kann es zu- 
weilen vorkommen, daß jeder Schuldner 
das Ganze zu leisten verpflichtet oder je- 
der Gläubiger das Ganze zu fordern be- 
rechtigt ist, in welchem Falle man von So- 
lidarität zu sprechen pflegt. 
Die Gründe, weshalb zuweilen Solidar- 
obligationen vorkommen, sind verschie- 
dene; auf der Passivseite werden sie je- 
doch in der Regel in der in ihren Wir- 
kungen die Bürgschaft noch übertreffen- 
den, erhöhten Sicherheit für den Gläubi- 
ger zu suchen sein, während auf der Aktiv- 
seite vor allem der Wunsch, einen Prozeß- 
vertreter zu gewinnen — was zur Zeit der 
Legisaktionen der einzige Weg hierfür 
war —, mitgesprochen haben wird. Auch 
nicht vertragsmäßig begründete Gesamt- 
schuldverhältnisse sind möglich, und wer- 
den wir weiter unten noch ein besonders 
interressantes Beispiel hierfür kennen 
lernen, 
Bis zum Beginne des 19. sc pflegte man 
nun hinsichtlich der Gesamtschuldver- 
hältnisse des römischen Rechts keinen 
Unterschied zu machen ; man benannte sie 
promiscue Solidar- oder Korrealobligatio- 
  
Körperverletzung — Korreal- und Solidarobligation. 
nen. Es ist erst eine Frucht des durch die 
Auffindung des Gaius hervorgerufenen 
lebhaften Studiums des klassischen römi- 
schen Zivilprozesses, die zu der bekann- 
ten Entdeckung Kellers führte, daß das 
klassische römische Recht die Gesamt- 
schuldverhältnisse nicht vollkommen 
gleichmäßig behandelte, sondern vor- 
nehmlich bei der Litiskontestation einen 
zwiefachen Unterschied machte, indem es 
bei der einen Kategorie die gesamte Ob- 
ligation untergehen ließ, sobald die Litis- 
kontestation auch nur durch einen Gläu- 
biger resp mit einem Schuldner vorge- 
nommen war, während bei der anderen 
erst der Bewirkung der Leistung diese 
Wirkung zukam. 
Auf dieser Entdeckung fußend und sie 
gleichzeitig vertiefend hat darauf Ribben- 
trop seine berühmte Theorie von der Kor- 
real- und Solidarobligation begründet, de- 
ren Grundzüge in Kürze die folgenden 
sind. 
Hiernach sind zwar in beiden Fällen alle 
Schuldner zu leisten verpflichtet, resp alle 
Gläubiger zu fordern berechtigt, aber in 
dem Falle der sog Korrealobligation wird 
nicht nur durch die tatsächliche Erfüllung, 
sondern auch schon durch die Litiskon- 
testation und ebenso durch eine auch nur 
von einem der Gläubiger resp an einen 
der Schuldner gerichtete Akzeptilation 
oder Novation die gesamte Obligation 
vernichtet. 
Sämtliche Schuldner werden endlich 
auch noch durch nachträglichen unver- 
schuldeten Untergang der geschuldeten 
Sache befreit. 
Dagegen ist es klar, daß Umstände, die 
nur in der Person eines einzigen begrün- 
det sind, auch nur Wirkung für und gegen 
diesen haben, so z. B. eine capitis demi- 
nutio, ein pactum de non petendo, das 
Auftreten einer aufrechenbaren Gegenfor- 
derung, Confusio der Vermögensmassen 
eines Schuldners und Gläubigers usw. 
Die Unterbrechung der Verjährung 
wirkt aber, wenigstens seit Justinian, für 
und gegen alle — vgl 1 4 C, 8, 39 (40). 
Bei der sog gewöhnlichen Solidarobli- 
gation dagegen befreit zwar die effektive 
Leistung, nicht aber schon die Litiskonte- 
station und ebensowenig Akzeptilation 
und Novation mit einem die übrigen; ja 
in gewissen Fällen findet man bei der So- 
lidarobligation schon im klassischen Recht
	        
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