Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

Kriminalistik — Krisen. 
inalistik, Deutsche Juristenzeitung 6 (1901); P. A. Leh- 
m a nn Die Kriminalpolizei eto, Groß’ Archiv 6 (1901). 
. Anuschat. 
Kriminalmuseum. K(riminal)m(u- 
seen) bestehen heute bei den meisten 
rößeren Polizeiverwaltungen des In- 
und Auslandes sowie an sonstigen Stel- 
len, an denen Polizei- oder Justizbeamte 
kriminalistisch ausgebildet werden. Ur- 
sprünglich wurden in den Km lediglich 
Erinnerungen an besonders interessante 
Kriminalfälle, _Mordwaffen, Einbruchs- 
werkzeuge, Überführungsstücke wie 
auch Totenmasken von Verbrechern, 
Richtbeile und ähnliche Dinge aufbe- 
wahrt. Heute dienen die Km ausschließ- 
lich Leehrzwecken und enthalten dement- 
sprechend vor allem solche Gegenstände, 
die geeignet sind, die Technik der ein- 
zelnen Verbrecherkategorien, sowie die 
innerhalb dieser bestehenden einzelnen 
Abweichungen zu veranschaulichen, also 
alle Arten von Einbruchswerkzeugen, 
Dietrichen und Nachschlüsseln, falsche 
Münzen und Banknoten, sowie die Appa- 
rate zu ihrer Herstellung, falsche Würfel, 
gezeichnete Spielkarten, Wilddiebswaf- 
fen, Gegenstände, die zum Verbergen 
gestohlenen Gutes dienen, Geheimschrif- 
ten und zahlloses andere. Derartiges An- 
schauungsmaterial leistet vor allem bei 
der Verfolgung einzelner Klassen des 
geweerbsmäßigen Verbrechertums (Ein- 
brecher, Falschmünzer usw) gute Dienste. 
Außer solchen Gegenständen, die vonVer- 
b,rechern selbst herstammen oder mit Ver- 
brechen in Zusammenhang stehen, weisen 
die Km ferner auch durchgängig ein um- 
fangreiches Vergleichsmaterial aller Art 
auf, welches sich namentlich auf die Ver- 
brechen gegen Leben und Gesundheit be- 
zieht. Sammlungen von Schußwaffen, 
Pulversorten, Geschossen, Patronen, so- 
wie von Gegenständen, die Schußspuren 
(Kugelspuren, Pulverschmauch usw) auf- 
weeisen, Gifte und Abtreibungsmittel in 
den verschiedenen Erscheinungsformen, 
ad hoc erzeugte Blutspuren auf verschie- 
denen Unterlagen (farbigen Stoffen, bun- 
ten Tapetenmustern), sowie blutähnliche 
Spuren geben dem Kriminalisten für das 
Vorgehen bei Lokalbesichtigungen und 
Durchsuchungen in den einzelnen Fällen 
Anhaltspunkte, ermöglichen ihm auch, 
Vernehmungen, bei denen es sich um der- 
artige Gegenstände oder Spuren handelt, 
sachgemäß auszuführen. Bei vielen Delik- 
ten, insbesondere Körperverletzungen und 
  
  
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Einbrüchen, brauchen die Täter oft Werk- 
zeuge, die sie für gewöhnlich in ihrem 
Berufe brauchen. Derartige Werkzeuge 
zeigen ebenso wie die von ihnen zurück- 
gelassenen Spuren häufig charakteristi- 
sche Merkmale, die für die Ermittelung 
des Täters brauchbare Anhaltspunkte ge- 
ben. Die Messer, die der Tischler, der 
Sattler, der Buchbinder benutzt, sind 
ebenso verschieden wie die Hämmer, die 
der Tapezierer, der Schmied, der Schuh- 
macher oder der Klempner braucht. 
Sammlungen derartiger Werkzeuge finden 
sich daher in allen größeren Kriminal- 
museen und haben sich schon oft als vor- 
teilhaft erwiesen. Einen wichtigen Platz 
nehmen endlich die Muster für krimina- 
listische Tätigkeit, insbesondere für ein- 
zelne technische Arbeiten, ein. Photo- 
graphien, Zeichnungen und Modelle von 
Tatorten, Fußspurenabgüsse, Abklat- 
sche, konservierte Blutspuren und Finger- 
abdrücke, sowie die zu den entsprechen- 
den Arbeiten erforderlichen Apparate und 
Materialien geben den Beamten eine bes- 
sere Anleitung als ausführliche theoreti- 
sche Beschreibungen. Die Bedeutung der 
Km wird namentlich in juristischen Krei- 
sen noch immer erheblich unterschätzt; 
daher mag es auch kommen, daß fast alle 
Km sich bei Polizeibehörden und -schulen 
befinden. Und doch kann das Km auch 
dem Richter, nicht nur dem Unter- 
suchungs- und Requisitions-, sondern 
auch dem erkennenden Richter, nicht we- 
niger wie dem Staatsanwalt in vielen Fäl- 
len nützliche Fingerzeige geben und ihm 
manche Arbeit erleichtern, vereinfachen 
oder selbst ganz ersparen. Ein tätiges In- 
teresse der Juristen würde den Km ferner 
manches wichtige Stück zuführen, das 
jetzt als wertloses Asservat sehr oft der 
Vernichtung anheimfällt. Aus der reichen 
Zahl der heute bestehenden Km seien hier 
nur die von Berlin, Hamburg, Dresden, 
Wohlau (Gendarmerieschule), Wien, 
Graz, Paris und London genannt. 
G.Mac& Mon mus£e criminel, Paris90; Gendarmerie- 
schule Woh!au Die Erforschung strafbarer Handlungen 
08; Niceforo-Lindenau Die Kriminalpolizei und 
ihre Hilfwissenhaften, Groß - Lichterfelde - Ost 09; ferner 
Hans Groß in der Zeitschrift f. d. ges Strafrechtswissen- 
schaft: Die Ausbildung des praktischen Juristen 14 (1894); 
Das Kriminalmuseum in Graz 16 (1896); derselbe in Groß 
Archiv Kriminalistische Institute 1 (1899); ebenda: 
Roscher Bedürfnisse der modernen Kriminalpolizei. 
Anuschat. 
Kriminalpolitik s. Strafrecht. 
Kriminalsoziologie s. Strafrecht. 
Kriminologie s. Strafrecht. 
Krisen. Volkswirtschaftliche Kr(isen)
	        
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