Full text: Rechtslexikon. 1. Band: A-K (1)

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schwerlich finden lassen, die Rechtspre- 
chung der Gerichte ist hier souverän und 
sie kann zweifellos dazu beitragen, den 
Begriff des Kg auf eine höhere Stufe zu 
setzen, was den praktischen Bedürfnissen 
durchaus entsprechen dürfte. 
Außer den oben bereits angeführten Autoren vgl die 
übrigen unter dem Stichwort Bildnisschutz angeführten 
Kommentare des Kunstschutzgesetzes zu $ 2 und die 
weitere dort angeführte Literatur, ferner Dietrich in 
der Zeitschrift für Industrierecht 07 198 ff und 09 Heft 1 
und 2. Otto Krüger. 
Künstlername s. Name. 
Kunstwerk. „Das K(unst)w(erk) ist 
das objektive — aber keineswegs stets 
mit Notwendigkeit materiell bereits 
fixierte — Erzeugnis des subjektiven Ver- 
mögens der Kunst.‘ Damit kommen für 
das Kw sowohl alle die prinzipiellen Ei- 
genschaften in Betracht, die die Kompo- 
nenten des Kunstschönen bilden, wie 
auch die sämtlichen konkreten Wesenhei- 
ten, die die Kunst in ihrer individuellen, 
spezifischen Existenz gegenüber von Na- 
tur, physischem Leben einerseits, der ab- 
strakten Gedankenwelt andererseits defi- 
nieren (s. die betreffenden Ausführungen 
unter „Kunst‘‘). 
Die Trennung des Kw vom Naturwerk 
geschieht analog dem Gegensatze von 
Kunstschönem und Naturschönem durch 
das Vorhandensein oder aber Fehlen der 
bewußten schöpferischen Persönlichkeit. 
Der Unterschied vom technischen 
Werke, der durch Geschicklichkeit, durch 
quantitativen Fleiß im Gegensatze zum 
spontan schaffenden qualitativen Talent 
oder durch intelligente analytische Be- 
rechnung im Gegensatze zum syntheti- 
schen Gefühl hervorgebrachten mechani- 
schen Leistung, bestimmt sich aus dem 
durchaus immateriellen, positiv lediglich 
idealen Charakter der Kunst und aus 
ihrem psychologischen Zwecke, intensive 
Gefühle darzustellen, nicht aber irgend- 
welche extensive Werte. Der vulgäre 
Sprachgebrauch ist also durchaus _ irre- 
führend, wenn er die Betätigung gewisser 
materieller Geschicklichkeiten, der Hand- 
fertigkeit oder gar der Körpergewandt- 
heit — z. B. der Artistik des Zirkus — 
oder wenn er andererseits die rein intel- 
lektuelle, rationalistische Präzisionsarbeit 
des Technikers und Ingenieurs als 
„Kunst“ bezeichnet. 
Vom gewöhnlichen Arbeitserzeugnis 
unterscheidet sich das Kw nicht nur 
durch seinen qualitativen Idealismus, son- 
dern vor allem auch durch seine persön- 
  
Kunstgewerbe — Kunstwerk. 
liche Einzigartigkeit, welche als jedesmal 
nur einmal vorkommende psychische In- 
dividualität unnachahmlich ist, und die 
deshalb durch keine zweite oder andere 
ersetzt werden kann, wie das doch bei je- 
dem anderen durch menschliche Arbeit 
erzeugten Sachgute der Fall ist. (Bei den 
reproduzierenden Künsten, z. B. den Kün- 
sten der Graphik oder den Künsten der 
musikalischen, mimischen und choreogra- 
phischen Vorstellung, ist diese Einzig- 
artigkeit und Unersetzbarkeit nicht in sol- 
chem strengen Sinne zu nehmen; vgl den 
zweiten, soziologischen Abschnitt des 
Artikels „Kunstgewerbe‘‘). 
Damit ist wiederum gesagt, daß der 
Wert des Kw im Immateriellen liegt, in 
der persönlichen Gestaltung oder For- 
mung, daß die Kostbarkeit oder Nicht- 
kostbarkeit seines Stoffes keinerlei Ein- 
fluß auf die Größe seines Wertes ausübt 
und daß sein extensiver Inhalt, die „Fa- 
bel“ in der Dichtkunst, das ‚Novellisti- 
sche‘‘, das Sujet in den Bildkünsten, das 
„programmatische Leitmotiv‘ in der Mu- 
sik, ebensowenig ausschlaggebend ist für 
den Grad seiner künstlerischen Qualität: 
Dies sei besonders hervorgehoben gegen- 
über jener zwar weitverbreiteten, aber 
total verkehrten naturalistischen Auffas- 
sung, welche die Genauigkeit oder die 
Ungenauigkeit der Wiedergabe eines ma- 
teriellen — also unkünstlerischen — In- 
halts zum Kriterium der Beurteilung eines 
Kw erhebt. Nur wo ein außerästhetischer 
Zweck noch neben dem künstlerischen er- 
strebt wird, kann der materielle Inhalt 
auch in allen seinen realen Beziehungen 
von Wichtigkeit werden, z. B. bei dem 
Porträt oder bei der Vedoute, die eine 
Landschaft objektiv darstellen will: Von 
ersterem meint daher sehr richtig Max 
Liebermann, „es habe die besondere 
Schwierigkeit, daß subjektives und objek- 
tives Sehen in der Darstellung sich decken 
sollen. Das Porträt muß ähnlich sein, 
aber es muß zugleich ein Kw sein, d. h. 
die subjektive Anschauung des Malers 
muß zum Ausdruck kommen.“ 
Unsere Definition war bis jetzt vor- 
wiegend negativ: was ein Kw nicht ist, 
durch es sich von den anderen Arbeits- 
erzeugnissen unterscheidet. Positiv stellt 
sich dass Kw als ein individueller, 
persönlicher „Organismus“ dar (Wilh. 
Waetzoldt), geschaffen zum Zwecke 
der ästhetischen Wirkung. Dieses Orga-
	        
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