Ausbildungen der Truppen. 109
Übungen im Frieden wurden nur als Vorbereitungen für den Krieg angesehen
und auf die Abhärtung des Soldaten besonderer Wert gelegt. Dieselben trugen
daher nicht immer einen ausschließlich militärischen Charakter, sondern es wurde
die möglichste Ausbildung des einzelnen in körperlicher und geistiger Be-
ziehung angestrebt. Dem theoretischen Unterricht entsprach die Ausbildung im
Turnen, Fechten, Schwimmen r2c. Dabei wurde ohne Rücksichtnahme auf hohe
Geburt vorgegangen — niemand ward geschont oder bevorzugt.
König Friedrich Wilhelm IV. hatte sowohl die Unbequemlichkeit der früher
im preußischen Heere in Gebrauch gewesenen Kopfbedeckung wie des den Ober-
körper einengenden und als „Schwalbenschwanz“ bezeichneten Uniformrocks,
der den Unterleib des Soldaten unbedeckt ließ, erkannt. In das Jahr 1843
fällt die Einführung der neuen zweckmäßigeren Uniformierung und verbesserten
Ausrüstung des preußischen Heeres, worauf in der Hauptsache das heutige
äußere Erscheinen des preußischen Soldaten zurückzuführen ist.
Der neue Waffenrock, weder so kurz wie der französische Leibrock, noch
so lang wie der russische Mantel, deckt die Hüften und den Unterleib, gestattet
jedoch den Gliedmaßen freieste Bewegung; der Kragen des Waffenrocks ist
unterdessen immer niedriger geworden und würgt den Hals des Mannes nicht
mehr ein.
Damals wurde auch der ein erhöhtes kriegerisches Aussehen verleihende
Helm — die preußische Pickelhaube“ — eingeführt, welche, fest auf dem
Kopfe sitzend, den Augen Schutz und durch den Nackenschirm dem Halse Sicher-
heit gewährt. Mit schwarzem, rotem oder weißem Roßschweif geziert, bringt
der Helm, wo die Truppen in Massen erscheinen, eine treffliche Wirkung hervor.
Die Form und Einrichtung des preußischen Helms rührt von dem Prinzen
Friedrich von Preußen her, der sich überhaupt als Mitglied der zum Zwecke
der Uniformierung und Ausrüstung niedergesetzten Kommission große Verdienste
um die neue Ausrüstung des Heeres erworben hat. In dem genannten und
den folgenden Jahren wurde die Pickelhaube, ausgenommen bei den Husaren,
Ulanen, Jägern und der Landwehr, sowohl bei dem Fußvolk wie bei der
Reiterei eingeführt.
Auch das Lederzeug wurde verbessert und durch eine andre Tragart
des Gepäcks sowie des Mantels auf dem Tornister dem einzelnen Manne eine
wesentliche Erleichterung verschafft. Ebenso hat die Form und die Befestigung
der Patronentaschen damals, und seitdem wiederholt infolge Einführung
neuer Schußwaffen, Veränderungen und Verbesserungen erfahren. Die Bahl
der von dem einzelnen Mann mitzuführenden Patronen für das neue Repetier-
gewehr ist gegenwärtig auf über 100 Stück erhöht worden. Die Tragriemen
des Tornisters sind durch den Gürtel gehalten. Der große Vorteil dieser Trag-
weise besteht darin, daß sich das Gepäck mit Schnelligkeit auf- und abnehmen
läßt. Farbe und Abzeichen der Armeekorps, der Truppenteile und Grade sind
dieselben geblieben, schon weil dieselben sich als einfach und leicht erkennbar
erwiesen hatten. Neuerdings ist jedoch anläßlich der Einführung des sogenannten
rauchlosen (rauchschwachen) Pulvers die Frage angeregt worden, ob nicht ent
Vereinfachung der Uniformierung im Sinne des Fortfalles aller irgend ent-