Vorspiel des Krieges. 155
für Land und Leute und für den berechtigten Erben Friedrich VIII. einzutreten.
In der Vorstellung der großen Mehrheit des deutschen Volkes bildeten die
Schleswig-Holsteiner, der Augustenburger und der Bundestag gewissermaßen
ein zusammengehöriges Ganze. Für die Person des Herzogs interessierte man
sich schon deshalb, weil er der Sache gewissermaßen einen legitimen Schein
verlieh. Mit Zuversicht hoffte man, es werde dem Bunde diesmal gelingen,
das „Schmerzenskind“ endlich von dem Joche der Dänen zu erlösen.
Exekutionstruppen, Sachsen und Hannoveraner, 12000 Mann stark,
rückten auch wirklich Ende Dezember 1863 in Holstein ein; Herzog Friedrich
von Augustenburg folgte ihnen und ward, wo er sich blicken ließ, mit Jubel
empfangen.
Welch Staunen daher, als man vernahm, Preußen und Osterreich, die
bei der Abstimmung über den Exekutionsantrag am Bundestage zur Minderheit
gehört hatten, bereiteten sich vor, gegen Dänemark noch besonders vorzugehen!
Und das Staunen wandelte sich in Zorn und Entrüstung, als weiterhin bekannt
wurde, beide Mächte hätten am Bunde erklärt, sie seien als Unterzeichner des
Londoner Protokolls verpflichtet, dasselbe zu respektieren und ihm auch dem
Bunde gegenüber Geltung zu verschaffen! Die Aufrechthaltung des verhaßten
Abkommens, über welches in Deutschland so viel Ach und Weh gerufen worden
und von dem loszukommen der vom Bundestage eingeschlagene Weg Aussicht
bot — hieß das nicht, unter Kniebeugung vor Rußland und England wiederum
nur zum Vorteile Dänemarks handeln? Konnte man es der Bevölkerung der
Nordmarken verdenken, wenn sie im Hinblick auf die Erfahrungen vergangener
Jahrzehnte von größtem Mißtrauen beseelt war? Daß jetzt ein wahrhaft
königlicher Herr an der Spitze Preußens und ihm zur Seite ein weitblickender
Staatsmann stand, das erkannte man damals noch nicht. Bisher hatte man
von Preußen in der Hauptsache nur Worte vernommen, und der Schatten
mißlicher Thaten lagerte auf diesen Worten.
Die Schwierigkeiten der Lage, in der sich damals der vertraute Ratgeber
des Königs befand, und die nicht er, sondern das Regiment Manteuffel ge-
schaffen hatte, schärfte die Geisteskräfte des Ministerpräsidenten; mit einem
Blicke übersah er die Gesamtlage. Ließ er die Sache gehen, wie sie ging, so
war eine neue Schädigung Preußens unausbleiblich. Mit Sang und Klang
marschierte der in seiner Mehrheit Preußen feindlich gesinnte Bund gen Norden,
um daselbst zu den vielen bestehenden kleinen Staaten noch einen solchen Klein-
staat zu gründen. — Durfte Preußen das zugeben?
In den maßgebenden Kreisen der deutschen Mittel= und Kleinstaaten
konnte man mit gutem Grunde darauf rechnen, die Schleswig-Holsteiner würden
Preußen, weil dieses sie im Stiche gelassen, für immer sich abgeneigt, dem
Bunde dagegen, der ihnen Erlösung verhieß, wohlgeneigt zeigen und ihn durch
festen Anschluß kräftigen. So stand Preußens Zukunft mit der Frage der
künftigen Stellung der Herzogtümer in engster Verbindung. Nun hatte zwar
der Bund die Sache in Angriff genommen; aber damit war sie noch nicht
einmal bis zum Anfang der Lösung gediehen. Ging es so weiter, wie das