Full text: Fünfzig Jahre aus Preußens und Deutschlands Geschichte.

332 Der Feldzug der Mainarmee. 
Gerchsheim und Helmstadt. Die nächstfolgenden Tage brachten unaus- 
gesetzt neue Gefechte. Infolge der Bewegungen der Preußen verließ Prinz 
Karl von Bayern seine Stellung bei Schweinsurt, um sich in der Nähe von 
Würzburg mit dem VIII. Bundeskorps des Prinzen Alexander von Hessen 
zu vereinigen. Dorthin war nach den Gefechten bei Hundheim und Tauber- 
bischofsheim die durch die oldenburgisch-hanseatische Brigade und anderweitige 
Streitkräfte auf mehr als 50000 Mann angewachsene „Mainarmee“ auf- 
gebrochen und befand sich nun den vereinigten feindlichen Streitkräften gegen- 
über. Das Heer des Prinzen Alexander übertraf jedoch die ihm gegenüber- 
stehenden Preußen fast um das Doppelte an Zahl, und es hatte überdies den 
Vorteil einer sehr günstigen Stellung für sich; dennoch wagte der Prinz keinen 
Angriff, sondern zog am Abend gegen Würzburg ab. 
Am 25. ließ Manteuffel seine ganze Armee gegen Würzburg weiter 
marschieren, die Division Göben auf dem rechten Flügel. Diese stieß, voran 
die Brigade Kummer, bei Gerchsheim auf die Württemberger und Hessen, 
Nassauer und Osterreicher, welche bereits in Schlachtordnung standen und 
sofort angegriffen wurden. Die entschiedene Uberlegenheit des Feindes, na- 
mentlich sein wirksames Artilleriefeuer, brachte die Angreifenden vorüber- 
gehend in eine ungünstige Lage; doch kamen ihnen die andern Brigaden und 
die Oldenburger bald zu Hilfe, und die Bundestruppen gaben es auf, den 
dadurch aussichtslos gewordenen Kampf ernstlicher fortzuführen. 
General von Beyer war am Mittag bei Helmstadt auf die Bayern ge- 
stoßen und hatte hier ein fünfstündiges heißes Treffen bestanden. Der Feind 
sah sich aber durch die Bedrohung seiner Rückzugslinie schließlich in seiner 
Angriffskraft gelähmt und konnte selbst mit einer frischen Division, welche 
am Abend eintraf, in erneutem Gefecht keine Vorteile davontragen. Gegen 
zehn Uhr, als schon die Biwaks bezogen waren, traf als weitere Verstärkung 
auf preußischer Seite die Division Flies ein und lagerte sich links neben dem 
Hauptkorps. 
In berechtigter Vorsicht verfolgte der preußische Oberfeldherr sein Ziel,Z 
ohne sich durch die Aussicht auf glanzvolle Schlachterfolge verlocken zu lassen 
und an irgend einem Punkte zu viel aufs Spiel zu setzen. Im ganzen ver- 
sügten die verbündeten Südstaaten über acht Divisionen, die Preußen nur 
über drei, wenn jede der letztern vielleicht auch etwas stärker als eine der 
ersteren gewesen sein mochte. Die Preußen wußten an der rechten Stelle stets 
entsprechende Streitkräfte zu vereinigen — den Oberbefehlshabern der Ver- 
bündeten dagegen gelang es niemals, auf den entscheidenden Punkten eine 
Ubermacht, wenn ihnen solche auch zu Gebote stand, dem Feinde gegenüber 
zu stellen. Es ist in den Berichten der Verbündeten immer von der Uber- 
legenheit des Feindes die Rede, die sie zum Weichen genötigt habe — im 
Grunde eine schwere Selbstanklage der gegnerischen Heerführer! 
Prinz Alexander vor würzburg. Nach dem bisherigen Verlaufe des 
Feldzuges war es begreiflich, daß die beiden süddeutschen Heeresabteilungen 
in ihrer Stellung zwischen dem Main und den Preußen lebhaft wünschten, 
sich auf dem andern Ufer in besserer Sicherheit zu befinden. Besonders
	        
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