Full text: Fünfzig Jahre aus Preußens und Deutschlands Geschichte.

340 Friedensschluß. 
den Feind wirklich zu einer neuen Schlacht herausfordern. Noch lockte die 
böhmische Hauptstadt die Sieger zum Einzuge — doch auch dies hielt die auf 
dem Marsche befindlichen preußischen Kolonnen nicht davon ab, unentwegt das 
ihnen gesteckte Ziel zu verfolgen. 
Von den weiteren militärischen Operationen wollen wir nur das Wichtigste 
berichten. Prag wurde am 8. Juli von der aus Sachsen anrückenden Land- 
wehr besetzt, während König Wilhelm am 13. in Brünn einzog, empfangen 
von den Behörden und dem Erzbischof. Im königlichen Hauptquartier weilte 
schon seit einigen Tagen der Botschafter des Kaisers Napoleons III. „Die 
Ankunft und das Verweilen desselben im Hauptquartier“, erzählt Schneider, 
„schien allen nichts Gutes zu bedeuten und machte den Eindruck des langsam 
nachschleifenden Hemmschuhs, der plötzlich sich unter das rasch rollende Rad des 
Siegeswagens schieben wollte.“ Diesmal stand jedoch nicht zu befürchten, 
daß Preußen, wie vor sechzehn Jahren, durch „freundschaftlichen“ Druck 
sich wieder auf Jahre hinaus aus seiner Bahn herausdrängen lassen werde. 
Wiewohl in der Nähe von Olmütz, hielt man sich doch von einem „zweiten 
Olmütz“ fern. 
Während Herwarth von Bittenfeld seinen Vormarsch unbehindert fort- 
setzte, rückten die Heeresteile der I. Armee unter kleinen Gefechten weiter vor, 
bis drei Meilen vor Wien. 
Nur zu bald, den Spuren des Krieges folgend, erscheint dessen schreck- 
liche Genossin, die Seuche, welche auch diesmal in beiden Heeren grausame 
Verheerungen anrichtete. Hier boten sich nun zwei besondere Erscheinungen. 
Die eine, das Herz freudig erhebend, war die überall hervortretende, werk- 
thätige Liebe, welche viele und reiche Gaben zu gunsten der unglücklichen Opfer 
des Krieges aus den fernsten Gegenden zufließen ließ — die andre die frei- 
willige Krankenpflege und die „Felddiakonie", welche durch werkthätigen Beistand 
die Leiden der Verwundeten, die Not der verlassenen Familien in der Heimat, 
den Verlust der Witwen und Waisen zu lindern suchte. 
Die Felddiakonte. Geistliche und weltliche Vereine, „Barmherzige 
Schwestern“ und Diakonissen, Frauen und Mädchen selbst der höchsten Stände, 
aber auch viele Männer waren freiwillig nach dem Kriegsschauplatze geeilt, 
um sich der Pflege der Verwundeten und Kranken zu widmen. Vorzüglich 
hat sich auch der Johanniterorden, der seit Friedrich Wilhelm IV. seinem 
ursprünglichen Zwecke wiedergegeben war, durch gleiche Liebesdienste hervor- 
gethan, und seine Lazarette, bezeichnet durch eine Fahne mit dem achtspitzigen 
Ordenskreuz, sind, wie im schleswigschen Kriege, auch 1866 Muster sorg- 
samster Einrichtung gewesen. Weit über hundert Ritter hatten sich beim 
ersten Aufrufe des Ordensmeisters, des Prinzen Karl, schon vor Ausbruch 
des Krieges zu persönlichem Dienste gemeldet. Noch mancher eilte später 
herbei, im Gefecht für die Fortschaffung und Labung der Verwundeten und 
in den Lazaretten für deren Pflege sorgend; einzelne dieser Menschenfreunde 
hatten ihre Schlösser dargeboten, andre stellten Betten u. s. w. Graf Eberhard 
zu Stolberg-Wernigerode stand als königlicher Kommissar der gesamten 
Krankenpflege vor.
	        
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