Full text: Fünfzig Jahre aus Preußens und Deutschlands Geschichte.

344 Friedensschluß. 
fKameradschaftliche Gesinnung. Auch Kundgebung und Pflege des Gefühls 
der Zusammengehörigkeit gehört zu den erfreulichen Erscheinungen des Krieges: 
sie trat sowohl unter den gleichstehenden Kameraden als auch zwischen den 
Offizieren und ihren Untergebenen überall hervor. Mit unversieglicher Aus- 
dauer teilten die Vorgesetzten alle Mühseligkeiten und Gefahren mit den 
Truppen; zahlreich sind die Beweise nicht nur der Anhänglichkeit der Sol- 
daten an ihre Führer, sondern auch der rührendsten Sorgfalt der Offiziere 
für ihre Leute. 
Selbst auf die zurückgelassenen Verwandten der Krieger erstreckte sich 
diese Teilnahme, denn nicht wenige Briefe, im Felde geschrieben, brachten einer 
bang sorgenden Familie Nachricht über das Schicksal ihrer dem Briesschreiber 
untergebenen Angehörigen. In einem solchen Briefe, der den Eltern den Tod 
ihres Sohnes meldet, schreibt dessen Hauptmann v. K: „Ich selbst habe Ihrem 
Sohne die Augen zugedrückt und bei seinem Anblick bittern Schmerz empfunden 
über den Verlust eines so treuen Soldaten, eines so lieben Kameraden, meines 
besten Sergeanten. Gott der Herr möge Sie trösten!" 
Alle Erinnerungen, welche dem preußischen Volke in Waffen lieb geworden, 
pflanzen sich, da sie in den Kriegsthaten der neuern Zeit wurzeln, lebendig 
fort von Geschlecht zu Geschlecht, und so erscheint es ganz natürlich, daß die 
kriegerische Begeisterung rasch den Jüngling zum Manne reifen läßt und blut- 
junge Bursche ins Feld treibt, die noch an der Grenze des Knabenalters stehen. 
Garibaldi der Jüngere. Am Schlachttage von Königgrätz war es, wo, 
wie schon früher bei Trautenau und andern Orten, ein blutjunges Berliner 
Kind durch sein entschlossenes Wesen allgemeines Aufsehen erregte, ein ge- 
treues Abbild des leichtlebigen und doch so kernhaft tapfern Sinnes, welcher 
den echten Berliner kennzeichnet. Der kaum zwölfjährige junge Held, so erzählt 
man sich, habe, berauscht vom Trompetengeschmetter und Trommelwirbel, den 
heimischen Herd verlossen und sich einem ausziehenden Gardebataillon ange- 
schlossen. Allerwege wußte sich der kleine Kriegskamerad nützlich zu machen: 
früh morgens und abends spät an der Lagerstelle, am Tage während des 
Marsches, im Kugelregen während des heißen Kampfes. Mit Todesverachtung 
soll „Garibaldi der Jüngere"“, wie die älteren Kameraden den jungen Burschen 
nannten, den Verwundeten beigestanden, zu ihrer Rettung Hilfe herbeigeholt 
und ihnen gar oft durch einen frischen Trunk Erleichterung verschafft haben. 
Unser Zeichner glaubt die Szene verbürgen zu können, welche er dar- 
gestellt hat. „Garibaldi der Jüngere“, gekleidet in die Uniform des Bataillons 
Garde, welchem er sich beigesellt, zieht mit dem selbst erbeuteten österreichischen 
Dragonerhelm auf dem Kopfe und mit einem riesigen, gleichfalls annektierten 
Pallasch bewaffnet stolz an der Seite des Bataillons in der Richtung auf Wien los. 
Es hat zu keiner Zeit an ehrenvollen Zeugnissen für den Geist der Zu- 
sammengehörigkeit und des getreuen Ausharrens dem preußischen Volke in 
Waffen gefehlt. Diese Eigenschaften sind aber allen deutschen Heeren nachzu- 
rühmen. Des Kriegers Anhänglichkeit an seine Fahne ist dieselbe im Süden 
wie im Norden und erbt sich von Geschlecht zu Geschlecht fort. Als ein wahr- 
haft rührendes Beispiel echter Fahnentreue dürsen wir hier das mannhafte
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.