Full text: Fünfzig Jahre aus Preußens und Deutschlands Geschichte.

358 Rückkehr aus dem dreißigtägigen Feldzug. 
Mein Heer — das Volk in Waffen — hat an Heldenmut und Ausdauer sich 
den glorreichsten Thaten seiner Väter ebenbürtig gezeigt und Thaten voll- 
bracht, welche die Geschichte unauslöschlich verzeichnen wird. Die Gesittung, 
welche mein tapferes Heer in Feindesland zeigte, sowie die Gesinnung und 
Opferfreudigkeit, welche alle Klassen der Daheimgebliebenen bewiesen, sind die 
Frucht einer väterlichen Volkserziehung meiner großen Ahnen. Preußen mußte 
das Schwert ziehen, als es sich zeigte, daß es die Erhaltung seiner Selbstän- 
digkeit galt; aber auch zur Neugestaltung Deutschlands hat es sein Schwert 
gezogen. Ersteres ist erreicht, letzteres möge mir unter Gottes fernerem Segen 
gelingen. Alles deutet auf eine glückliche Zukunft Preußens hin. Diese Zu- 
kunft zu verdienen, lassen Sie uns gemeinschaftlich thätig sein." 
Das Abgeordnetenhaus war, wie wir uns erinnern, am 9. Mai 1866 
aufgelöst worden. Die Neuwahlen hatten unter dem Eindruck ganz andrer 
Verhältnisse stattgefunden, als diejenigen waren, welche vor einem Viertel- 
jahre noch die Anschauungen bestimmten. Die Wahlen gingen glückverheißend 
für den inneren Frieden an dem großen doppelten Triumphtage, dem 3. Juli, 
vor sich, wenige Tage nach Eintreffen der Botschaften von den ersten Siegen 
der Tage vom 26. bis 29. Juni. 
Nun war die Zeit gekommen, da die von der Volksvertretung so lange 
und beharrlich wiederholte Forderung: Entfaltung des nationalen Banners 
und Übernahme der Führung Deutschlands durch Preußen, der Erfüllung ent- 
gegengehen konnte. Vielen der bis vor kurzem wie mit Blindheit Geschlagenen 
war es wie Schuppen von den Augen gefallen: die schwierige Lage des Königs 
und seiner Ratgeber während der letztverflossenen vier Jahre ward voll ge- 
würdigt — man erkannte, daß nur unter Anwendung des äußersten Mittels: 
„Blut und Eisen“, so große Erfolge sich hatten erreichen lassen. 
Das Volk wußte sich daher am Tage der Wahlen eins mit seinem Könige 
und dessen Ratgebern und erkor zu seiner eignen Vertretung meist nur solche 
Männer, welche der Regierung Vertrauen schenkten. Der Monarch aber reichte 
hochherzig dem Abgeordnetenhause zuerst die Hand zur Versöhnung, indem er 
wegen Nichtbeachtung des Art. 99 der Verfassungsurkunde die nun möglich 
gewordene Aufklärung bot und die Minister beaustragte, die nachträgliche Ge- 
nehmigung des Geschehenen bei der Vertretung des Volkes zu beantragen. 
Frieden mit dem Abgeordnetenhaus. Wie hätte das im Felde Geleistete, 
wie hätte bei Eröffnung des am 5. August zusammengetretenen Landtags das 
würdevolle und versöhnliche Auftreten des heldenmütigen Königs, des Siegers 
von Königgrätz, ohne Eindruck im Abgeordnetenhause wie im ganzen Lande 
bleiben können! „Die Hand wird uns zur Versöhnung geboten“, sagte 
Twesten, einer der eifrigsten Vorkämpfer für Aufrechthaltung der verfassungs- 
mäßigen Volksrechte, „es wird uns der Boden der Verfassung gewährt. Wir 
können den Frieden schließen, darum müssen wir ihn schließen. Ja, wir 
werden den Bogen auch künftig nicht zu straff spannen dürfen. Wollte das 
Haus den Versuch machen, von dem äußersten Recht, das ihm die Verfassung 
gewährt, Gebrauch zu machen, dann würde das geltend gemachte Recht zu- 
sammenbrechen. Die öffentliche Meinung unfres Landes hat sich
	        
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