Full text: Fünfzig Jahre aus Preußens und Deutschlands Geschichte.

360 Rückkehr aus dem dreißigtägigen Feldzug. 
der Denker und Schlachtenlenker. Der Oberbürgermeister Seydel gedachte 
auch diesmal in schwungvoller Rede der herrlich vollbrachten großen Thaten 
und enthüllte ihren Zusammenhang mit der Vergangenheit. Er schloß mit 
den Worten: „Die Thaten, die geschehen sind, wert der alten Tage, wert des 
Ruhmes unfrer Bäter, verzeichnet die Geschichte auf ehernen Tafeln zum 
Gedächtnis für alle Zeiten!“ 
Und in seiner schlichten Weise antwortete darauf der greise Heldenkönig: 
„Ich danke Ihnen herzlich für Ihre Ansprache; was ich gethan, ist wenig 
gegen das, was die gethan, die mir folgen: das sind die Vollbringer der 
Thaten, ihnen gebührt der Dank.“ Dieselbe einfache, schlichte Gesinnungs- 
und Denkart spricht aus dem königlichen Erlaß vom 19. September, den der 
Monarch als Erwiderung auf die zahlreichen an ihn gelangten Adressen ver- 
öffentlichen ließ. Er lautete wie folgt: 
„Aus Anlaß des soeben beendeten siegreichen Krieges sind mir von allen 
Seiten und aus allen Teilen des Landes, sowohl von Gemeinden, Korpo- 
rationen und Vereinen als auch von Privatpersonen, so zahlreiche und wohl- 
thuende Kundgebungen der Treue, Hingebung und Opferwilligkeit für König 
und Vaterland zugegangen, daß es meinem Herzen Bedürfnis ist, nicht nur 
diese Thatsache, sondern auch meinen königlichen Dank öffentlich auszusprechen. 
Die unzerstörbare Einheit von Fürst und Volk, deren hervorragende Bethätigung 
den jetzigen wie alle großen Momente unsrer ruhmreichen Geschichte kenn- 
zeichnet, wird auch in der neuen Epoche, welche mit dem Friedensschlusse er- 
öffnet ist, alle Unterschiede und Gegensätze in der Liebe zu dem gemeinsamen 
Vaterlande und in der Bethätigung des historischen Berufes Preußens in 
Deutschland versöhnen und nutzbar machen. Und wie ich beim Beginne des 
Krieges mich mit meinem Volke vor Gott gebeugt, so will ich auch in Ver- 
bindung mit ihm den Dank öffentlich bekennen, daß Gott so Großes an uns 
gethan und unser Thun so sichtbar gesegnet. Gott allein die Ehre!“ 
Heil dem, der auf des Lebens Wogen, 
Die Brust von Hoffnung stolz geschwellt, 
Im Thatendrang hinausgezogen 
In Gottes weite. schöne Welt; 
Der dann von Sehnsuchtsdrang getrieben, 
Nach manchem heiß durchkämpften Strauß, 
Heimkehrt zu allen seinen Lieben, 
Der Schwalbe gleich ins Vaterhaus! 
Heinrich Zeise. 
Seit dem Jahre 1866 gehörte König Wilhelm zu den volkstümlichsten 
und meist verehrten Persönlichkeiten nicht nur unfres Vaterlandes, sondern 
von ganz Europa. „Vor zehn Wochen“, schrieb damals eine Berliner Zeitung, 
„rief der preußische Monarch sein Volk auf, sich um das nationale Banner zu 
scharen. Am 3. Juli stand der König auf dem Felde zu Königgrätz, und 
heute steht er vor der Bildsäule Blüchers, während die Truppen als die 
Vertreter jener Armee, die in zwölf Stunden die Macht Osterreichs über den 
Haufen warf und Preußens Sendung in Deutschland erfüllte, vorüber-
	        
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