60 Bürgerliche Wirren in Deutschland.
gab sich nach Berlin, um Friedrich Wilhelm IV. im Namen der Volksvertretung
der deutschen Nation die Kaiserkrone anzubieten.
Ablehnung der Kaiserkrone durch Friedrich Wilhelm IV. Am 2. April
traf die Abordnung aus Frankfurt unter dem jubelnden Zuruf der Bevölkerung
in Berlin ein und wurde am folgenden Tage vom König im Rittersaale des
Schlosses empfangen. Aber anders als die Mitglieder der Kaiserdeputation
und mit ihnen Hunderttausende von Gleichgesiunten in allen Teilen des deutschen
Vaterlandes erwartet und gehofft hatten, fiel die Entscheidung des Monarchen
aus. Friedrich Wilhelm IV. verkündete den Abgesandten als seine feste Ent-
schließung, daß er die Krone — ablehne, weil er dem Parlament allein nicht
das Recht zusprechen könne, über die Reichskrone zu verfügen. Durch diese
Abweisung wurde die Nationalversammlung in ihrem Lebensnerv getroffen.
Der Beschluß, die Kaiserkrone nunmehr dem Fürsten desjenigen Staates zuzu-
sprechen, der unter den in der Nationalversammlung vertretenen die meisten
deutschen Unterthanen zähle, zeigte bereits, daß diejenigen, die ihm zustimmten,
nicht mehr von ruhiger Erwägung der thatsächlichen Verhältnisse sich leiten
ließen. Ein deutsches Kaisertum mit Ausschluß Osterreichs und gegen den
ausgesprochenen Willen der maßgebenden Gewalt in Preußen war an sich ein
Unding und konnte, wenn seine Verwirklichung trotzdem im Ernst versucht
wurde, nur zu Gewaltmaßregeln führen. Mit diesem Beschluß war Preußen
seitens der Nationalversammlung gewissermaßen der Fehdehandschuh hingeworfen!